Montag, 27. April 2020

Petrus Canisius


Fahne des hl. Petrus Canisius, Canisiuskirche, Wien



Liebe Brüder und Schwestern!

Heute möchte ich mit euch über den hl. Petrus Canisius (latinisierte Form) sprechen, einer sehr wichtigen Gestalt des katholischen 16. Jahrhunderts. Er wurde am 8. Mai 1521 in Nimwegen in Holland geboren. Sein Vater war Bürgermeister der Stadt. Als er Student der Universität in Köln war, besuchte er die Kartäusermönche der hl. Barbara, ein von katholischem Leben pulsierendes Zentrum, wo er weitere fromme Männer traf, die die sogenannte ‚devotio moderna‘ pflegten. Er trat am 8. Mai 1543 in Mainz (Rheinland-Pfalz) in die Gesellschaft Jesu ein, nachdem er an geistlichen Exerzitien unter Leitung des seligen Pater Peter Faber teilgenommen hatte, einer der ersten Gefährten des hl. Ignatius von Loyola. Im Juni 1546 empfing er in Köln die Priesterweihe und bereits im Folgejahr nahm er als Theologe des Bischofs von Augusta, Kardinal Otto Truchsess von Waldburg, am Konzil von Trient teil, wo er mit zwei Mitbrüdern, Diego Laínez und Alfonso Salmerón, zusammenarbeitete.
1548 ließ ihn der hl. Ignatius in Rom seine geistliche Ausbildung beenden und sandte ihn sodann in das Kolleg von Messina, wo er sich in einfachen Hausdiensten üben sollte. 
Nachdem er am 4. Oktober 1549 in Bologna sein Doktorat der Theologie erlangt hatte, berief ihn der hl. Ignatius zum Apostolat nach Deutschland. Am 4. September des gleichen Jahres besuchte er Papst Paul III. in Castel Gandolfo und begab sich sodann in die Petersbasilika um zu beten. Hier flehte er die Hilfe der großen Apostelheiligen Petrus und Paulus an, auf dass sie ihm eine fortwährende Wirksamkeit des apostolischen Segens für seine große Bestimmung, seine neue Mission, gewähren möchten. In sein Tagebuch schrieb er: „Dort habe ich einen tiefen Trost erfahren und mir wurde durch die Fürsprache dieser Heiligen Gnade zuteil. Sie unterstützen mich in meiner Mission in Deutschland und schienen mich durch den Erhalt ihrer Gunst als Apostel nach Deutschland zu entsenden. Du, Herr, weißt, wie oft und auf wie viele Arten ich mich an diesem Tag Deutschland verschrieben habe, um das ich mich auch später immer mühte und wegen dessen ich wünschte zu leben und zu sterben."
 
Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass wir uns in der Zeit der lutherischen Reformation befinden, in dem Moment, in dem der katholische Glaube in den deutschsprachigen Ländern durch die Ausstrahlung der Reformation unterzugehen schien und in dem die Erneuerung des katholischen Glaubens unmöglich anmutete. Eine solche war nur vom Zentrum her möglich, d.h. durch eine tiefe, persönliche Freundschaft zu Christus; eine Freundschaft zu Christus in seinem Leib, der Kirche, die genährt wird durch die Eucharistie, durch Seine Realpräsenz.
 
Petrus Canisius reiste in das Herzogtum Bayern, das für viele Jahre der Ort seines Wirkens sein sollte. Als Dekan, Rektor und Vizekanzler der Universität von Ingolstadt pflegte er das akademische Leben des Instituts und die religiöse und moralische Bildung des Volkes. In Wien, wo er kurze Zeit Administrator der Diözese gewesen war, entfaltete sich sein pastoraler Dienst in Krankenhäusern und Gefängnissen, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land, und er bereitete die Veröffentlichung seines Katechismus vor. 1556 gründete er das Kolleg in Prag und blieb bis 1569 erster Generaloberer der hochdeutschen Jesuitenprovinz. In diesem Amt baute er in den deutschsprachigen Ländern ein enges Netz der Gemeinschaft seines Ordens auf, vor allem durch Kollegien, die zu Ausgangspunkten für die katholische Gegenreformation wurden. In dieser Zeit nahm er auch an den Gesprächen in Worms mit protestantischen Führern teil, unter denen sich auch Philipp Melanchthon (1557) befand; er war päpstlicher Nuntius in Polen (1558), nahm an den beiden Reichstagen von Augsburg teil (1559 und 1565), begleitete Kardinal Stanislaus Hozjusz, dem Legaten Pius' IV. bei Kaiser Ferdinand (1560), griff in die Schlussphase des Konzils von Trient ein, wo er über die Frage der Kommunion in beiderlei Gestalten und den Index der verbotenen Bücher sprach (1562).
1580 zog er sich nach Freiburg in der Schweiz zurück, wo er sich ganz der Predigt und der Verfassung seiner Werke hingab, und starb dort am 21. Dezember 1597. Er wurde vom seligen Papst Pius IX. 1864 seliggesprochen und 1897 von Papst Leo XIII. zum Apostel Deutschlands erklärt. Schließlich sprach ihn Papst Pius XI. 1925 heilig und ernannte ihn zum Kirchenlehrer.

Der hl. Petrus Canisius verbrachte den größten Teil seines Lebens in Gesellschaft der sozial bedeutendsten Personen seiner Zeit und übte mit seinen Schriften einen besonderen Einfluss aus. Er war Herausgeber der gesammelten Werke des hl. Kyrill von Alexandrien und Leos des Großen, der Briefe des hl. Hieronymus und der Gebete des hl. Nikolaus von Flüe. Er veröffentlichte Andachtsbücher in verschiedenen Sprachen, Biographien einiger Schweizer Heiliger und viele homiletische Texte. Aber seine bekanntesten Schriften waren die drei Katechismen von 1555 und 1558. Der erste Katechismus war den Studenten zugedacht, um ihnen die grundlegenden theologischen Begriffe zugänglich zu machen; der zweite den Jugendlichen des Volkes, um ihnen eine erste religiöse Erziehung zu ermöglichen; der dritte Personen mit Schulbildung der Mittel- und Oberschulen. Die katholische Lehre wurde dort in Fragen und Antworten, kurz, mit biblischen Worten, sehr klar und ohne Polemik dargestellt. Allein zu Canisius' Lebzeiten gab es gut zweihundert Auflagen dieses Katechismus'! Und hunderte weitere folgten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. So haben die Leute in Deutschland noch bis zur Generation meines Vaters den Katechismus einfach den „Canisius" genannt: Er ist wahrhaftig der Katechist der Jahrhunderte, der den Glauben der Menschen über Jahrhunderte geprägt hat.
 
Dies war eine besondere Eigenschaft des Petrus Canisius: die Treue zu dogmatischen Prinzipien mit dem Respekt vor jeder Person zu harmonisieren. Der Heilige Canisius unterschied zwischen bewusster Apostasie und unverschuldetem Glaubensverlust in den jeweiligen Umständen und erklärte, dass die größte Anzahl der Deutschen, die zum Protestantismus übertraten, dies ohne Schuld getan hätten. In einem historischen Moment mir großen konfessionellen Gegensätzen, vermied er - das ist wahrhaft eine außerordentliche Tatsache - Härte und eine Rhetorik des Zorns - wie ich sagte, eine seltene Qualität in dieser Zeit der Auseinandersetzung zwischen Christen und trachtete nur danach, die geistlichen Wurzeln darzustellen und den Glauben in der Kirche wiederzubeleben. Dabei half ihm seine breite und tiefgreifende Kenntnis der Heiligen Schrift und der Kirchenväter: dasselbe Wissen, das seine Beziehung zu Gott und jene ernste Spiritualität stützte, die er aus der devotio moderna und der rheinischen Mystik schöpfte.

Für die Spiritualität des hl. Canisius ist eine tiefe und persönliche Freundschaft mit Jesus charakteristisch. So schrieb er zum Beispiel am 4. September 1549 in sein Tagebuch, als er mit dem Herrn sprach: „Du bist es, der mir dein heiligstes Herz eröffnet hat, es scheint mir, dass ich dich vor mir sehe. Du gebietest mir, von der Quelle zu trinken, lädst mich ein, das Wasser meines Heils von deinen Quellen zu nehmen, o mein Retter!" 
Und dann sieht er, wie der Herr ihm ein Gewand aus drei Teilen reicht, die sich Friede, Liebe und Beharrlichkeit nennen. Mit diesem Gewand, das aus Friede, Liebe und Beharrlichkeit zusammengesetzt ist, verfolgte Canisius sein Werk der Erneuerung des katholischen Glaubens. Diese seine Freundschaft mit Jesus - die das Zentrum seiner Persönlichkeit ist , wird genährt durch die Liebe zur Bibel, durch die Liebe zum Sakrament, durch die Liebe zu den Vätern, diese Freundschaft war deutlich vereint mit dem Bewusstsein, in der Kirche ein Fortführer jener Mission der Apostel zu sein. Dies erinnert uns daran, dass jeder authentische Verkünder des Evangeliums immer ein mit Jesus und der Kirche fruchtbar vereintes Instrument ist.
 
In die Freundschaft mit Jesus wuchs Petrus Canisius hinein in der spirituellen Umgebung der Kartause von Köln, wo er in engem Kontakt mit zwei Kartäusermystikern stand: Johann Lansperger, latinisiert Lanspergius, und Nicolas van Hesche, latinisiert Eschius. Im Nachhinein vertiefte er die Erfahrung dieser Freundschaft, familiaritas stupenda nimis, mit der Betrachtung über die Mysterien des Lebens Jesu, die einen großen Teil der geistlichen Exerzitien des hl. Ignatius ausmachen. Seine tiefe Andacht zum Herzen Jesu fand hier ihr Fundament.

In der christozentrischen Spiritualität des Petrus Canisius wurzelt eine tiefe Überzeugung: die Seele kann ihre Vollkommenheit nicht ohne tägliches Gebet, die geistliche Andacht erreichen, das ordentliche Mittel, welches den Jüngern Jesu ein intimes Leben mit ihrem göttlichen Meister erlaubt. Darum insistierte unser Heiliger in den Schriften über die geistliche Bildung des Volkes auf der Bedeutung der Liturgie mit ihren Kommentaren des Evangeliums, den Festen, dem Ritus der Heiligen Messe und den anderen Sakramenten, aber gleichzeitig legte er besonderen Wert auf die Notwendigkeit der Schönheit, die neben dem persönlichen Gebet steht und die Teilnahme am öffentlichen Kult der Kirche ermöglicht. Es handelt sich um einen Ruf nach einer Methode, die ihren Wert behält und vor allem wieder mit Autorität vom 2. Vatikanischen Konzil in der Konstitution ‚Sacrosanctum Concilium‘ ausgedrückt ist: „Das christliche Leben wächst nicht, wenn es nicht von der Teilnahme an der Liturgie, vor allem der sonntäglichen Messe und dem täglichen persönlichen Gebet genährt wird."

Inmitten der tausend Aktivitäten und der vielfältigen Anregungen, die uns umgeben, ist es nötig, jeden Tag Momente der Sammlung vor dem Herrn zu finden, ihm zuzuhören und mit ihm zu sprechen.
Gleichzeitig ist das uns vom hl. Petrus Canisius übermittelte Beispiel nicht nur in seinen Werken, sondern vor allem mit seinem Leben, von permanentem Wert. Er lehrt uns mit Klarheit die Entschiedenheit im apostolischen Leben, das nur dann in den Herzen heilbringende Frucht bringt, wenn der Prediger ein persönliches Zeugnis für Jesus ist und sein Instrument. Er muss im Glauben und im Evangelium mit ihm und seiner Kirche verbunden sein, ein kohärentes moralisches Leben und ein unaufhörliches Gebetsleben als seine Liebe pflegen.
Dies gilt für jeden Christen, der mit Anstrengung und Treue seine Nachfolge Christi leben möchte. Danke.

(Generalaudienz von Papst Benedikt XVI. über Petrus Canisius, 9.2.2011)


Christus mit den 12 Aposteln, Canisiuskirche, Wein


Jesuitenkirche in Malaga, Gebet des hl. Petrus Canisius anlässlich seiner Herz Jesu Vision
Jesuitenkirche in Wien, P. Canisius über die Ehescheidung
Canisiuskirche in Wien, P. Canisius als Katechet
aus einem Brief von Ignatius von Loyola an Petrus Canisius

Petrus Canisius in Innsbruck, Dom St. Jakob


Canisiuskirche, Wien

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