Sonntag, 8. Dezember 2019

Maria - aus priesterlichem Geschlecht

Maria und ihre Mutter Anna



Aber nun müssen wir uns fragen: Was bedeutet »Maria, die unbefleckt Empfangene«?

Hat uns dieser Titel etwas zu sagen? Die Liturgie des heutigen Tages erklärt uns den Inhalt dieses Wortes in zwei großartigen Bildern. Da ist zuerst der wundervolle Bericht von der Ankündigung des Kommens des Messias an Maria, die Jungfrau aus Nazaret. Der Gruß des Engels ist aus Fäden des Alten Testaments, besonders aus dem Buch des Propheten Zefanja, gewoben.

Er zeigt, daß Maria, die einfache Frau aus der Provinz, die aus einem priesterlichen Geschlecht stammt und das große priesterliche Erbe Israels in sich trägt, der »heilige Rest« Israels ist, auf den sich die Propheten zu allen Zeiten der Drangsal und Finsternis bezogen haben. In ihr ist das wahre, das reine Zion, die lebendige Wohnstatt Gottes, gegenwärtig. In ihr wohnt der Herr, in ihr findet er seinen Ort der Ruhe. Sie ist das lebendige Haus Gottes, der nicht in steinernen Häusern wohnt, sondern im Herzen des lebendigen Menschen. Sie ist der Sproß, der in der dunklen Winternacht der Geschichte aus dem Baumstumpf Davids hervorsprießt. In ihr erfüllt sich das Psalmwort: »Das Land gab seinen Ertrag« (Ps 67,7). Sie ist der junge Trieb, aus dem der Baum der Erlösung und der Erlösten heranwächst.

Gott ist nicht gescheitert, wie es gleich am Anfang der Geschichte mit Adam und Eva oder während des Babylonischen Exils vielleicht scheinen mochte und wie es sich zur Zeit Mariens neuerlich abzuzeichnen schien, als Israel zu einem bedeutungslosen Volk in einem besetzten Land geworden war, wo kaum Zeichen seiner Heiligkeit zu erkennen waren. Gott ist nicht gescheitert. In der Schlichtheit des Hauses von Nazaret lebt das heilige Israel, der lautere Rest. Gott hat sein Volk gerettet und rettet es auch weiterhin. Seine Geschichte beginnt von neuem zu leuchten von dem Baumstumpf aus, der zu einer neuen lebendigen Kraft wird, die Orientierung gibt und die Welt durchdringt. Maria ist das heilige Israel; sie sagt »Ja« zum Herrn, sie stellt sich ihm voll zur Verfügung und wird so zum lebendigen Tempel Gottes.
(Papst Benedikt XVI., Predigt, 8.12.2005)

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