Freitag, 7. September 2018

Seht das Lamm Gottes


Johannes hat historisch genau berichtet, so dürfen wir nun sagen. Jesus hat tatsächlich am Vorabend des Pascha-Festes zur Stunde des Lamm-Opfers sein Blut vergossen. Er hat aber wahrscheinlich mit den Jüngern Pascha nach dem Qumran-Kalender, also wenigstens einen Tag früher gefeiert – ohne Lamm gefeiert, wie Qumran, das den Tempel des Herodes ablehnte und auf den neuen Tempel wartete.
Jesus hat Pascha gefeiert: ohne Lamm, nein, nicht ohne Lamm: An der Stelle des Lamms hat er sich selbst geschenkt, seinen Leib und sein Blut. Er hat so seinen Tod vorweggenommen gemäß seinem Wort: „Niemand entreißt mir mein Leben, sondern ich gebe es von mir aus hin“ (Joh 10, 18).
In dem Augenblick, als er den Jüngern seinen Leib und sein Blut reichte, hat er diesen Satz wirklich vollzogen. Er hat sein Leben selbst gegeben. So erst erhielt das uralte Pascha seinen wahren Sinn.

Der heilige Johannes Chrysostomus hat in seinen eucharistischen Katechesen einmal geschrieben: Was sagst du da, Mose? Das Blut eines Lammes reinigt Menschen? Rettet sie vor dem Tod? Wie soll das Blut eines Tieres Menschen reinigen, Menschen retten, Macht gegen den Tod sein? In der Tat – so sagt er weiter – das Lamm konnte nur eine symbolische Gebärde sein und so Ausdruck der Erwartung und der Hoffnung auf jemanden, der vermochte, was das Opfer eines Tieres nicht vermag.

Jesus feierte Pascha ohne Lamm und ohne Tempel und doch nicht ohne Lamm und ohne Tempel. Er selbst ist das erwartete, das wirkliche Lamm, wie es Johannes der Täufer am Anfang der Wege Jesu angekündigt hatte: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“ (Joh 1, 29). Und er ist selbst der wahre Tempel, der lebendige Tempel, in dem Gott wohnt und in dem wir Gott begegnen und ihn anbeten können. Sein Blut, die Liebe dessen, der der Sohn Gottes ist und der zugleich Mensch, einer von uns ist, kann retten. Seine Liebe rettet, in der er sich frei hingibt für uns. Die irgendwie hilflose Gebärde der Sehnsucht, die das geschlachtete, fehlerfreie, unschuldige Lamm gewesen war, hat Antwort gefunden in dem, der für uns Lamm und Tempel zugleich geworden ist.
(Benedikt XVI., Abendmahlsmesse, 5. April, 2007)


Lamm Gottes, Museum Frederic Mares, Barcelona

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