Dienstag, 20. August 2019

Bernhard von Clairvaux und Maria

der hl. Bernard und Maria, Zisterzienserkloster Schlierbach


In einer anderen berühmten Predigt zum Sonntag in der Oktav von Christi Himmelfahrt beschreibt der heilige Abt mit leidenschaftlichen Worten die innige Teilhabe Mariens am Erlösungsopfer des Sohnes. „O heilige Mutter – ruft er aus – in Wahrheit hat ein Schwert deine Seele durchbohrt! ... Die Gewalt des Schmerzes hat deine Seele so sehr durchdrungen, dass wir dich zurecht mehr als eine Märtyrerin nennen dürfen, da in dir die Teilhabe am Leiden des Sohnes in ihrer Stärke bei weitem über die leiblichen Leiden des Martyriums hinausgegangen sind“ (14: PL 183,437-438). Bernhard hat keine Zweifel: „per Mariam ad Iesum“, durch Maria werden wir zu Jesus geführt. Er bestätigt mit Klarheit,entsprechend den Grundlagen der traditionellen Mariologie, die Subordination Mariens unter Jesus. Aber der Corpus der Predigt dokumentiert auch den bevorzugten Platz der Jungfrau in der Heilsökonomie infolge der so besonderen Teilhabe der Mutter (compassio) am Opfer des Sohnes. Nicht umsonst wird Dante Alighieri eineinhalb Jahrhunderte nach Bernhards Tod im letzten Buch der „Göttlichen Komödie“ auf die Lippen des „Honigfließenden Lehrers“ das hehre Gebet zu Maria legen: „O Jungfrau Mutter, Tochter deines Sohnes / Demütigste und höchste der Erschaffnen / vorherbestimmtes Ziel vom ew’gen Ratschluss,...“ („Vergine Madre, figlia del tuo Figlio,/umile ed alta più che creatura,/termine fisso d’eterno consiglio, … “; Paradies 33, V. 1ff.)

Diese Gedanken, die kennzeichnend sind für einen Mann wie den heiligen Bernhard, der in Jesus und Maria verliebt ist, stellen noch heute auf gesunde Weise nicht nur für die Theologen, sondern für alle Gläubigen eine Provokation dar. Manchmal wird der Anspruch erhoben, die grundlegenden Fragen zu Gott, dem Menschen und der Welt allein mit den Kräften der Vernunft zu lösen. Der heilige Bernhard hingegen ruft uns, auf dem festen Boden der Bibel und der Kirchenväter stehend, in Erinnerung, dass unser Nachdenken über die göttlichen Geheimnisse ohne einen tiefen Glauben an Gott, der von Gebet und Kontemplation genährt ist, Gefahr läuft, zu einer leeren intellektuellen Übung zu werden und seine Glaubwürdigkeit einzubüßen. Die Theologie verweist auf die „Wissenschaft der Heiligen“, auf deren Sicht der Geheimnisse des lebendigen Gottes, auf ihre Weisheit, Geschenk Gottes, die zum Bezugspunkt für das theologische Denken werden. Zusammen mit Bernhard von Clairveaux müssen auch wir anerkennen, dass der Mensch Gott „mit dem Gebet besser suchen und leichter finden kann als mit der Diskussion“. Schließlich bleibt die wahrste Gestalt des Theologen und eines jeden, der den Menschen das Evangelium bringt, die Gestalt des Apostels Johannes, der sein Haupt an das Herz des Meisters gelegt hat.

Ich möchte diese Gedanken zum heiligen Bernhard mit dem Gebet zu Maria abschließen, das wir in einer seiner schönen Homilien lesen: „In den Gefahren, in den Ängsten, in den Ungewissheiten – so sagt er –: Denke an Maria, bete zu Maria. Sie stehe nie deinen Lippen fern, nie deinem Herzen; und damit du die Hilfe ihres Gebetes erlangen kannst, vergiss nie das Beispiel ihres Lebens. Wenn du ihr folgst, kannst du nicht vom Weg abkommen; wenn du zu ihr betest, kannst du nicht verzweifeln; wenn sie dich führt, wirst du nicht müde; wenn sie dir gewogen ist, wirst du ans Ziel kommen...“ (Hom. II super „Missus est”, 17: PL 183, 70-71).
(aus der Generalaudienz von Papst Benedikt XVI., 21.10.2009)
 

O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria

Stiftskirche Schlierbach

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