Justin der Märtyrer, St Mary the Great, Cambridge |
Justinus der Märtyrer, Philosoph.
Justinus stammte aus Flavia Neapolis, dem heutigen Nablus in Palästina, aus
einer heidnischen römischen Familie. In seiner Jugend studierte Justinus
Philosophie, insbesondere die Schriften Platons und der stoischen Philosophen,
testete verschiedene philosophische Schulen, Lehrer und Systeme, und wurde
schließlich von einem „alten Mann bei einem Spaziergang am Strand“ auf die
Christusbotschaft gestoßen und ließ sich daraufhin taufen.
Unter Kaiser
Antoninus Pius kam er nach Rom, wo sich um ihn ein Schülerkreis bildete.
Justinus verfasste eine Verteidigungsschrift des Christentums, die an den Kaiser
und den römischen Senat gerichtet war. In seinem „Dialog mit dem Juden
Tryphon“, – es handelt sich um Aufzeichnungen einer gelehrten Disputation, die
tatsächlich in Selcuk in der heutigen Türkei stattgefunden hat, – setzt sich
Justinus mit der jüdischen Lehre auseinander.
Justinus ist der erste
christliche Theologe, der die christliche Glaubenslehre mit der griechischen
Philosophie des Platonismus zu verbinden sucht. Bei ihm findet sich auch
erstmals die Parallele zwischen Eva und Maria. Er verfasste die ersten
Aufzeichnungen römischer Liturgie. ´
Als Justinus lauthals gegen die
Christenverfolgungen protestierte, wurde er 165 zusammen mit sechs seiner
Schüler verhaftet und enthauptet. Damals regierte der heidnische
Philosophenkaiser Mark Aurel. Über den Prozess sind echte Akten überliefert.
Justinus ist Patron der Philosophen und wird mit Philosophenmantel und Palme
dargestellt.
(Martyrologium Sancrucense)
1.
Martyrium der heiligen
Zeugen Justinus, Chariton, Charito, Euelpistus, Hieran, Päon und Liberianus,
die zu Rom gelitten haben.
Zur Zeit der
verruchten Vorkämpfer des Heidentums wurden gottlose Befehle gegen die frommen
Christen in Stadt und Land erlassen, um sie zu zwingen, den eitlen Götzen zu
opfern. Infolgedessen wurden die heiligen Männer ergriffen und zu Rom vor den
Stadtpräfekten Rustikus geführt.
2.
Als sie vor den
Richterstuhl gestellt waren, sagte der Präfekt Rustikus zu Justinus: Zunächst
vertraue den Göttern und gehorche den Kaisern. Justinus antwortete: Der kann
nicht getadelt und verurteilt werden, welcher den Geboten unseres Heilandes
Jesus Christus gehorcht. Der Präfekt Rustikus fragte: Mit welcher Gattung von
Wissenschaft beschäftigst du dich? Justinus entgegnete: Ich bemühte mich, alle
Systeme kennen zu lernen; zuletzt habe ich mich den wahren Lehren der Christen
hingegeben, die allerdings denen, welche im Irrtum befangen sind, nicht
gefallen. Der Präfekt Rustikus sagte: An der Gelehrsamkeit dieser Menschen hast
du deine Freude, Unseliger! Justinus antwortete: Allerdings, weil ihre Lehre
wahr ist. Der Präfekt Rustikus fragte: Welches ist diese Lehre? Justinus
antwortete: Die christliche Gottesverehrung besteht darin, daß wir an einen
Gott glauben, der die ganze sichtbare und unsichtbare Schöpfung gemacht und
hervorgebracht hat, und an den Herrn Jesus Christus, von dem die Propheten
vorherverkündet haben, daß er dem Menschengeschlechte erscheinen werde als
Herold des Heiles und als Verkünder trefflicher Lehren. Ich, ein Mensch, bin zu
schwach, solches auszusagen, was seiner unendlichen Gottheit würdig wäre, ich
kenne aber eine prophetische Macht an; denn über ihn, den ich hier Sohn Gottes
genannt habe, ist vorherverkündet worden; ich weiß, daß durch Eingebung Gottes
die Propheten über sein zukünftiges Verweilen unter den Menschen vorhergesagt
haben.
3.
Der Präfekt
Rustikus sagte: Wo kommt ihr zusammen? Justinus entgegnete: Wo ein jeder will
und kann. Du glaubst bestimmt, wir kämen alle an derselben Stelle zusammen; das
ist aber nicht so, weil der Gott der Christen auf keinen Ort beschränkt ist,
sondern "Himmel und Erde erfüllt" und überall von den Gläubigen
verehrt und verherrlicht wird. Der Präfekt Rustikus sagte: Sage: Wo kommt ihr
zusammen oder wo versammelst du deine Schüler? Justinus entgegnete: Ich wohne
oberhalb des Timothinischen Bades in dieser ganzen Zeit und bin jetzt das
zweite Mal in der Stadt Rom; ich kenne außer diesem keinen andern
Versammlungsort; wer da mich besuchen wollte, dem teilte ich die Lehren der
Wahrheit mit. Rustikus sagte: Du bleibst also dabei, ein Christ zu sein?
Justinus entgegnete: Ja, ich bin ein Christ.
4.
Der Präfekt
Rustikus sagte zu Chariton: Nun sage mir: Bist du auch ein Christ? Chariton
antwortete: Ich bin ein Christ nach Gottes Geheiß. Der Präfekt Rustikus sagte
zu der Charito: Was sagst du, Charito? Charito antwortete: Ich bin mit der
Gnade Gottes eine Christin. Rustikus sagte zu Euelpistus: Wer bist denn du?
Euelpistus, ein kaiserlicher Sklave, antwortete: Auch ich bin ein Christ; von
Christus bin ich freigemacht und nehme an derselben Hoffnung teil durch die
Gnade Christi. Der Präfekt Rustikus sagte zu Hieran: Bist auch du ein Christ?
Hieran antwortete: Ja, ich bin ein Christ; denn ich ehre und bete an denselben
Gott. Der Präfekt Rustikus sagte: Hat Justinus euch zu Christen gemacht? Hieran
antwortete: Ich war schon Christ und werde es immer sein. Päon, der dabei
stand, sagte: Auch ich bin ein Christ. Der Präfekt Rustikus fragte: Wer hat
denn dich gelehrt? Päon antwortete: Von den Eltern haben wir dieses schöne
Bekenntnis überkommen. Euelpistus sagte: Die Reden des Justinus habe ich zwar
mit Freuden gehört, aber Christ zu sein, habe auch ich von meinen Eltern
gelernt. Der Präfekt Rustikus fragte: Wo sind deine Eltern? Euelpistus
antwortete: In Kappadokien. Rustikus sagte zu Hieran: Wo sind denn deine
Eltern? Der antwortete: Unser wahrer Vater ist Christus und unsere Mutter ist
der Glaube an ihn. Meine irdischen Eltern aber sind gestorben; übrigens bin ich
aus Ikonium in Phrygien hierhin gekommen. Der Präfekt Rustikus sagte zu
Liberianus: Was sagst denn du? Bist du Christ und bist auch du gottlos?
Liberianus antwortete: Auch ich bin Christ; ich bin gottesfürchtig und verehre
den einen wahren Gott.
5.
Der Präfekt
sagte zu Justinus: Höre, der du als gelehrt giltst und die wahre Wissenschaft
zu haben vermeinst: Glaubst du, wenn du gegeißelt und enthauptet wirst, in den
Himmel aufzusteigen? Justinus antwortete: Ich glaube, daß ich seiner
Verheißungen teilhaftig werde, wenn ich dieses leide; denn ich weiß, daß allen,
die so leben, das göttliche Gnadengeschenk bis zum Ende des Weltalls bleiben
werde. Der Präfekt Rustikus sagte: Du nimmst also an, du werdest in den Himmels
aufsteigen, um einen Lohn zu erlangen? Justinus antwortete: Das nehme ich nicht
an, sondern ich weiß es und bin ganz davon überzeugt. Der Präfekt Rustikus
sagte: Treten wir endlich an die hier vorliegende Sache heran, die drängt:
Kommt und opfert einmütig den Göttern! Justinus antwortete: Keiner, der recht
gesinnt ist, verläßt die Gottseligkeit, um zur Gottlosigkeit überzugehen. Der
Präfekt Rustikus sagte: Wenn ihr nicht gehorcht, werdet ihr erbarmungslos
gestraft werden. Justinus antwortete: Unser Wunsch ist, um unseres Herrn Jesu
Christi willen gemartert und so selig zu werden; denn das wird uns Heil und
Zuversicht sein vor dem schrecklichem Richterstuhle unseres Herrn und
Heilandes, vor dem die ganze Welt erscheinen muß. Ebenso sagten auch die
übrigen Märtyrer: Tu, was du willst; denn wir sind Christen und opfern nicht
den Götzenbildern. Der Präfekt Rustikus sprach also das Urteil: Die, welche den
Göttern nicht opfern und dem Befehle des Kaisers nicht gehorchen wollten,
sollen gegeißelt und zur Enthauptung abgeführt werden, wie die Gesetze es vorschreiben.
6.
Die heiligen
Blutzeugen zogen, Gott preisend, hinaus an die gewohnte Stätte, wurden
enthauptet und vollendeten so ihr Zeugnis im Bekenntnis des Heilandes. Darauf
haben einige der Gläubigen heimlich ihre Leiber fortgetragen und an geeignetem Orte
beigesetzt mit Hülfe der Gnade unseres Herrn Jesu Christi, dem die Ehre sei von
Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
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