Mittwoch, 7. November 2018

Leben und Wirken des hl. Willibrord in den Fenstern der Echternacher Basilika (1)

Traumgesicht der Mutter des hl. Willibrord

Das erste Fenster  ist im rechten Seitenschiff gleich beim Eingang.
Die Komposition befasst sich mit Willibrords Geburt und Erziehung. Im unterne Teil der drei mittleren Lanzetten, erkennen wir, auf ihrem Nachtlager ausgestreckt, Willibrords Mutter, deren Name nicht überliefert ist. Die geschlossenen Augen machen deutlich, dass sie schläft. Ihre ausgebreiteten Arme und erhobenen Hände drücken wohl die Bereitschaft zur Befolgung des göttlichen Willens aus. Am Fußende wacht ein Hund, Symbol der ehelichen Treue. Am Himmel erscheinen mehrere Gestirne und der Vollmond. Von diesem gehen Strahlen aus und berühren den Mund der Schlafenden.
Das ganze Bild zeigt ein Traumgesicht, das die Frau sich von einem frommen Priester deuten lässt. Dieser teilt ihr mit, dass sie soeben einen Sohn empfangen hat, der laut Alkuin "mit dem Licht der Wahrheit die Irrtümer der Finsternis zersprengen" wird. Thiofrid deutet: "Die Mondkugel... ist dein strahlender Sohn, den du Segensreiche empfangen hast... Dieser wird durch den strahlenden Glanz seiner Lauterkeit helles Licht ergießen auf die Geister der fleischlich Gesinnten... Durch den Glanz seines wunderbaren Werkes wird er wie durch die Sonne, wenn sie im Zenit ihre Strahlen aussendet, durch das Licht seines lobenswerten Rufs wie durch den Mund, der dem Licht folgt, in dieser nächtlichen Dämmerung des irdischen Daseins einen glanzvollen Namen besitzen. ...Er wird.... glänzender strahlen als die geheimnisvollen Gestirne des Firmaments."

(..) Das historische Ereignis tritt ein im Jahr 658 an einem nicht näher bekannten Ort des Königreiches Northumbrien, einem jener sieben Staaten, in die England damals aufgeteilt ist. Willibrords Vater heißt Wilgis (Wilgils, Willigis) und ist sächsischer Herkunft. Er gehört also zu einem jener germanischen Stämme, die sich im Zuge der Völkerwanderungen auf der Insel Britannien niedergelassen haben. Diese Sachsen waren Heiden, deren Bekehrung zum christlichen Glauben erst am Anfang des 7. Jahrhunderts erfolgte. Nach der Geburt erhält der Knabe den Namen Willibrord, was bedeutet "starke Schwertspitze".

Willibrod wird im Kloster aufgenommen, Echternach

Willibrords Eltern waren zweifellos tiefgläubige, fromme Menschen, denn sie bringen ihr Kind schon früh, etwa im Alter von sechs Jahren, als Oblaten in das Kloster von Ripon. Die Übergabe an das Kloster bedeutete auch Zugang zu Bildung und Wissen, wie sie nur in solchen Kreisen zu finden waren. (..) Da die Einrichtung der Oblation zu zahlreichen Missbräuchen führte, wurde sie übrigens im 10./11. Jahrhundert im Rahmen der cluniazensischen Reform abgeschafft.

In der mittleren Lanzette steht oben der Klostervorsteher, der berühmte Wilfrid von York, die Rechte zum Segen erhoben, in der Linken die Oblationsurkunde haltend. Links neben ihm steht ein Krieger mit Lanze, vielleicht auch als Allegorie der Tapferkeit und Stärke zu deuten, davor zwei Mönche, der eine mit dem Abtstab, der andere mit einem aufgeschlagenen Buch, in dem die Worte "Te igitur" zu lesen sind. Es handelt sich dabei um den Anfang des römischen Kanongebetes, das vermutlich den Opfercharakter der Szene unterstreichen soll.
Rechts kniet schließlich der Knabe Willibrord, seine Mutter hat eine Hand auf seinen Arm gelegt, die andere streckt sie dem Abt entgegen, der im Namen Gottes das Kind aufnimmt. Der Vater steht in Ritterrüstung dahinter. Die Kleidung deutet die vornehme Herkunft und die Tätigkeit im Dienst bzw. in der Umgebung des Königs an.


Die linke Lanzette zeigt die Tonsurierung des inzwischen herangewachsenen Willibrord. Mit einer Schere werden ihm die Haupthaare abgeschnitten. Damit wird er in den Klerikerstand aufgenommen. Auffallend ist, dass der Schnitt nach der römischen Gepflogenheit erfolgt, daß heißt außer einem Kranz wird das gesamte Haar entfernt. Dieses Detail verweist auf die Romtreue des Klosters Ripon. Es gab nämlich in dieser Zeit in der englischen Kirche auch Anhänger iroschottischer Gebräuche, die eine andere Form der Tonsur, ein anderes Osterdatum und andere Riten bei der Taufe und der Eucharistie verteidigten. Die bedingungslose Ausrichtung auf Rom wird das ganze Leben Willibrords entscheidend prägen.

Wilgis, der Vater von Willibrod als Einsiedler, Echternach


Ganz rechts schließlich erscheint Willibrords Vater Wilgis als Einsiedler. Nach dem frühen Tod seiner Frau hat er sich als Einsiedler an die Mündung des Humberflusses zurückgezogen. In einem dem heiligen Apostel Andreas geweihten Gotteshaus widmet er sich der Entsagung und dem Gebet. Da sein Vorbild auf seine Zeitgenossen einen tiefen Eindruck machte, schlossen sich ihm Gleichgesinnte an und so entstand eine Klostergemeinschaft. Nach seinem Tod wurde Wilgis als Heiliger verehrt. Die Echternacher Mönche feiern sein Fest jedes Jahr am 30. Januar.
(aus: das Leben und Wirken des heiligen Willibrord dargestellt in den Seitenschifffenstern der Echternacher Basilika, 16f)

In der Basilika des hl. Willibrord in Echternach


Geburt und Erziehung des hl. Willibrord, Theodore Hanssen (1885-1957), gefertigt 1950-52, Echternach

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