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Denkmal des hl. Bartolo Longo vor der Rosenkranzbasilika |
Durch beharrliches Beten des Rosenkranzes haben so manche Heilige nicht bloß eine besondere Vertiefung ihres Glaubenslebens, sondern sogar die Vollkommenheit und Heiligkeit erlangt und das ewige Glück im Himmel erworben. So war es jedenfalls bei jenem Rechtsanwalt Bartolo Longo, der am Ende des Rosenkranzmonats Oktober 1980 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen wurde.
Bartolo Longo wurde am 10. Februar 1841 in Laziano bei Brindisi (Süditalien) als Sohn des Bartolomeo Longo und der Antonia geb. Luparelli, geboren. Seine humanistische Bildung bekam der Junge im königlichen Collegium Ferdinandeum der Piaristen in Francavilla Fontana von 1846 bis 1858. Nach einer froh und rein verlebten Kindheit und Jugend studierte er Jus in Lecce und ab 1863 in Neapel. Dort herrschte damals an der Universität ein ausgesprochen unchristlicher, antiklerikaler Geist. Bartolo Longo wurde dadurch in den Jahren seines Hochschulstudiums in seiner bisherigen Gläubigkeit ganz arg erschüttert. Wo der Glaube schwach geworden ist, kehrt oft zuerst der Aberglaube und dann der Unglaube ein. So war es auch bei dem jungen Juristen Longo: Er ließ sich von falschen Freunden für den Spiritismus begeistern, der damals in Neapel beinahe die Gestalt einer institutionalisierten Religion mit Tempeln, Riten, Zeremonien und Kultdienern angenommen hatte und mit dämonischen Kräften fast im Sinn eines Teufelskultes, Menschen anzog. Zum Glück hatte der junge Jurist Longo die freundschaftliche Verbundenheit mit einem tief gläubigen, frommen Professor namens Vincenzo Pepe nicht abbrechen lassen. Dieser brachte den jungen Juristen dazu, sich in seinen Zweifeln und Schwierigkeiten dem sehr gebildeten, heiligmäßigen Dominikaner P. Radente anzuvertrauen. Diesem Priester gelang es, Bartolo Longo wieder zum Glauben, ja sogar zum eifrigen Beten des Rosenkranzes zurückzuführen.
Als Bartolo Longo am 12. Dezember 1864 sein Jus-Studium mit der Erlangung des Doktortitels abgeschlossen hatte, kehrte er zu seiner Familie zurück und begann als Rechtsanwalt zu wirken. Dabei führt er nun ein frommes, überaus caritativ tätiges Glaubensleben. Zweimal war er in dieser Zeit nahe dran sich zu vermählen. Er verzichtete aber darauf auf Grund der prophetischen Worte, die der heiligmäßige Redemptorist P. Emanuel Ribera zu ihm gesprochen hatte: „Der Herr will durch dich ganz große Dinge tun. Du bist dazu berufen, eine ganz wichtige Mission zu erfüllen.“
Schließlich gab Bartolo Longo seinen Rechtsanwaltsberuf auf, er ging wieder nach Neapel, um in den Slums dieser Großstadt apostolisch und caritativ tätig zu sein. Dabei lernte er in Neapel die reiche verwitwete junge Gräfin Marianna de Fusco kennen. Bartolo Longo wurde Verwalter der Güter dieser Gräfin, sowie Lehrer und Erzieher ihrer Kinder und ihr Begleiter bei der Inspizierung ihrer verschiedenen Besitzungen. Dabei offenbarte sich ihm die materielle und die noch viel größere religiös-sittliche Not der kleinen Pächter und Landarbeiter auf den Landgütern der Gräfin de Fusco. Bartolo Longo spürte immer mehr, dass hier geholfen werden müsse und zwar nicht nur durch soziale Besserstellung dieser Menschen, sondern auch und vor allem dadurch, dass man sie aus ihrer religiösen Unwissenheit und Abgestumpftheit herausführt. Das wollte nun Bartolo Longo bei diesen Menschen, die meistens nicht einmal lesen und schreiben konnten, gerade durch den Rosenkranz erreichen, den richtig zu beten er ihnen zu allererst beibringen wollte. Er war nämlich überzeugt: der Rosenkranz bringt diesen unwissenden, ungebildeten Menschen das fundamentale Wissen um die wichtigsten Heilswahrheiten unseres christlichen Glaubens und die wichtigen Heilsereignisse im Leben Christi und Mariens bei und macht sie, wenn sie den Rosenkranz beharrlich beten, sicher nicht bloß frömmer, sondern auch besser.
In der höchst bescheidenen, kleinen, dem Verfall nahen Dorfkirche im Tal von Pompeji suchte Bartolo Longo die Menschen zu sammeln und wieder zum Praktizieren des Glaubens zu bringen. Er hatte anfangs dabei fast nur Misserfolg. Da bekam er ein Bild der Rosenkranzkönigin, das jemand bei einem Trödler in Neapel erworben hatte, geschenkt. Er stellte dieses Bild auf den Altar der kleinen Dorfkirche. Und das „Wunder“ geschah: Bald fanden sich immer mehr Menschen ein, die vor diesem Bild der Rosenkranzkönigin gläubig fromm und beharrlich beteten. Plötzlich stellten sich auch Gebetserhörungen und auffallende Wunder ein, die auf die Fürsprache der Rosenkranzkönigin geschahen. Die Kunde davon verbreitete sich rasch in der ganzen Gegend. Es kamen schließlich so viele Menschen, um vor dem Bild der Rosenkranzkönigin zu beten, dass die Kirche zu klein wurde und die Notwendigkeit entstand, die Kirche zu vergrößern. Bei dem Plan zur Vergrößerung der Kirche wollte man sich nicht mit einer „normalen“ Dorfkirche zufrieden geben, man plante, der Rosenkranzkönigin eine großartige, kunstvoll gestaltete und herrlich ausgeschmückte Basilika zu erbauen. Die treibende Kraft dabei war und blieb Bartolo Longo. Er bettelte die nötigen Gelder zusammen und organisierte alles aus Liebe zu seiner himmlischen Mutter. Der ehemalige Rechtsanwalt setzte alle seine Kräfte aber nicht bloß für den Bau der Rosenkranzbasilika in Neu-Pompeji und für das eifrige Beten des Rosenkranzes in der immer größer werdenden Basilika ein, er verteidigte auch in Wort und Schrift in seiner von ihm geschaffenen und redigierten Zeitschrift „Il Rosario e la Nuova Pompeji“ und in zahlreichen Publikationen, die im Rosenkranzgebet zur Betrachtung vorgelegten, damals wie heute immer wieder angegriffenen, in Frage gestellten oder offen geleugneten und bekämpften Heilswahrheiten.
Bartolo Longo begnügte sich aber nicht damit, die Frömmigkeit der Menschen zu fördern und ihren Glauben zu vertiefen, er wusste, dass der Glaube sich unbedingt, um echt zu sein, in Werken der Nächstenliebe manifestieren muss. So schuf er neben der Rosenkranzbasilika in Neu-Pompeji auch ein Waisenhaus für Buben und Mädchen und ein großes Heim für Kinder straffällig gewordener, eingekerkerter Väter und Mütter. Nie versagte dabei sein Vertrauen in die Rosenkranzkönigin, wenn Misserfolge und Schwierigkeiten, Verkennungen und Missverständnisse auftauchten und seine apostolischen und caritativen Unternehmungen behinderten. Wenn gute Menschen ihn in seinen selbstlosen Bestrebungen verkannten, wenn schlechte Menschen ihn verspotteten oder gar als Defraudanten und Dieb hinstellten, der Sammelgelder unterschlagen oder zum eigenen Vorteil missbraucht habe, immer hielt der selige Bartolo Longo tapfer durch, auch dann noch, als sich Krankheiten und körperliche Leiden im zunehmenden Alter einstellten.
Als am 30. Mai 1925 Bartolo Longo durch Kardinal Augusto Sili in Anerkennung seiner großen Verdienste eine der höchsten Auszeichnungen überreicht wurde, sagte der Geehrte: „Heute will ich in Gegenwart höchster Persönlichkeiten und in Gegenwart meiner vielen Adoptivkinder, meiner lieben Waisenkinder, mein Testament machen, da bald meine letzte Stunde schlagen wird: Ich habe millionenfach Geldsummen gesammelt und wieder ausgegeben, um die Rosenkranzbasilika und die großen caritativen Anstalten zu errichten in dieser neuen Stadt Mariens. Nichts besitze ich mehr, denn ich habe das ganze Werk bereits dem Apostolischen Stuhl übergeben. Nur die Auszeichnungen, die ich erhalten habe, sind mir noch geblieben. Ich vermache sie meinen Waisenkindern, um sie daran zu erinnern, dass man in der Übung der Tugend ritterlich tapfer und im Glauben unerschütterlich stark sein muss. Ihnen aber, Herr Kardinal, der Sie der Päpstliche Delegat und der Verwalter der Basilika und der von mir gegründeten Werke sind, vermache ich meinen gebrechlichen Leib mit der Bitte, dass er im Heiligtum der Basilika zu Füßen des Thrones meiner holden Königin beigesetzt werde, der ich mehr als 50 Jahre lang treu zu dienen versucht habe.“
In einer kleinen Kammer inmitten des Waisenhauses neben der Basilika verbrachte Bartolo Longo, dieser tief fromme, glaubensstarke, die Rosenkranzkönigin von Herzen leibende Laie, seine letzten Lebensjahre in fast ununterbrochenem Gebet. Am 5. Oktober 1926, gewissermaßen am Vorabend des Rosenkranzfestes, starb der selige Bartolo Longo 85jährig, in der rechten Hand das Kreuz, in der linken Hand den Rosenkranz haltend, der immer wieder durch seine Finger geglitten war in beharrlichem Gebet und durch den er so viel erreicht hatte zu ehren der Königin des hl. Rosenkranzes.
Bei der Seligsprechung von Bartolo Longo am 26. Oktober 1980 sagte Papst Johannes Paul II. über ihn folgendes: „Bartolo Longo, der Gründer des berühmten Heiligtums von Pompeji, wohin ich mich 1979 voll tiefer Frömmigkeit begeben habe, dieser Apostel des Rosenkranzes, war ein Laie, der voll und ganz seiner kirchlichen Verpflichtung gemäß gelebt hat. Er war ein Werkzeug der göttlichen Vorsehung für die Verteidigung und das Zeugnis des christlichen Glaubens und für die Verherrlichung der seligsten Jungfrau Maria in einer schmerzlichen Zeit des Skeptizismus und der Kirchenfeindlichkeit. Bekannt ist, dass sein langes Leben von einem schlichten, heroischen Glauben inspiriert und reich an eindrucksvollen Episoden war, in deren Verlauf das Wunder von Pompeji Gestalt gewann. Bartolo Longo begann mit der bescheidenen Katechese für die Bauern des Tales um Pompeji und mit dem Rosenkranzgebet vor dem berühmten Marienbild. Dann folgte die Errichtung des großartigen Heiligtums und die Schaffung der Werke der Nächstenliebe für die Kinder von Strafgefangenen. So trieb er mit unerschütterlichem Mut ein großes Werk voran, das uns noch heute in Staunen und Bewunderung versetzt.
Vor allem aber kann man ohne Übertreibung sagen, dass sein ganzes Leben ein inniger und ständiger Dienst an der Kirche war und zwar im Namen Mariens und aus Liebe zu ihr. Bartolo Longo, der Terziar des Dominikanerordens und Gründer der Schwesternkongregation der Töchter des hl,. Rosenkranzes von Pompeji, darf wirklich ein „marianischer Mann“ genannt werde: aus Liebe zu Maria wurde er Schriftsteller und Apostel des Evangeliums, Verkünder des Rosenkranzgebetes und Begründer des berühmten Marienheiligtums inmitten von ungeheuren Schwierigkeiten und Feindseligkeiten. Aus Liebe zu Maria schuf er Einrichtungen der Nächstenliebe und wurde für die Kinder der Armen zum Bettler. Er verwandelte Pompeji in eine lebendige Hochburg menschlicher und christlicher Güte. Aus Liebe zu Maria ertrug er schweigend Quälereien und Verleumdungen und machte ein langes Getsemani durch, wobei er stets voll Vertrauen in die göttliche Vorsehung und immer dem Papst und der Kirche gehorsam war. In der Hand den Rosenkranz sagte er am 11. März 1905, was auch für uns Christen des 20. Jahrhunderts gilt: „Möge dein Vertrauen in die seligste, jungfräuliche Rosenkranzkönigin wieder erwachen. Du musst den Glaubens Jobs haben! ... Heilige, hochverehrte Mutter, zu dir bringe ich all meinen Kummer; auf dich setze ich all meine Hoffnung und mein ganzes vertrauen!“
Nach dem Beispiel des seligen Bartolo Longo hat sich in der Rosenkranzbasilika in Neu-Pompeji der Brauch durchgesetzt, zweimal im Jahr, am 8. Mai und am ersten Sonntag im Rosenkranzmonat Oktober, ein vertrauensvolles Sturmgebet („Supplica“) zur Rosenkranzkönigin zu verrichten. Dieser Brauch breitete sich über Italien hinaus in der weiten Welt aus. Daran hat Papst Johannes Paul II: am 8. Mai 1983 in seiner „Angeluls“-Ansprache mit folgenden Worten erinnert: „Heute wird im Heiligtum der seligsten Jungfrau vom Rosenkranz in Pompeji die Hundertjahrfeier des Bittgebetes an die Madonna begangen. Dieses glühende und bewegende Gebet kommt aus dem großen Herzen des seligen Bartolo Longo. Dieser 1841 geborene Rechtsanwalt starb 1926 nach einem langen Leben, das dem intensiven und fruchtbaren Apostolat besonders auf dem Gebiet der Sozialhilfe und Kindererziehung im glänzenden Werke der Nächstenliebe gewidmet war. Er errichtete Kindergärten, Schulen, Erholungsstätten, Waisenhäuser rings um die Wallfahrtskirche von Pompeji, die er zu Ehren Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz erbaut hat. Die Hochherzigkeit von Gläubigen aus allen Erdteilen hat dieses Heiligtum in den vergangen Jahren immer mehr verschönt und zum Erfolg der von dem Seligen geschaffenen Initiativen zur sozialen und christlichen Förderung der Armen beigetragen.
Die göttliche Vorsehung wollte mir die Freude machen, Bartolo Longo durch die Seligsprechung am 26. Oktober 1980 zur Ehre der Altäre zu erheben. Und heute, bei der Hundertjahrfeier des pompejianischen Bittgebetes (der „Supplica“) möchte auch ich mich mit der unermesslichen Menge vereinen, die in glühendem Gebet im Heiligtum der Madonna auf dem großen Platz von Pompeji versammelt ist.
Ich lade deshalb alle ein, sich
geistig diesem betenden Chor und dem folgenden Teil des Bittgebetes
anzuschließen:
„O gesegneter Rosenkranz Marias, süße Kette, die uns mit Gott
verknüpft;
Band der Liebe, das uns mit den Engeln verbindet,
Turm der Rettung
vor den Angriffen der Hölle;
sicherer Hafen beim gemeinsamen Schiffbruch,
wir
werden nie von dir lassen.
Du wirst unsere Stärkung sein in der Stunde unseres
Todes,
dir gehört der letzte Kuss des erlöschenden Lebens.
Und das letzte Wort
auf unseren Lippen wird dien süßer Name sein,
o Rosenkranzkönigin von Pompeji,
unsere liebe Mutter,
Zuflucht der Sünder, erhabene Trösterin der Betrübten,
sei
überall gepriesen, heute und immer, im Himmel und auf Erden.“
(Dr. Ferdinand Holböck)
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Basilika unserer Lieben Frau vom Rosenkranz, Pompei |
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