Mittwoch, 1. Oktober 2025

Sehnsucht nach dem Himmel

 

Theresia läuft trotz des Regens zur Kirche, Kapelle im Elternhaus in Alençon 

Doch ich komme auf meinen Sonntag zurück. Dieser frohe Tag, der so schnell verflog, hatte doch seine Spur von Schwermut. Ich erinnere mich, daß mein Glück ungetrübt war bis zur Komplet; während dieses Gottesdienstes dachte ich daran, daß der Ruhetag seinem Ende zuging... daß man am morgigen Tag das Alltagsleben wieder beginnen müsse, arbeiten, Aufgaben machen, und mein Herz empfand die Verbannung auf Erden... ich seufzte nach der ewigen Ruhe des Himmels, nach dem Sonntag ohne Abend in der Heimat!...
(...) Was könnte ich von den Winterabenden erzählen, besonders den sonntäglichen? Ach, wie gut fand ich es, nach der Partie Damenbrett mich mit Celine auf Papas Knie zu setzen... Mit seiner schönen Stimme sang er Lieder, die die Seele mit tiefen Gedanken erfüllten...  oder er wiegte uns leise und sagte Gedichte voll der ewigen Wahrheiten auf...
Zuletzt gingen wir hinauf zum gemeinsamen Abendgebet, und die kleine Königin war ganz allein neben ihrem König und brauchte ihn zur anzusehen, um zu wissen, wie Heilige beten...
Dann kamen wir alle dem Alter nach, um Papa Gutenacht zu sagen und einen Kuß zu empfangen. Die Königin kam natürlich als letzte, und der König hob sie an den Ellbogen hoch, um sie zu küssen, und diese rief dann recht laut: "Guten Abend, Papa, gute Nacht, schlaf gut", jeden Abend wiederholte sich das...
Dann nahm mich mein Mütterchen auf den Arm und brachte mich in Celines Bett.
Ich frage dann: "Pauline, bin ich heute recht lieb gewesen?... Werden die Engelein mich umschweben?"
Stets lautete die Antwort ja, sonst hätte ich die ganze Nacht hindurch geweint...
Selbstbiographie, Johannesverlag, 38f

die Eltern Zelie und Louis Martin

die Schwestern Marie, Pauline und Celine

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