Pfarrkirche Maria Roggendorf |
Auch im
Abendmahlssaal zu Jerusalem, im „Obergemach, wo sie [die Jünger Jesu] nun
ständig blieben“ (vgl. Apg 1,13), ist sie dabei, in einem Klima des Zuhörens
und des Gebets, bevor die Türen sich öffnen und die Apostel hinausgehen, um
allen Völkern Christus, den Herrn, zu verkünden und sie zu lehren, seine Gebote
zu beachten (vgl. Mt 28,19-20).
Die Etappen im Lebensweg Mariens, vom Haus zu
Nazareth bis in jenes zu Jerusalem, über das Kreuz, wo der Sohn ihr den Apostel
Johannes anvertraut, sind gezeichnet von ihrer Fähigkeit, die innere Sammlung
zu bewahren, um jedes Ereignis in der Stille ihres Herzens, vor Gott zu
meditieren (vgl. Lk 2,19-51) und durch die Meditation vor Gott auch Gottes
Willen zu begreifen und fähig zu werden, ihn innerlich zu akzeptieren.
Die
Gegenwart der Muttergottes bei den elf Aposteln, nach Christi Himmelfahrt, ist
daher mehr als eine geschichtliche Anekdote; sie ist von hoher Bedeutsamkeit,
weil sie mit den Aposteln das Kostbarste teilt, was es gibt: die lebendige
Erinnerung an Jesus im Gebet; sie teilt mit ihnen eine von Jesus anvertraute
Mission: die Erinnerung an Jesus und damit seine Gegenwart aufrecht zu
erhalten.
Die
letzte Erwähnung Mariens in den beiden Schriften von Lukas bezieht sich auf
einen Samstag: den Tag, an dem Gott nach der Erschaffung der Welt ruhte; der
Tag der Stille nach dem Tode Jesu, in Erwartung seiner Auferstehung. In dieser
Episode wurzelt die Tradition des Gedächtnisses der seligen Jungfrau Maria am
Samstag.
Zwischen der Himmelfahrt des Auferstandenen und dem ersten
christlichen Pfingstfest versammeln sich die Apostel mit Maria, um gemeinsam
die Gabe des Heiligen Geistes zu empfangen, ohne den man nicht Zeuge werden
kann. Sie, die ihn schon empfangen hat, um das menschgewordene Wort zu gebären,
teilt mit der ganzen Kirche die Erwartung dieser selben Gabe, damit im Herzen
jedes Gläubigen „Christus Gestalt annimmt“ (vgl. Gal 4,19).
Wenn es ohne
Pfingsten keine Kirche gibt, gibt es ohne Maria kein Pfingsten, denn sie hat
auf einzigartige Weise erlebt, was die Kirche jeden Tag unter der Wirkung des
Heiligen Geistes erfährt. Der heilige Chromatius von Aquileia schreibt über
diesen Passus der „Apostelgeschichte“: „So versammelte sich also die Kirche im
Zimmer im Obergeschoss zusammen mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen
Brüdern. Man könnte sie nicht Kirche nennen, wenn nicht Maria zugegen wäre, die
Mutter des Herrn… Die Kirche Christi ist dort, wo die Menschwerdung Christi aus
der Jungfrau verkündet wird; und wo die Apostel verkünden, dort hört man das
Evangelium“ (Sermo 30,1: SC 164, 135).
Das Zweite Vatikanische Konzil hat auf
besondere Weise diese Beziehung hervorheben wollen, die im gemeinsamen Beten
von Maria und den Aposteln deutlich wird, die zusammen am selben Ort auf den
Heiligen Geist warten. Die dogmatische Konstitution „Lumen gentium“ erklärt:
„Da es aber Gott gefiel, das Sakrament des menschlichen Heils nicht eher
feierlich zu verkünden, als bis er den verheißenen Heiligen Geist ausgegossen
hatte, sehen wir die Apostel vor dem Pfingsttag ‚einmütig in Gebet verharren
mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern‘ (Apg 1,14) und
Maria mit ihren Gebeten die Gabe des Geistes erflehen, der sie schon bei der Verkündigung
überschattet hatte“ (Nr. 59). Der bevorzugte Ort Mariens ist die Kirche, wo sie
„als überragendes und völlig einzigartiges Glied… wie auch als ihr Typus und
klarstes Urbild im Glauben und in der Liebe“ anerkannt ist (ebd., Nr. 53).
Hochaltarbild, Pfingsten, Maria Roggendorf |
Die
Mutter Jesu in der Kirche verehren bedeutet daher, von ihr zu lernen, betende
Gemeinschaft zu sein: dies ist eines der wesentlichen Merkmale der ältesten
Beschreibung der christlichen Gemeinde, wie sie in der „Apostelgeschichte“
enthalten ist (vgl. 2,42). Oft entspringt das Gebet schwierigen Lebenslagen
oder persönlichen Problemen, die uns dazu bewegen, uns in der Suche nach
Erleuchtung, Trost und Hilfe an den Herrn zu wenden.
Maria lehrt uns, den
Horizont unseres Betens zu erweitern, uns nicht nur in der Not und für uns
selber an Gott zu wenden, sondern gemeinschaftlich, beharrlich, treu, „ein Herz
und eine Seele“ mit der Gemeinde (vgl. Apg 4,32).
Liebe
Freunde, das Leben des Menschen durchläuft verschiedene Übergangsphasen, die
oft schwierig sind und unumgängliche Entscheidungen, Verzichte und Opfer
erfordern. Die Mutter Jesu wurde vom Herrn in entscheidende Momente der
Heilsgeschichte hineinversetzt und hat es immer verstanden, sich bereitwillig
zur Verfügung zu stellen, und das dank ihrer tiefen Verbindung mit Gott, die im
beständigen und intensiven Gebet herangereift war. Zwischen dem Freitag der
Passion und dem Sonntag der Auferstehung war ihr der geliebte Jünger anvertraut
worden, und mit ihm die ganze Gemeinde der Jünger (vgl. Joh 19,26).
Zwischen
Himmelfahrt und Pfingsten befindet sie sich „mit“ und „in“ der Kirche im Gebet
(vgl. Apg 1,14). Als Mutter Gottes und Mutter der Kirche, übt Maria ihre
Mutterschaft bis ans Ende der Geschichte aus. Ihr wollen wir jede
Übergangsphase unseres persönlichen und kirchlichen Lebens anvertrauen, nicht
zuletzt unseren letzten Übergang.
Maria lehrt uns die Notwendigkeit des Gebets
und zeigt uns, dass wir nur durch eine fortwährende, tiefe, liebevolle
Beziehung zu ihrem Sohn aus „unserem Haus“, aus uns selbst herausgehen können,
um bis an die Grenzen der Welt zu gehen und überall den Herrn Jesus Christus zu
verkünden, den Erlöser der Welt. Danke.
(Katechese von Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 14.3.2012)
Gnadenbild von Maria Roggendorf |
Maria, Braut des Heiligen Geistes,
bitte für uns!
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