Wir dürfen keiner falschen, mechanischen, grobsinnlichen
Vorstellung vom Schutzengel huldigen. Es ist billig, die
Wahrheit des Schutzengels dadurch lächerlich machen zu wollen, daß
man beispielsweise sagt: Ja, das Kind hat er nicht bewahrt, als es
sich das Bein brach. Da hat er nicht aufgepaßt, daß es unter die Räder
kam. Der Schutzengel führt die ihm Anvertrauten zu Gott.
Der Weg zu
Gott ist manchmal hart und schmerzlich. Er kann durch Krankheit und
durch Qualen führen. Aber deswegen bleibt es der Weg zu Gott. Wenn
es Gottes Wille ist, kann der Schutzengel selbstverständlich auch
aus Gefahren des Leibes, der Gesundheit, des Lebens retten. Das kann
er. Wenn Gott es so will, dann kann er es. Aber der Beistand der Engel
ist wie der Glaube überhaupt kein Rechenexempel. Wenn man mit einem
Engelgebet alle Gefahren von sich abhalten könnte, dann würde die
Frömmigkeit zum Geschäft, dann würde der Glaube zum Handel, und das
darf er nicht werden. Der Glaube muß das Vertrauen auf die souveräne
Macht Gottes bleiben. Und Gott bleibt nur souverän, wenn er
erhören kann, wann immer er will, und nicht, wenn er muß.
So ist also die Verehrung des Schutzengels berechtigt, ja sie ist uns geradezu notwendig. Wir sollen auf ihn lauschen, denn man kann ihn sprechen hören. Er spricht in unser Gewissen hinein, in diesen so viel mißbrauchten Raum des Gewissens, da spricht er hinein. Und wenn wir auf seine feine Stimme hören, dann finden wir den rechten Weg.
Es gibt schöne Gebete zu den Engeln, und wir sollten sie uns aneignen und den Kindern lehren. Es ist erschreckend, meine lieben Freunde, wenn ich manchmal Studenten nach zehn Semestern Theologiestudium frage, welche Gebete sie können, auswendig können. Außer Vater unser und Ave Maria kommt fast nichts. Ist das der Erfolg von zehn Semestern Theologiestudium? Nein, wir, wir schlichten Menschen, wir wollen uns die Gebete zu den heiligen Engeln aneignen, sie auswendig lernen, sie unseren Anvertrauten lehren.
„O Engel rein, o Schützer mein, du Führer meiner Seele.
Laß mich
dir anempfohlen sein, daß ich vor Gott nicht fehle.
Beschirme mich bei
Tag und Nacht, erleuchte meine Pfade.
Halt über mich getreue Wacht, daß
mir der Feind nicht schade.
Trag mein Gebet zu Gottes Thron und fleh
für meine Sünden!
Durch seinen eingebor'nen Sohn laß mich
Verzeihung finden.
Beschütze mich im letzten Streit, wenn Leib und
Seel sich scheiden!
Begleite mich zur Ewigkeit, wo Freud ist ohne
Leiden!“
(Georg May, 1.10.1989, Quelle)
Josefsaltar in der Heimsuchungskirche in Nitra |
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