Bischof Ambrosius verweigert Kaiser Theodosius Zurtritt zum Dom, Kunsthistorisches Museum |
Wer Ambrosius hier aber als strengen Züchtiger, seine Beziehung zu Theodosius als ein Wetteifern mit der kaiserlichen Macht sehen möchte, liegt falsch. Ambrosius stammte aus dem hohen öffentlichen Beamtentum, sein Staatsbewusstsein war ebenso stark ausgeprägt wie das seiner Pflicht, als Priester barmherzig zu sein: „Oft ist es besser, jene, die gesündigt haben, nicht zu züchtigen, sondern Milde walten zu lassen: übe du dich in Geduld, der Sünder sich in Reue“ (In Lucam 7, 27).
Vor allem aber war er kein
Züchtiger der staatlichen Autorität. Im Gegenteil: er
bekräftigte, dass man nur in schwerwiegenden Fällen zurechtweisen
dürfe. „Die Herrscher dürfen von den Propheten Gottes und
von den Priestern nicht voreilig angegriffen werden, wenn man ihnen keine
schweren Sünden vorzuwerfen hat. Wo aber solche sind, darf man nicht
entschuldigen, sondern muss mit dem rechten Tadel korrigieren“ (Kommentar zu Psalm 37, 43).
Wie im Falle des Massakers von Thessaloniki. Doch auch
damals wich Ambrosius nicht von seiner Milde, seinem Respekt ab. Lesen wir
einen Auszug aus dem Brief, den er im Jahr 390 an Theodosius schrieb, um
ihn zur Buße zu drängen (Epistula 51 der Mauristen-Ausgabe).
„Ich schreibe dir nicht, um
dich zu demütigen, sondern damit dich das Vorbild der Könige dazu bewegen
möge, diese Sünde aus deinem Reich zu tilgen. Und das tust du, wenn du deine Seele vor Gott demütigst.“ Es ist keinesfalls ein rhetorisches Mittel, wenn Ambrosius hier das
handelnde Subjekt umstellt, nachdem er die Buße erwähnt hat, der
sich David, dessen ungestümes Naturell ihn an das des Theodosius
erinnert, wegen seiner Sünde unterworfen hat. So liegt es auch
keineswegs in seiner Absicht, den Kaiser zu demütigen, der sich
dagegen vor Gott demütigen soll, was seiner Autorität ja auch
keinen Abbruch tut.
Schließlich ist es auch kein rhetorisches Mittel
ist, zu sagen: „Ich hege dir gegenüber keine feindseligen
Gedanken; was ich empfinde ist vielmehr Furcht: ich wage nicht, das Opfer
anzubieten, wenn du selbst daran teilnehmen willst.“
Womit er also
sagt, dass er den Theodosius nicht zurückhalten
will, sondern er sich vielmehr von der Feier des heiligen Opers zurückgehalten fühlt. Das zu
sagen bedeutet nämlich, die Unverfügbarkeit des Sakraments zu
bekräftigen. Ein Traum – das Unbewußtsein hatte schon vor
Freud eine Warnfunktion: von Josef zu Petrus, von Konstantin zu Ambrosius
– bestätigte die Notwendigkeit der Zurückhaltung:
„Weder von einem Menschen noch durch einen solchen, sondern direkt,
wurde mir dieses Verbot auferlegt. Denn während ich in Sorge war, in
jener Nacht, in der ich mich zum Aufbruch rüstete, dünkte es
mich, dass du in die Kirche gekommen seist, aber es war mir nicht
möglich, das Opfer anzubieten.“
Die Verteidigung des heiligen
Altarsakraments, des Sünders und der Buße, schließt mit
einem Hinweis auf das Gebet, dem demütigsten und meist
geschätzten Opfer: „Auch das einfache Gebet ist ein Opfer: es
schafft die Vergebung, weil es die Demut enthält; während das
Opfer Entrüstung hervorruft, weil es Verachtung enthält. Gott
sagt nämlich, dass es wichtiger sei, seine Gebote zu beachten als die
Opfergabe. Das wird von Gott gesagt, von Mose dem Volk verkündet und
von Paulus den Völkern gepredigt. Tue das, was deiner Meinung nach im
Moment am meisten geschätzt wird. „Ich ziehe die Barmherzigkeit
dem Opfer vor“, sagt Gott. Oder gibt es vielleicht nicht mehr
Christen, die ihre Sünde verdammen als solche, die meinen, sie
rechtfertigen zu müssen?“.
Und auch wenn es Sünden gäbe, die nicht mit
den Tränen der Reue reingewaschen werden können – wie
Ambrosius bei einer anderen Gelegenheit schreibt – „wird
für dich die Mutter Kirche weinen, die sich für einen jeden
einsetzt wie eine Witwe für den einzigen Sohn. Sie empfindet
nämlich – aus einer Art angeborenem spirituellen Schmerz heraus
– Mitleid, wenn sie sieht, wie ihre Kinder wegen ihrer Todsünden
dem Tod entgegengehen“ (In Lucam 5, 92).
(Quelle)
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