Donnerstag, 25. April 2019

Glaube und Nachfolge im Markusevangelium

Evangelist Markus, S. Martino, Lucca


Glaube und Nachfolge

Zu Beginn des Evangeliums liest man Jesu programmatische Forderung: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" (1,15 [1. Fastensonntag; 3. S.i.Jk.]). Glaube an das Evangelium ist das Vertrauen darauf, daß Gott seine Herrschaft tatsächlich durch Jesus Christus, seinen Sohn, nahekommen läßt und vollenden wird. Glaube integriert deshalb das Bekenntnis zu Jesus Christus als Sohn Gottes, kann aber nur als Kreuzesnachfolge gelebt werden.

Vor allem die Wundergeschichten zeigen, weshalb man Jesus glauben kann: weil er durch seine menschliche Zuwendung und durch die Inanspruchnahme seiner von Gott verliehenen Vollmacht den Kranken und den Besessenen mit Leib und Seele die Gnade der Gottesherrschaft vermittelt. Er ist der "Arzt" der Kranken (2,17), der Hirt einer schutzlosen Herde (6,34 [16. S.i.Jk.]), der "Herr" (7,28), der "alles gut gemacht hat" (7,37 [23. S.i.Jk.]), der "Davidssohn", der sich der Notleidenden erbarmt (10,47f [30. S.i.Jk.]).

Die Sprache des Glaubens ist das Gebet. Getragen von der Bereitschaft, die Schuld des Nächsten zu vergeben und bestimmt vom Vertrauen in die kraftvolle Gnade Gottes, kann es Berge versetzen, d.h. eine so große Macht gewinnen, daß es die Erfahrung der Gottesherrschaft vermittelt, die alle festgefügten Vorstellungen ins Wanken bringt und alle Sehnsüchte übersteigt (11,22-25).

Der Weg des Glaubens ist die Nachfolge (1,14f.16-20 [3. S.i.Jk.]) - nicht nur für einige wenige Auserwählte, sondern für alle Christen, besonders aber für jene, die an der Sendungsvollmacht Jesu teilhaben (6,6b-13 [15. S.i.Jk.]). Nachfolge ist gekennzeichnet durch die Bereitschaft, von Jesus zu lernen und um Jesu und des Evangeliums willen auch Konfliktsituationen und Benachteiligungen nicht zu scheuen (8,38; 10,29f [28. S.i.Jk.]). In einer Umwelt, die den Gemeinden mit Mißtrauen und Feindschaft begegnet, ist auch der Weg der Jünger der Weg der Kreuzesnachfolge (8,34-38 [24. S.i.Jk.]) - und das Leiden im Dienst der Gottesherrschaft wird selbst zu einer tiefen Glaubenserfahrung.

Der Blick auf die Jünger zeigt aber auch in aller Klarheit, wie lang und beschwerlich der Weg des Glaubens ist, wie viele Höhen und Tiefen er kennt, wie wenig er vor Versagen und Schuld, Zweifel und Resignation gefeit ist. Petrus liefert das deutlichste Beispiel. Zum Jünger berufen (1,16-20 [3. S.i.Jk.]), zum Mitglied des Zwölferkreises bestellt (3,13-19), zum vollmächtigen Verkündigungs-dienst ausgesendet (6,6b-13 [15. S.i.Jk.]), bekennt er zwar die Messianität Jesu (8,30), widerspricht aber der Leidensankündigung (8,31f [24. S.i.Jk.]) und versagt trotz seines großen Versprechens (14,29) in der Stunde der Passion (14,66-72); er sagt sich von Jesus los (Mk 14,72: "Ich kenne diesen Menschen nicht!") - und wird doch von Jesus nicht fallengelassen, sondern durch die österliche Erscheinung neu in die Nachfolge gerufen (14,28; 16,7 [Osternacht])

Der Glaube wird mit der Schwachheit des menschlichen Fleisches (14,38) und der Kraft Gottes (11,22-25) konfrontiert. Wer glaubt, kann den Unglauben nicht leugnen, der tief im Herzen nistet - und dennoch durch Jesus Gott sein volles Vertrauen schenken. Die ganze Spannung von menschlichem Zweifel und göttlicher Gnade kommt im paradoxal zugespitzten Glaubensbekenntnis des Vaters zum Ausdruck, der Jesus um Heilung seines besessenen Sohnes bittet: "Ich glaube, hilf meinem Unglauben" (9,24).


(aus: Thomas Söding, Das Markusevangelium)


Auferstehung u. letztes Abendmahl,
S. Martino, Lucca

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