Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes 12
In jener Zeit
44rief Jesus aus: Wer an mich glaubt, glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat,
45und wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat.
46Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt.
47Wer meine Worte nur hört und sie nicht befolgt, den richte nicht ich; denn ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um sie zu retten.
48Wer mich verachtet und meine Worte nicht annimmt, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich gesprochen habe, wird ihn richten am Letzten Tag.
49Denn was ich gesagt habe, habe ich nicht aus mir selbst, sondern der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich sagen und reden soll.
50Und ich weiß, dass sein Auftrag ewiges Leben ist. Was ich also sage, sage ich so, wie es mir der Vater gesagt hat.
(Evangelium vom Mittwoch der 4. Osterwoche)
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Halten
wir kurz bei der Erzählung vom Blindgeborenen inne (Joh 9,1-41). Nach der
vorherrschenden Meinung der damaligen Zeit halten es die Jünger für
selbstverständlich, dass seine Erblindung die Folge einer Sünde von ihm selbst
oder von seinen Eltern sei. Jesus hingegen weist dieses Vorurteil zurück und
sagt: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern das Wirken Gottes
soll an ihm offenbar werden“ (Joh 9,3).
Welch großen Trost bieten uns diese Worte! Sie lassen uns die lebendige Stimme
Gottes hören, der fürsorgliche und weise Liebe ist! Angesichts des Mannes, der
von Begrenztheit und Leiden gezeichnet ist, denkt Jesus nicht an mögliche
Schuld, sondern an den Willen Gottes, der den Menschen für das Leben geschaffen
hat. Und darum erklärt er feierlich: „Wir müssen die Werke dessen vollbringen,
der mich gesandt hat… Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt“
(Joh 9,4-5). Und sofort schreitet er zur Tat: Mit etwas Erde und Speichel macht
er einen Teig, den er dem Blinden auf die Augen schmiert.
Diese Geste stellt eine Anspielung auf die Schöpfung des Menschen dar, die die
Bibel mit dem Symbol der von Gott geformten Erde erzählt, der er den Lebensatem
einhaucht (vgl. Gen 2,7). „Adam“ bedeutet nämlich „Boden“, und der Leib des
Menschen ist tatsächlich aus den Elementen der Erde zusammengesetzt. Indem
Jesus den Menschen heilt, wirkt er eine neue Schöpfung. Jene Heilung aber
erregt eine heftige Diskussion, da Jesus sie am Sabbat tut und so laut den
Pharisäern das Gebot des Festtages bricht. So sind am Ende dieses Berichts
Jesus und der Blinde gleichsam gemeinsam die von den Pharisäern
„Hinausgestoßenen“: der eine, weil er das Gesetz gebrochen hat, und der andere,
weil er trotz seiner Heilung als Sünder, der er von Geburt an ist, gebrandmarkt
bleibt.
Dem geheilten Blinden offenbart Jesus, dass er in die Welt gekommen sei, um zu
richten; um die Blinden, die sich heilen lassen, von denen zu trennen, die sich
nicht heilen lassen, da sie davon überzeugt sind, sie wären gesund.
Im Menschen ist nämlich die Versuchung stark, sich ein System ideologischer
Sicherheit anzufertigen. Auch die Religion kann zum Element dieses Systems
werden, wie auch der Atheismus oder der Laizismus. Tut man das aber, so bleibt
man vom eigenen Egoismus verblendet.
Liebe Brüder und Schwestern, lassen wir uns von Christus heilen, der uns das
Licht Gottes schenken kann und will! Bekennen wir unsere Blindheit, unsere
Kurzsichtigkeit und vor allem das, was die Bibel die „schwere Schuld“ nennt
(vgl. Ps 19,14): unseren Stolz. Darin stehe uns die allerseligste Maria bei.
Sie hat Christus im Fleisch gezeugt und so der Welt das wahre Licht gegeben.
(Papst Benedikt XVI, Angelus, 3.3.2008)
Grosvenor Chapel, Londonau |
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