Dienstag, 13. September 2022

Über das Priestertum - Johannes Chrysostomus

 

Johannes Chrysostomus, Kathedrale von Ely

Ehrwürdiger Vater, Sie haben viel über das Priestertum nachgedacht und Texte geschenkt, die in unvergleichlicher Weise die Größe dieses Geheimnisses ausdrücken. In der schweren Krise der Kirche heute ist das Priestertum ein Zankapfel geworden. Ein Angriff folgt dem anderen, auch aus der Hierarchie, während Fragen wie der Zölibat, die wir für ausdiskutiert hielten, erneut zur Debatte stehen. Dennoch kommen die geistlichen Gefahren, denen der Priester täglich ausgesetzt ist und die Sie genau kennen, nur selten zur Sprache.

Ja, ich kenne die Größe dieses Amtes und die damit verbundenen Schwierigkeiten. Der Geist eines Priesters ist heftigeren Stürmen ausgesetzt als die offene See. Und zu allem kommt die schreckliche Gefahr der Ruhmsucht, die gefährlicher ist als die von Dichtern erdachten Sirenen.

Sie haben die «Bestien» beschrieben, die Priester belauern. Können Sie uns erklären, welche das sind?

Zorn, Traurigkeit, Neid, Zwietracht, Verleumdung, Anklagen, Lüge, Heuchelei, Heimtücke, Verwünschungen gegen jene, die sich nichts zuschulden kommen ließen, Freude über die Mühsal der Amtsträger, Trauer über ihre treue Pflichterfüllung, das Gelobt-werden-wollen, Prestigedenken, die Lehre auf den Geschmack des Publikums herunterbrechen, Schmeicheleien, Geschwätz, Missachtung der Armen, Willfährigkeit gegenüber den Reichen, unbedachte Ehrungen und schädliche Gunst, die für diejenigen, die sie anderen erweisen, ebenso gefährlich sind wie für jene, die sie erhalten.

Stichwort Angst: Was können Sie uns dazu sagen?

Priester sollen sich vor der knechtischen Furcht hüten, die nur den schlechtesten Sklaven zukommt: der Furcht, sie könnten nicht frei sprechen und einer zur Schau getragenen Demut, die nicht der Wirklichkeit entspricht. Sie sollen sich davor fürchten, gar nicht zu tadeln und zu strafen oder die Niedrigen übermäßig zu strafen und zu tadeln, gegenüber den Mächtigen aber den Mund nicht aufzutun.

Warum fürchten sich die Prälaten so davor, ihre Stimme zu erheben, um die Wahrheit zu verteidigen?

Weil jeder, der argwöhnisch fürchtet, seinen Posten zu verlieren, elend versklavt ist und sich geradezu verpflichtet sieht, Gott und die Menschen zu beleidigen.

Die Missbrauchskrise, die Zerstörung der Liturgie, die schlechte Ausbildung vieler Priester und die Verweltlichung mancher Geistlicher hat die Wahrnehmung der Würde des Priestertums verdunkelt. Es gibt viele gute Priester, aber auch viel Unwissen über das Geschenk des Priestertums.

Bedenkt man, was es für einen Mann aus Fleisch und Blut bedeutet, der seligen und reinsten Natur so nahekommen zu dürfen, kann man verstehen, welch große Ehre der Heilige Geist den Priestern erweist.

Und das große Geschenk, das dieser Schatz für die Kirche ist.

Sicher. Ohne das würdevolle Amt des Priestertums könnten wir nicht gerettet werden noch die versprochenen Güter erlangen. Wenn niemand ins Himmelreich kommt, der nicht aus Wasser und Heiligem Geist neu geboren wurde, wenn keinen Anteil am ewigen Leben hat, wer nicht den Leib des Herrn isst und sein Blut trinkt und das alles nur durch die Hände des Priesters geschehen kann – wie könnte er dem Feuer der Hölle entrinnen und zur Herrlichkeit gelangen, die uns bereitet ist?

Priester zeugen uns in geistlicher Weise, sie bringen uns durch die Taufe zur Welt. Durch sie ziehen wir Christus an, werden mit dem Sohn Gottes verbunden und werden Glieder jenes seligen Hauptes.  Sie verdienten mehr Achtung als Würdenträger und Könige, und es wäre sogar angemessen, ihnen mehr Ehre zu erweisen als unseren Eltern. Denn die Eltern zeugen uns durch den Willen des Fleisches, die Priester sorgen dafür, dass wir aus Gott geboren werden.

(aus der TAGESPOST, gefunden in: augustinusde)

Ely Cathedral

Nach seinem Österreichbesuch im September 2007 hat Papst Benedikt XVI. zweimal über den Hl. Johannes Chrysosomus gesprochen: Teil 1, und Teil 2

Osterpredigt, Glasfenster in Ely

Am Grab des hl. Johannes Chrysostomus im Petersdom

Buße und Umkehr (Pusey House, Oxford)

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