Donnerstag, 2. April 2015

In dankbarer Erinnerung an Papst Johannes Paul II.




Liebe Priester,

(….) In jenen Tagen wanderte ich in meinen Gedanken und mit dem Herzen oftmals in die Privatkapelle der Erzbischöfe von Krakau, wo der unvergebliche Metropolit von Krakau und spätere Kardinal Adam Stefan Sapieha mir die Hände auflegte und die sakramentale Gnade des Priestertums übertrug. Voll innerer Bewegung kehrte ich geistig zurück in die Kathedrale auf dem Wawel, wo ich am Tag nach der Priesterweihe die erste heilige Messe gefeiert hatte. Als wir während der Jubliäumsfeiern über die Worte der Liturgie nachdachten, spürten wir besonders deutlich die Gegenwart Christi, des Hohenpriesters: »Seht, das ist der Hohepriester, der in seinen Tagen Gott gefiel und gerecht erfunden ward.« Ecce Sacerdos magnus. Diese Worte finden ihre volle Verwirklichung in Christus selbst. Er ist der Hohepriester des neuen und ewigen Bundes, der einzige Priester, von dem wir Priester alle die Gnade der Berufung und des Dienstes empfangen. Ich freue mich darüber, dab durch die Jubiläumsfeiern meiner Priesterweihe das Priestertum Christi in seiner unvergleichlichen Wahrheit aufscheinen konnte: als Geschenk und Geheimnis zum Wohl der Menschen aller Zeiten bis zum Jüngsten Tag. (…..)

Iesu, Sacerdos in aeternum, miserere nobis! Diese Anrufung ist aus der Litanei zu unserem Herrn Jesus Christus, dem Priester und Opfer, genommen, die im Krakauer Priesterseminar am Tag vor der Priesterweihe gebetet wurde. Ich wollte sie als Anhang an den Schluß des Buches Geschenk und Geheimnis setzen, das anlässlich meines Priesterjubiläums veröffentlicht wurde. Auch im vorliegenden Brief möchte ich diese Litanei hervorheben, weil sie mir das Priestertum Christi und unsere Verbindung mit ihm ganz besonders deutlich und eingehend darzustellen scheint. Sie gründet auf Texten der Heiligen Schrift, insbesondere auf dem Hebräerbrief, aber nicht ausschließlich. Wenn wir zum Beispiel sprechen: Iesu, Sacerdos in aeternum secundum ordinem Melchisedek, greifen wir gedankenmäßig auf das Alte Testament, den Psalm 110 [109], zurück. Wir wissen sehr wohl, was es für Christus bedeutet, Priester auf ewig nach der Ordnung des Melchisedek zu sein. Sein Priestertum fand in der »ein für allemal« (Hebr 10,10) dargebrachten Opfergabe seines Leibes Ausdruck. Indem er sich im blutigen Opfertod am Kreuz dargebracht hat, setzte er für alle Zeiten unter den Gestalten von Brot und Wein das unblutige »Gedächtnis« ein. Und unter diesen Gestalten vertraute er dieses sein Opfer der Kirche an. So also feiert die Kirche — und in ihr jeder Priester — das einmalige Opfer Christi.

Ich erinnere mich deutlich der Gefühle, die die Wandlungsworte in mir weckten, als ich sie zum ersten Mal zusammen mit dem Bischof sprach, der mich kurz zuvor geweiht hatte: Worte, die ich am nachfolgenden Tag bei der heiligen Messe wiederholte, die ich in der Krypta des hl. Leonhard feierte. Und seitdem erklangen diese sakramentalen Worte viele, viele Male — unzählige Male — auf meinen Lippen wieder, um Christus unter den Gestalten von Brot und Wein im Augenblick der Heilstat, seines Opfertodes am Kreuz, gegenwärtig zu setzen.

Betrachten wir dieses erhabene Geheimnis noch einmal zusammen. Jesus nahm das Brot, reichte es seinen Jüngern und sprach: »Nehmet und esset alle davon: Das ist mein Leib...« Und dann nahm er den Kelch mit Wein in seine Hände, dankte, reichte ihn seinen Jüngern und sprach: »Nehmet und trinket alle daraus: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden«. Und er fügte hinzu: »Tut dies zu meinem Gedächtnis«.
Sind diese wunderbaren Worte nicht der Takt, nach dem jedes Priesterleben schlägt? Wiederholen wir sie jedes Mal, als sei es zum ersten Mal! Sprechen wir sie so, dass sie niemals zur Gewohnheit werden. Sie sind der höchste Ausdruck der vollen Verwirklichung unseres Priestertums.

Wenn wir das Opfer Christi feiern, seien wir uns ständig der Worte bewusst, die wir im Hebräerbrief lesen: »Christus aber ist gekommen als Hoherpriester der künftigen Güter;... (er ist) ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt. Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh die Unreinen, die damit besprengt werden, so heiligt, dass sie leiblich rein werden, wieviel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makelloses Opfer dargebracht hat, unser Gewissen von toten Werken reinigen, damit wir dem lebendigen Gott dienen. Und darum ist er der Mittler eines neuen Bundes« (9,11-15).
Die Anrufungen der Litanei zu unserem Herrn Jesus Christus, dem Priester und Opfer, knüpfen gewissermaßen an diese oder andere Worte desselben Briefes an:
Iesu,
Pontifex ex hominibus assumpte,
...pro hominibus constitute,
Pontifex confessionis nostrae,
...amplioris prae Moysi gloriae,
Pontifex tabernaculi veri,
Pontifex futurorum bonorum,
...sancte, innocens et impollute,
Pontifex fidelis et misericors,
...Dei et animarum zelo succense,
Pontifex in aeternum perfecte,
Pontifex qui (...) caelos penetrasti...


Während wir diese Anrufungen wiederholen, sehen wir mit den Augen des Glaubens das, wovon der Hebräerbrief spricht: Christus ist mit seinem eigenen Blut in das Heiligtum hineingegangen. Als vom Vater Spiritu Sancto et virtute in Ewigkeit eingesetzter Priester hat er »sich ... zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt« (Hebr 1,3). Und von dort aus tritt er als Mittler für uns ein — semper vivens ad interpellandum pro nobis —, um uns den Weg eines neuen, ewigen Lebens aufzuzeigen: Pontifex qui nobis viam novam initiasti. Er liebt uns und hat sein Blut vergossen, um unsere Sünden hinwegzunehmen — Pontifex qui dilexisti nos et lavisti nos a peccatis in sanguine tuo. Er hat sich selbst für uns hingegeben: tradidisti temetipsum Deo oblationem et hostiam.

Christus führt gerade das Opfer seiner selbst, das der Preis unserer Erlösung ist, in das ewige Heiligtum ein. Die Opfergabe, das heißt das Opfer, ist vom Priester nicht zu trennen. Um all das besser zu verstehen, hat mir gerade die Litanei zu unserem Herrn Jesus Christus, dem Priester und Opfer, geholfen, die im Seminar gebetet wurde. Ständig komme ich auf diese grundlegende Lektion zurück.

Heute ist Gründonnerstag. Die ganze Kirche versammelt sich geistig im Abendmahlssaal, wo sich die Apostel mit Christus zum letzten Abendmahl zusammenfanden. Lesen wir nochmals im Johannesevangelium die von Christus in der Abschiedsrede gesprochenen Worte. Unter der Reichhaltigkeit dieses Textes möchte ich bei den von Jesus an die Apostel gerichteten Worten verweilen: »Es gibt keine gröbere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe« (15,13-15).

Jesus nennt die Apostel »Freunde«. So will er auch uns nennen, die wir dank des Weihesakraments an seinem Priestertum teilhaben. Hören wir diese Worte mit tiefer innerer Bewegung und Demut. Sie enthalten die Wahrheit. Vor allem die Wahrheit über die Freundschaft, aber auch eine Wahrheit über uns selbst, die wir am Priestertum Christi als Diener der Eucharistie teilhaben. Hätte Jesus uns seine Freundschaft noch deutlicher zum Ausdruck bringen können als in der Weise, dass er uns als Priester des neuen Bundes erlaubt, an seiner Statt, in persona Christi Capitis, zu handeln? Gerade das geschieht in unserem ganzen priesterlichen Dienst, wenn wir die Sakramente spenden und besonders wenn wir die Eucharistie feiern. Wir wiederholen die Worte, die er über das Brot und den Wein sprach, und kraft unseres Amtes vollzieht sich dieselbe Wandlung, die er vollzog. Gibt es einen vollendeteren Ausdruck von Freundschaft als diesen? Er ist die Mitte unseres priesterlichen Dienstes.
Christus spricht: »Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt« (Joh 15,16). Zum Abschluss dieses Briefes möchte ich euch diese Worte als Segenswunsch mitgeben. Liebe Brüder, am Tag der Erinnerung an die Einsetzung des Sakramentes der Priesterweihe wünschen wir uns gegenseitig, dass wir wie die Apostel Frucht bringen und dass unsere Frucht bleibt.

Maria, die Mutter Christi, des ewigen Hohenpriesters, stütze mit ihrem ständigen Schutz die Schritte unseres Dienstes, vor allem, wenn der Weg beschwerlich und die Mühe stärker spürbar wird. Die treue Jungfrau trete bei ihrem Sohn für uns ein, dass uns als seine Zeugen und Mitarbeiter auf den verschiedenen Ebenen unseres Apostolates nie der Mut verlässt, damit die Welt das Leben habe und es in Fülle habe (vgl. Joh 10,10).

Im Namen Christi segne ich euch alle in tiefer Zuneigung.
Aus dem Vatikan, am 16. März, dem fünften Fastensonntag, des Jahres 1997, dem 19. des Pontifikats.
(Johannes Paul II., aus dem Brief an die Priester)

Johannes Paul II., Glasfenster in der Kapelle der Schwarzen Madonna, Tschenstochau


Litanei zu unserem Herrn Jesus Christus, Priester und Opfer
Herr, erbarme Dich unser!
Christus, erbarme Dich unser!
Herr, erbarme Dich unser
Christus, höre uns
Christus, erhöre uns

Gott Vater, vom Himmel, erbarme Dich unser!
Gott Sohn, Erlöser der Welt, ...
Gott Heiliger Geist, ...
Heilige Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, ...
Jesus, Priester und Opfer, ...
Jesus, Priester auf ewig nach der Ordnung des Melchisedech, ...
Jesus, Priester, den Gott gesandt hat, den Armen die Frohe Botschaft zu verkünden, ...
Jesus, Priester, der beim Letzten Abendmahl das Urbild des ewigen Opfermahls eingesetzt hat, ...
Jesus, Priester stets da, um für uns einzutreten, ...
Jesus, Hoherpriester, den der Vater mit dem Heiligen Geist und mit Kraft gesalbt hat, ...
Jesus, Hoherpriester aus den Menschen genommen, ...
Jesus, Hoherpriester für die Menschen bestellt, ...
Jesus, Hoherpriester unseres Bekenntnisses, ...
Jesus, Hoherpriester von größerer Herrlichkeit als Mose, ...
Jesus, Hoherpriester des wahren Zeltes, ...
Jesus, Hoherpriester der zukünftigen Güter, ...
Jesus, heiliger, unschuldiger, unbefleckter Hoherpriester, ...
Jesus, treuer und barmherziger Hoherpriester, ...
Jesus, Hoherpriester von glühendem Eifer für Gott und die Seelen, ...
Jesus, Hoherpriester vollkommen in Ewigkeit, ...
Jesus, Hoherpriester, der Du durch Dein eigenes Blut die Himmel durchschritten hast, ...
Jesus, Hoherpriester, der Du uns den neuen Weg erschlossen hast, ...
Jesus, Hoherpriester, der uns geliebt und uns in seinem Blut von unseren Sünden rein gewaschen hat, ...
Jesus, Hoherpriester, der Du Dich selbst Gott als Gabe und Opfer dargebracht hast, ...
Jesus, Du Opfer Gottes und der Menschen, ...
Jesus, Du heiliges und unbeflecktes Opfer, ...
Jesus, Du angenehmes Opfer, ...
Jesus, Du Friedensopfer, ...
Jesus, Du Opfer des Erbarmens und des Lobes, ...
Jesus, Du Opfer der Versöhnung und des Friedens, ...
Jesus, in dem wir Vertrauen und Zugang zu Gott haben, ...
Jesus, Du Opfer, lebendig in alle Ewigkeit, ...
Sei uns gnädig! Verschone uns, o Jesus!
Sei uns gnädig! Erhöre uns, o Jesus!
Von einem unüberlegten Eintritt in den Klerus, erlöse uns, o Jesus!
Von der Sünde des Sakrilegs, ...
Von dem Geist der Unenthaltsamkeit, ...
Von schnödem Gewinnstreben, ...
Von jedem Makel der Simonie, ...
Von dem unstatthaften Ausgeben des Kirchenvermögens, ...
Von der Liebe zur Welt und ihren Nichtigkeiten, ...
Von der unwürdigen Feier Deiner Sakramente, ...
Durch Dein ewiges Priestertum, ...
Durch die heilige Salbung, durch die Du von Gott Vater zum Priester eingesetzt worden bist, ...
Durch Deinen priesterlichen Geist, ...
Durch Deinen Dienst, mit dem Du Deinen Vater auf Erden verherrlicht hast, ...
Durch Deine blutige Opferung, ein für allemal am Kreuz geschehen, ...
Durch eben dieses Opfer, das täglich am Altar erneuert wird, ...
Durch Deine göttliche Macht, die Du in Deinen Priestern unsichtbar ausübst, ...
Dass Du den ganzen Priesterstand in der heiligen Religion bewahren wollest, wir bitten Dich, erhöre uns!
Dass Du für Dein Volk Hirten nach Deinem Herzen vorsehen wollest, ...
Dass Du sie mit dem Geist Deines Priestertums erfüllen wollest, ...
Dass die Lippen der Priester die Weisheit bewahren mögen, ...
Dass Du treue Arbeiter in Deinen Weinberg schicken wollest, ...
Dass Du treue Spender Deiner Sakramente vermehren wollest, ...
Dass Du ihnen stete Dienstbarkeit in Deinem Willen gewähren wollest, ...
Dass Du ihnen Milde im Dienstamt, Fleiß im Handeln, Beständigkeit im Gebet verleihen wollest, ...
Dass Du durch sie die Verehrung des Heiligsten Sakramentes überall fördern wollest, ...
Dass Du alle, die Dir gut gedient haben, in Deine Freude aufnehmen wollest, ...

Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt, verschone uns, o Herr!
Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt, erhöre uns, o Herr!
Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt, erbarme Dich unser, o Herr!
Jesus, Du Priester, höre uns!
Jesus, Du Priester, erhöre uns!

Lasset uns beten!
Gott, Heiligmacher und Hüter Deiner Kirche, erwecke in ihr durch Deinen Geist geeignete und treue Spender Deiner heiligen Sakramente, dass durch ihren Dienst und ihr Beispiel das christliche Volk unter Deinem Schutz auf den Weg des Heils geleitet werde. Durch Christus, unsern Herrn. Amen.
Gott, der Du, während Deine Jünger dienten und fasteten, Saulus und Barnabas zu dem Werk, zu dem Du sie aufgenommen hattest, auszusondern befohlen hast, stehe auch jetzt Deiner betenden Kirche bei und zeige Du, der Du die Herzen aller kennst, diejenigen, die Du zum Dienstamt erwählt hast. Durch Christus, unsern Herrn.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen