Montag, 27. Januar 2014

Angela Merici

Um für das betrachtende Gebet Inhalt und Methode anzubieten, ermutigen wir jede einzelne, den Geist zu Gott zu erheben und so täglich auf die folgende, eine ähnliche oder auf eine andere Weise im Innern ihres Herzens zu beten:

Mein Herr, erleuchte die Dunkelheit meines Herzens, und gib mir die Gnade, eher zu sterben als heute deine göttliche Majestät zu beleidigen. Und festige meine Gefühle und Sinne, damit sie weder nach rechts noch nach links abweichen noch mich von deinem hellstrahlenden Gesicht ablenken, das jedem bedrängten Herzen Frieden schenkt.

Wenn ich Arme in das Innere meines Herzens blicke, wage ich aus Scham nicht, die Augen zum Himmel zu erheben, denn ich verdiene es, lebendig von der Hölle verschlungen zu werden, weil ich in mir so große Irrtümer, so viel Häßliches und Böses, so große und erschreckende Verunstaltungen erkenne. Deshalb muß ich bei Tag und Nacht, im Gehen und Stehen, beim Tun und Denken eindringlich zum Himmel schreien und um Erbarmen und um Zeit zur Umkehr bitten. Vergib mir gnädig, gütigster Herr, diese großen Beleidigungen und alle meine Verfehlungen, die ich vom Tag meiner Taufe bis jetzt begangen habe. Verzeih auch gnädig die Sünden meines Vaters und meiner Mutter, meiner Verwandten und Freunde und der ganzen Welt.

Ich bitte dich wegen deines heiligen Leidens und deines kostbaren Blutes, das du für uns vergossen hast, und wegen deines heiligen (vgl. Lk 18,13-19) Namens, dem mehr Lob gebührt, als es Sandkörner am Meer und Tropfen im Wasser gibt, und mehr noch als die Zahl der Sterne. Es schmerzt mich, daß ich so spät begonnen habe, deiner göttlichen Majestät zu dienen. Ach, ich habe bis jetzt noch nicht einen einzigen Tropfen Blut aus Liebe zu dir vergossen. Ich habe nicht einmal deinen göttlichen Geboten gehorcht, und alle Widerstände waren für mich hart wegen meiner geringen Liebe zu dir. Herr, angesichts der beklagenswerten Geschöpfe, die dich nicht kennen und die an deinem heiligen Leiden nicht Anteil nehmen, bricht mir das Herz, und ich würde gerne (wenn ich könnte) mein eigenes Blut vergießen, um die Blindheit ihres Geistes zu heilen. Daher, mein Herr, mein einziges Leben und meine Hoffnung, bitte ich dich, daß du gnädig mein geringes und unreines Herz annimmst und alle seine Gefühle und Leidenschaften im brennenden Ofen deiner göttlichen Liebe reinigst. 

Ich bitte dich, meine Entscheidungsfreiheit und meinen eigenen Willen anzunehmen, der von sich aus das Gute nicht vom Bösen unterscheiden kann, weil er von der Sünde geschwächt ist. Nimm an mein Denken, Sprechen und Tun und überhaupt alles, meinen inneren und äußeren Besitz: Alles lege ich deiner göttlichen Majestät zu Füßen. Und ich bitte dich, daß du es gnädig annimmst, obwohl es [deiner] nicht würdig ist. Amen.

(Angela Merici, aus der Regel der Compagnia di Sant´Orsola)

Angela Merici, Petersdom, S. Pietro in Vaticano, Rom

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