Kathedrale von Amiens |
Die im Jahr 1073 (oder 1075) gegründete ehemalige Abtei Saint Martin aux Jumeaux wurde im Zuge der Französischen Revolution aufgelöst. 1860 riß man das Gebäude ab und ersetzte es durch das heutige Gerichtsgebäude. Bereits im 5. Jahrhundert war an dieser Stelle, wo der heilige Martin seinen Mantel mit einem Bettler geteilt hatte, eine Kapelle zu Ehren des hl. Martin errichtet worden. Hier, unweit der später errichteten Kathedrale, befand sich das Stadttor, wo die wohl bekannteste Tat des hl. Martin stattfand:
Einmal, er besaß schon nichts mehr als seine Waffen
und ein einziges Soldatengewand, da begegnete ihm im Winter, der ungewöhnlich
rauh war, so daß viele der eisigen Kälte erlagen, am Stadttor von Amiens ein notdürftig bekleideter Armer. Der flehte die Vorübergehenden um Erbarmen
an. Aber alle gingen an dem Unglücklichen vorbei. Da erkannte der Mann voll des
Geistes Gottes, daß jener für ihn vorbehalten sei, weil die andern kein
Erbarmen übten. Doch was tun? Er trug nichts als den Soldatenmantel, den er
umgeworfen, alles Übrige hatte er ja für ähnliche Zwecke verwendet. Er zog also
das Schwert, mit dem er umgürtet war, schnitt den Mantel mitten durch und gab
die eine Hälfte dem Armen, die andere legte er sich selbst wieder um.
Da fingen
manche der Umstehenden an zu lachen, weil er im halben Mantel ihnen
verunstaltet vorkam. Viele aber, die mehr Einsicht besaßen, seufzten tief, daß
sie es ihm nicht gleich getan und den Armen nicht bekleidet hatten, zumal sie
bei ihrem Reichtum keine Blöße befürchten mußten.
In der folgenden Nacht nun
erschien Christus mit jenem Mantelstück, womit der Heilige den Armen bekleidet
hatte, dem Martinus im Schlafe. Er wurde aufgefordert, den Herrn genau zu
betrachten und das Gewand, das er verschenkt hatte, wieder zu erkennen. Dann
hörte er Jesus laut zu der Engelschar, die ihn umgab, sagen: "Martinus,
obwohl erst Katechumene, hat mich mit diesem Mantel bekleidet". Eingedenk
der Worte, die er einst gesprochen: "Was immer ihr einem meiner Geringsten
getan, habt ihr mir getan", erklärte der Herr, daß er im Armen das Gewand bekommen habe. Um das Zeugnis
eines so guten Werkes zu bekräftigen, würdigte er sich in dem Gewände, das der
Arme empfangen hatte, zu erscheinen.
Trotz dieser Erscheinung verfiel der
selige Mann doch nicht menschlicher Ruhmsucht, vielmehr erkannte er in seiner
Tat das gütige Walten Gottes und beeilte sich, achtzehnjährig, die Taufe zu
empfangen. Er entsagte jedoch dem Heeresdienst noch nicht sogleich, da er den
Bitten seines Tribuns nachgab, mit dem er in vertrauter Kameradschaft
zusammenlebte. Denn jener versprach, nach Ablauf seiner Dienstzeit als Tribun
der Welt den Rücken zu kehren. Durch diese Zusage ließ sich Martinus bestimmen,
noch ungefähr zwei Jahre lang nach seiner Taufe,
freilich nur dem Namen nach, zu dienen.
(Leben des hl. Martin, Sulpicius Severus)
Relief der Mantelteilung, Amiens |
Hier war die Abtei St. Martin aux Jumeaux, gegründet 1075, wo diese Inschrift zu lesen war: hier teilte der heilige Martin seinen Mantel im Jahre 337 (mit ca. 21 Jahren), Justizpalast |
HIER!: Relief der Mantelteilung, Justizpalast, Amiens (damit ihr den Ort findet und nicht umherirrt wie ich) |
Kathedrale von Amiens |
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