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S. Matteo di Riese, urspr. Grabeskirche von Pius X. |
Ich, N.N., umfasse fest
und nehme samt und sonders an, was vom irrtumslosen Lehramt der Kirche
definiert, behauptet und erklärt wurde, vor allem diejenigen Lehrkapitel, die
den Irrtümern dieser Zeit unmittelbar widerstreiten.
Und zwar erstens: Ich
bekenne, dass Gott, der Ursprung und das Ziel aller Dinge, mit dem natürlichen
Licht der Vernunft „durch das, was gemacht ist“ (Röm 1,20), das heißt, durch
die sichtbaren Werke der Schöpfung, als Ursache vermittels der Wirkungen sicher
erkannt und sogar auch bewiesen werden kann.
Zweitens: Die äußeren
Beweise der Offenbarung, das heißt, die göttlichen Taten, und zwar in erster
Linie die Wunder und Weissagungen lasse ich gelten und anerkenne ich als ganz
sichere Zeichen für den göttlichen Ursprung der christlichen Religion, und ich
halte fest, dass ebendiese dem Verständnis aller Generationen und Menschen,
auch dieser Zeit, bestens angemessen sind.
Drittens: Ebenso glaube
ich mit festem Glauben, dass die Kirche, die Hüterin und Lehrerin des
geoffenbarten Wortes, durch den wahren und geschichtlichen Christus selbst, als
er bei uns lebte, unmittelbar und direkt eingesetzt und dass sie auf Petrus,
den Fürsten der apostolischen Hierarchie, und seine Nachfolger in Ewigkeit
erbaut wurde.
Viertens: Ich nehme
aufrichtig an, dass die Glaubenslehre von den Aposteln durch die rechtgläubigen
Väter in demselben Sinn und in immer derselben Bedeutung bis auf uns
überliefert <wurde>; und deshalb verwerfe ich völlig die häretische
Erdichtung von einer Entwicklung der Glaubenslehren, die von einem Sinn in
einen anderen übergehen, der von dem verschieden ist, den die Kirche früher
festhielt; und ebenso verurteile ich jeglichen Irrtum, durch den an die Stelle
der göttlichen Hinterlassenschaft, die der Braut Christi überantwortet ist und
von ihr treu gehütet werden soll, eine philosophische Erfindung oder eine
Schöpfung des menschlichen Bewusstseins setzt, das durch das Bemühen der
Menschen allmählich ausgeformt wurde und künftighin in unbegrenztem Fortschritt
zu vervollkommnen ist.
Fünftens: Ich halte
ganz sicher fest und bekenne aufrichtig, dass der Glaube kein blindes Gefühl
der Religion ist, das unter dem Drang des Herzens und der Neigung eines
sittlich geformten Willens aus den Winkeln des Unterbewusstseins hervorbricht,
sondern die wahre Zustimmung des Verstandes zu der von außen aufgrund des
Hörens empfangenen Wahrheit, durch die wir nämlich wegen der Autorität des
höchst wahrhaftigen Gottes glauben, dass wahr ist, was vom persönlichen Gott,
unserem Schöpfer und Herrn, gesagt, bezeugt und geoffenbart wurde.
Ich unterwerfe mich
auch mit der gehörigen Ehrfurcht und schließe mich aus ganzem Herzen allen
Verurteilungen, Erklärungen und Vorschriften an, die in der Enzyklika
„Pascendi“ und im Dekret „Lamentabili“ enthalten sind, vor allem in bezug auf
die sogenannte Dogmengeschichte. Ebenso verwerfe ich den Irrtum derer, die
behaupten, der von der Kirche vorgelegte Glaube könne der Geschichte
widerstreiten, und die katholischen Glaubenslehren könnten in dem Sinne, in dem
sie jetzt verstanden werden, nicht mit den wahren Ursprüngen der christlichen
Religion vereinbart werden.
Ich verurteile und
verwerfe auch die Auffassung derer, die sagen, der gebildetere christliche
Mensch spiele eine doppelte Rolle, zum einen die des Gläubigen, zum anderen die
des Historikers, so als ob es dem Historiker erlaubt wäre, das festzuhalten,
was dem Glauben des Gläubigen widerspricht, oder Prämissen aufzustellen, aus
denen folgt, dass die Glaubenslehren entweder falsch oder zweifelhaft sind,
sofern diese nur nicht direkt geleugnet werden.
Ich verwerfe ebenso
diejenige Methode, die heilige Schrift zu beurteilen und auszulegen, die sich
unter Hintanstellung der Überlieferung der Kirche, der Analogie des Glaubens
und der Normen des Apostolischen Stuhles den Erdichtungen der Rationalisten
anschließt und - nicht weniger frech als leichtfertig - die Textkritik als
einzige und höchste Regel anerkennt.
Außerdem verwerfe ich
die Auffassung jener, die behaupten, ein Lehrer, der eine theologische
historische Disziplin lehrt oder über diese Dinge schreibt, müsse zunächst die
vorgefasste Meinung vom übernatürlichen Ursprung der katholischen Überlieferung
oder von der von Gott verheißenen Hilfe zur fortdauernden Bewahrung einer jeden
geoffenbarten Wahrheit ablegen; danach müsse er die Schriften der einzelnen Väter
unter Ausschluss jedweder heiligen Autorität allein nach Prinzipien der
Wissenschaft und mit derselben Freiheit des Urteils auslegen, mit der alle
weltlichen Urkunden erforscht zu werden pflegen.
Ganz allgemein
schließlich erkläre ich mich als dem Irrtum völlig fernstehend, in dem die
Modernisten behaupten, der heiligen Überlieferung wohne nichts Göttliches inne,
oder, was weit schlimmer ist, dies in pantheistischem Sinne gelten lassen, so
dass nichts mehr übrig bleibt als die bloße und einfache Tatsache, die mit den
allgemeinen Tatsachen der Geschichte gleichzustellen ist, dass nämlich Menschen
durch ihren Fleiß, ihre Geschicklichkeit und ihren Geist die von Christus und
seinen Aposteln angefangene Lehre durch die nachfolgenden Generationen hindurch
fortgesetzt haben.
Daher halte ich
unerschütterlich fest und werde bis zum letzten Lebenshauch den Glauben der
Väter von der sicheren Gnadengabe der Wahrheit festhalten, die in „der
Nachfolge des Bischofsamtes seit den Aposteln“ ist, war und immer sein wird;
nicht damit das festgehalten werde, was gemäß der jeweiligen Kultur einer jeden
Zeit besser und geeigneter scheinen könnte, sondern damit die von Anfang an
durch die Apostel verkündete unbedingte und unveränderliche Wahrheit „niemals
anders geglaubt, niemals anders“ verstanden werde.
Ich gelobe, dass ich
dies alles treu, unversehrt und aufrichtig beachten und unverletzlich bewahren
werde, indem ich bei keiner Gelegenheit, weder in der Lehre noch in irgendeiner
mündlichen oder schriftlichen Form, davon abweiche. So gelobe ich, so schwöre
ich, so wahr mir Gott helfe und diese heiligen Evangelien Gottes.
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Totenmaske von Pius X. |