Lesung aus der Offenbarung des Johannes 7
2 Ich, Johannes,
sah vom Aufgang der Sonne her
einen anderen Engel emporsteigen;
er hatte das Siegel des lebendigen Gottes
und rief den vier Engeln,
denen die Macht gegeben war,
dem Land und dem Meer Schaden zuzufügen,
mit lauter Stimme zu und sprach:
3 Fügt dem Land, dem Meer und den Bäumen keinen Schaden zu,
bis wir den Knechten unseres Gottes
das Siegel auf die Stirn gedrückt haben!
4 Und ich erfuhr die Zahl derer,
die mit dem Siegel gekennzeichnet waren.
Es waren hundertvierundvierzigtausend
aus allen Stämmen der Söhne Israels, die das Siegel trugen:
9 Danach sah ich und siehe, eine große Schar
aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen;
niemand konnte sie zählen.
Sie standen vor dem Thron und vor dem Lamm,
gekleidet in weiße Gewänder,
und trugen Palmzweige in den Händen.
10 Sie riefen mit lauter Stimme und sprachen:
Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt,
und von dem Lamm.
11Und alle Engel standen rings um den Thron,
um die Ältesten und die vier Lebewesen.
Sie warfen sich vor dem Thron auf ihr Angesicht nieder,
beteten Gott an
12 und sprachen:
Amen, Lob und Herrlichkeit,
Weisheit und Dank,
Ehre und Macht und Stärke
unserem Gott in alle Ewigkeit. Amen
13 Da nahm einer der Ältesten das Wort und sagte zu mir:
Wer sind diese, die weiße Gewänder tragen,
und woher sind sie gekommen?
14 Ich erwiderte ihm: Mein Herr, du weißt das.
Und er sagte zu mir:
Dies sind jene, die aus der großen Bedrängnis kommen;
sie haben ihre Gewänder gewaschen
und im Blut des Lammes weiß gemacht.
Amen, Lob und Herrlichkeit, Weisheit und Dank, Ehre und Macht und Stärke unserem Gott in Ewigkeit |
Romano Guardini († 1968)
Aus dem Buch "Vorschule des Betens".
In den Heiligen strahlt die Freiheit und Herrlichkeit der Kinder GottesDie im Namen Christi sterben, gehen nicht ins Wesenlose, sondern in die Fülle heiliger Wirklichkeit ein. Das unwillkürliche Gefühl meint, die Toten würden schattenhaft, wendet sich von ihnen ab und sucht das warme Licht der irdischen Sonne; oder es glaubt, sie bekämen eine unheimliche, zerstörende Macht, und sucht sich davor zu schützen. Diese Empfindungen werden aber im Glauben überwunden. Er sagt uns, dass die in der Gnade Heimgegangenen zur "Herrlichkeit der Kinder Gottes" und zur reinen Vollendung ihres Wesens im ewigen Lichte gelangen. Liegt es da nicht nahe, jene Menschen, die schon auf Erden Zeugen göttlicher Liebe und Macht gewesen sind, auch in ihrer Erfüllung aufzusuchen? So ist es denn auch geschehen, und wir finden von den frühesten christlichen Zeiten an eine lebendige Beziehung der Glaubenden zu jenen, die sich auf Erden in besonderer Weise als Freunde Gottes erwiesen haben, den Heiligen. Und zwar ist diese Beziehung sehr mannigfaltig.
Auf den ersten Blick scheint sie ganz in der Bitte um Hilfe zu bestehen, und diese Bitte hat recht, denn die Not des Daseins ist groß. In ihr die Liebe derer zu suchen, die ganz in Gottes Gemeinschaft eingegangen, mit seinem Willen eins und seiner Gnade voll sind, bedeutet nichts anderes als die Verbundenheit des gläubigen Daseins.
Neben der Bitte tritt aber auch das Lob hervor: die Freude an dem frommen und edlen Leben der Heiligen; an der göttlichen Führung, die darin deutlich wird, an ihren Überwindungen und Taten. Sie sind Zeugen der Erlösung.
Die neue Schöpfung, die immerfort aus Christi Tat hervorgeht, ist verhüllt; alles widerspricht ihr, und der Glaube hat Mühe, sich der einstigen Vollendung gewiss zu halten. In den Heiligen strahlt "die Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes" (Röm 8,21) auf und hilft der Hoffnung.
Die Heiligen können auch eine besondere Bedeutung für die Weise erhalten, wie der einzelne sein Leben führt. Sie öffnen den Reichtum Christi. Dieser ist "das Licht", einfach und alleinbegreifend zugleich; die Heiligen aber sind wie Prismen, welche seine Unbegreiflichkeit aufbrechen und bald diese, bald jene Farbe daraus erstrahlen lassen. So können sie dem Glaubenden helfen, sich selber besser aus Christus heraus zu verstehen und den Weg zu finden, den er gehen soll. Was aber im Tiefsten zu den Heiligen treibt, ist doch wohl einfach der Wunsch, bei ihnen zu sein, mit ihnen umzugehen, Anteil an ihnen zu haben. Es ist die Liebe, welche die Gemeinschaft derer sucht, die ganz in der Liebe gelebt haben und nun in ihr vollendet sind.
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