Samstag, 29. Juni 2019

Petrus und Paulus

Apostel Petrus und Paulus, Notre Dame du Sablon, Brüssel



Liebe Brüder und Schwestern!
Das Fest der heiligen Apostel Petrus und Paulus ist zugleich ein dankbares Gedächtnis der großen Zeugen Jesu Christi und ein feierliches Bekenntnis zur einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Es ist vor allem ein Fest der Katholizität. Das Zeichen von Pfingsten – die neue Gemeinschaft, die in allen Sprachen spricht und alle Völker in einem einzigen Volk, in einer Familie Gottes vereint –, dieses Zeichen ist Wirklichkeit geworden. Unsere liturgische Versammlung, zu der sich Bischöfe aus allen Teilen der Welt, Menschen vielfältiger Kulturen und Nationen eingefunden haben, ist ein Bild der über die ganze Erde verteilten Familie der Kirche. Fremde sind zu Freunden geworden; jenseits aller Grenzen erkennen wir uns als Brüder und Schwestern an. Damit ist die Mission des hl. Paulus erfüllt, der wußte, daß »als Diener Christi Jesu unter den Heiden zu sein…, eine Opfergabe [darstellt], die Gott gefällt, geheiligt im Heiligen Geist« (Röm 15,16).

Das Ziel der Mission ist eine Menschheit, die selbst zu einer lebendigen Verherrlichung Gottes geworden ist, die wahre Verehrung, die Gott erwartet: Das ist der tiefste Sinn der Katholizität – einer Katholizität, die uns schon geschenkt wurde und zu der wir uns doch immer wieder auf den Weg machen müssen. Katholizität ist nicht nur Ausdruck einer horizontalen Dimension, also die Versammlung vieler Menschen in der Einheit; sie drückt auch eine vertikale Dimension aus: Nur dadurch, daß wir den Blick auf Gott richten, nur dadurch, daß wir uns ihm öffnen, können wir wirklich zu einer Einheit werden. Wie Paulus kam auch Petrus nach Rom, in die Stadt, die zum Ort geworden war, wo alle Völker zusammentrafen, und die eben deshalb eher als jede andere Ausdruck der Universalität des Evangeliums werden konnte. Als er die Reise von Jerusalem nach Rom unternahm, wußte er sich mit Sicherheit von den Stimmen der Propheten, vom Glauben und vom Gebet Israels geleitet. Die Entsendung in die ganze Welt ist nämlich auch Teil der Verkündigung des Alten Bundes: Das Volk Israel war dazu bestimmt, Licht für die Völker zu sein. Der große Psalm der Passion, Psalm 22, dessen ersten Vers »Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?« Jesus am Kreuz laut gerufen hat, endet mit der Vision: »Alle Enden der Erde werden umkehren zum Herrn: Vor ihm werfen sich alle Stämme der Völker nieder« (Ps 22,28). Als Petrus und Paulus nach Rom kamen, war der Herr, der diesen Psalm am Kreuz zu sprechen begonnen hatte, auferstanden; dieser Sieg Gottes mußte nun allen Völkern verkündet werden, wodurch die Verheißung, mit der der Psalm schloß, erfüllt wurde.

Katholizität bedeutet Universalität – Vielfalt, die zur Einheit wird; Einheit, die dennoch Vielfalt bleibt. Aus dem Wort des Paulus über die Universalität der Kirche haben wir schon ablesen können, daß zu dieser Einheit die Fähigkeit der Völker zur Selbstüberwindung gehört, um auf den einzigen Gott zu blicken.

Der eigentliche Begründer der katholischen Theologie, der hl. Irenäus von Lyon, hat im 2. Jahrhundert diese Verbindung zwischen Katholizität und Einheit sehr schön ausgedrückt: »Diese Lehre und diesen Glauben bewahrt die Kirche, die sich über die ganze Welt erstreckt, sorgfältig und bildet gleichsam eine einzige Familie: derselbe Glaube mit einer einzigen Seele und einem einzigen Herzen, dieselbe Verkündigung, Lehre, Tradition, als hätte sie nur einen einzigen Mund. Unterschiedlich sind die Sprachen der verschiedenen Regionen, aber es wirkt ein und dieselbe Kraft der Tradition. Die Kirchen Germaniens haben ebenso wenig einen anderen Glauben oder eine andere Tradition wie jene in Spanien, Gallien, Ägypten, Libyen, im Osten oder im Zentrum der Erde; wie die Sonne als Geschöpf Gottes eine einzige und die gleiche in der ganzen Erde ist, so strahlt das Licht der wahren Verkündigung überall und erleuchtet alle Menschen, die zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen wollen« (Adversus haereses I,10,2).

Die Einheit der Menschen in ihrer Vielfalt ist möglich geworden, weil Gott, dieser eine Gott des Himmels und der Erde, sich uns gezeigt hat; weil die wesentliche Wahrheit über unser Leben, über unser »Woher?« und »Wohin?« sichtbar geworden ist, als er sich uns zeigte und in Jesus Christus uns sein Angesicht, sich selbst, sehen ließ. Diese Wahrheit über das Wesen unseres Seins, über unser Leben und unser Sterben, eine Wahrheit, die von Gott her sichtbar geworden ist, vereint uns und läßt uns zu Brüdern werden. Katholizität und Einheit gehören zusammen. Und die Einheit hat einen Inhalt: den Glauben, den die Apostel uns im Auftrag Christi übermittelt haben.

(Papst Benedikt XVI., aus der Predigt zum Hochfest der hll. Apostel Petrus u. Paulus, 29. Juni 2005)



Hochfestessen

Notre Dame du Sablon, Brüssel

Hochfestmusik

Der Gedenktag Unbeflecktes Herz Mariä entfällt in diesem Jahr

aber nicht bei mir




Liebe Brüder und Schwestern!

Am Freitag haben wir das Hochfest vom Heiligsten Herzen Jesu gefeiert. Die Andacht zum Herzen Jesu ist im christlichen Volk weit verbreitet. In der Sprache der Bibel bezeichnet das "Herz" das Innerste der Person, den Sitz ihrer Gefühle und Absichten. Im Herzen unseres Erlösers verehren wir die Liebe Gottes zur gesamten Menschheit, seinen Willen zur allgemeinen Erlösung, seine unendliche Barmherzigkeit. Die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu bedeutet also, dieses Herz zu verehren, das, nachdem es uns bis zur Vollendung geliebt, von einer Lanze durchbohrt wurde und Blut und Wasser Kreuz herab verströmte – unerschöpfliche Quelle neuen Lebens.

Dieser Festtag war zugleich der Welttag zur Heiligung der Priester: eine großartige Gelegenheit, um darum zu beten, dass die Priester nichts der Liebe Christi vorziehen.

(.....)


Das Herz, das dem Herzen Jesu Christi am meisten ähnelt, ist zweifellos das Herz Mariens, seiner unbefleckten Mutter. Genau aus diesem Grund lädt uns die Liturgie dazu ein, sie zu verehren. In Antwort auf die Einladung der Jungfrau von Fatima wollen wir ihrem Unbefleckten Herzen, das wir gestern auf besondere Weise betrachtet haben, die ganze Welt anvertrauen, damit sie die barmherzige Liebe Gottes und den wahren Frieden erfahren möge.


(Papst Benedikt zum Angelus am 6. Juni 2005) 


V./ A. Herr, erbarme Dich unser V./ A. Christus, erbarme Dich unser
V./ A. Herr, erbarme Dich unser
V./ A. Christus höre uns
V./ A. Christus erhöre uns

V. Gott Vater Vater vom Himmel A. erbarme Dich unser. Gott Sohn, Erlöser der Welt A. erbarme Dich unser.
Gott Heiliger Geist A. erbarme Dich unser.
Heiligste Dreifaltigkeit A. erbarme Dich unser.


V. Herz Mariä, unbefleckt vom ersten Augenblick an A. bitte für die Sünder. V. Herz Mariä, voll der Gnade A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, gesegnet unter allen Herzen A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Tempel der Heiligsten Dreifaltigkeit A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, gleichförmig mit dem Herzen Jesu A. erbarme Dich unser!
V. Herz Maria, Wohlgefallen deines Sohnes Jesus A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Abgrund der Demut A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Sitz der Barmherzigkeit A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Meer der Güte A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, brennender Feuerofen der Liebe A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Wunder der Reinheit und Unschuld A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, in dem das Blut Jesu Christi, der Kaufpreis unserer Erlösung, gebildet wurde A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, das für die Sünder um Gnade fleht A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, das die Worte Jesu treu bewahrte und erwog A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, mit dem Schwert des Leidens durchbohrt A. erbarme Dich unser! V. Herz Mariä, Trost der Betrübten A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Zuflucht der Sünder A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Hoffnung und Schutz deiner Verehrer A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Beistand der Sterbenden A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Wonne aller Heiligen A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Vermittlerin aller Gnaden A. erbarme Dich unser!
V. Herz Mariä, Hilfe der Sterbenden A. erbarme Dich unser!


V. O Du Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt, A. verschone uns, o Herr.
V. O Du Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt,
A. erhöre uns, o Herr.
V. O Du Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt,
A. erbarme Dich unser.


V. Heiligstes Herz Mariä, bitte für uns!
A. Auf dass wir würdig werden, dich von ganzem Herzen zu lieben!   V.Lasset uns beten!

O Gott, Du hast zur Rettung der Sünder dem Unbefleckten Herzen Mariä eine heilige Gleichförmigkeit der Liebe und des Erbarmens mit dem anbetungswürdigen Herzen Deines göttlichen Sohnes Jesus Christus gegeben. Wir verehren dieses Heilige und Unbefleckte Herz und bitten Dich: Laß uns durch seine Verdienste dem göttlichen Herzen Jesu gleichförmig werden. Mögen viele Sünder auf die Fürbitte des Unbefleckten Herzens Mariä den Weg der Sünde verlassen und glücklich im Herzen Gottes Heil und Rettung finden. Das erbitten wir durch unseren Herrn Jesus Christus, der mit Dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
A. Amen.
(Kathpedia)


Darstellungen der Dreifaltigkeit, des Herzens Jesu und des Herzens Mariens, Kathedrale von Malaga

Freitag, 28. Juni 2019

Es ist mein fester Entschluss, Ihm ganz anzugehören




Im 17. Jahrhundert hatte Margareta Maria Alacoque im Kloster Paray-le-Monial beeindruckende Visionen. Sie erblickte das Bild des göttlichen Herzens auf einem flammenden Thron, um das Herz war eine Dornenkrone gewunden.
Die Patres der Gesellschaft Jesu gaben sodann 1767 an Pompeo Girolamo Battoni den Auftrag, für die Kirche del Gesù in Rom ein Herz-Jesu-Bild zu malen; dieses trug zur Verbreitung der Verehrung des Herzens Jesu in hohem Maße bei, denn es wurde immer wieder nachgeahmt.

Hier wird Christus als Brustbild abgebildet mit blau changierendem Gewand, darüber findet sich ein roter gefältelter Umhang. Das Antlitz Christi verkörpert Menschlichkeit, der Blick der Augen ist weit geöffnet und mild, — Christus lächelt hier im Unterschied zum römischen Original. Der Blick trifft den Betrachter unvermittelt und persönlich und fordert zur meditativen Besinnung und Betrachtung auf. Christus ist mit Bart dargestellt, die brunett gewellten Haare reichen bis zur Schulter, das Haupt ist von einer Strahlenglorie umgeben. Mit seiner linken Hand hält er ein Herz, welches aus einer Schnittwunde blutet; das Herz ist von einem doppelten Dornenkranz umfasst, darüber und seitwärts steigen lodernde Flammen empor, welche vom Kreuz Christi bekrönt werden. Vom Herz mit seinen lichten Flammen werden Lichtstrahlen ausgesandt, welche auf die Heiligkeit des Herzens Jesu hinweisen. Die rechte, kunstvoll, wie manieristisch gemalte Hand weist — interessanterweise mit der Handfläche, wo sich auch das Wundmal befindet — auf das Herz hin; die Lichtmetaphorik spielt eine große Rolle, währenddessen der Hintergrund des Bildnisses dunkel gehalten ist.

Battoni hat das mystische Bild Christi der Barockzeit komponiert. Das Bild in der Innsbrucker Jesuitenkirche - Universitätskirche begegnet dem Betrachter nicht apersonal und entrückt, sondern spricht die Seele an, das Herz Jesu wird zur Anbetung und zum Austausch des Herzens dargebracht.

(Quelle: Martina Egger, Jesuitenkirche Innsbruck)




Weihegebet an das Heiligste Herz Jesu

Ich weihe und übergebe dem heiligsten Herzen meines Herrn Jesus Christus mich selbst und mein Leben, alle meine Handlungen, Beschwerden und Leiden, mein Lieben und Arbeiten, damit alles, was ich bin und habe, mir dazu diene, Sein heiligstes Herz zu ehren und zu lieben.

Es ist mein fester Entschluss, Ihm ganz anzugehören, alles aus Liebe zu Ihm zu tun und allem zu entsagen, was ihm missfallen oder widerstehen könnte.
Daher erwähle ich Dich, O allerheiligstes Herz Jesu, zu meiner ganzen Liebe, zum Beschützer meines Lebens, zur Sicherheit meines Heiles, zur Stärke in meiner Schwachheit und Unbeständigkeit und zur Sühne für alle Sünden meines ganzen Lebens.

O Herz der Milde und Güte, sei Du meine Zuflucht in der Stunde meines Todes, sei meine Rechtfertigung vor Gott.
O Herz der Liebe, auf Dich setz ich all mein Vertrauen. Von meiner Schwachheit und Bosheit fürchte ich alles, aber von Deiner Liebe hoffe ich auch alles. So tilge denn in mir, was Dir missfallen oder widerstehen kann. Deine reine Liebe durchdringe so tief mein Herz, dass ich Deiner niemals vergessen und von Dir mich niemals trennen kann.
O mein Heiland, ich bitte dich bei all deiner Liebe, dass mein Name eingeschrieben sei in Deinem heiligsten Herzen; denn mein Glück und meine Ehre soll es sein, in Deinem Dienste zu leben und zu sterben. Amen.

(Hl. Margareta Maria Alaquoque)

Herz-Jesu Bild, Jesuitenkirche, Innsbruck

Hirten nach dem Herzen Jesu




Liebe Weihekandidaten!
Liebe Brüder und Schwestern!

Nur eines erwartet Jesus von Euch! Nur eines ist wirklich wichtig für die Kirche, für die Gemeinden, in denen ihr Dienst tun werdet, nur eines ist letztlich bedeutsam für eine Sendung zu den Menschen: dass ihr Hirten nach dem Herzen Jesu seid.

Das Presbyterium unserer Erzdiözese ist bunt. Da gibt es Diözesanpriester und Ordenspriester, im Verhältnis von etwa 55 zu 45 Prozent, und es gibt hier an die 60 verschiedenen männlichen Ordensgemeinschaften, etwa ebenso viele weibliche. Welch große Vielfalt an Charismen! Und nicht wenige gemeinsame Sorgen. Was wäre unsere Diözese ohne diesen großen bunten Garten an geistlichen Gemeinschaften! Dazu kommen die neuen geistlichen Bewegungen mit ihren geistlichen Früchten. Eine ist der neokatechumenale Weg, dem einer unserer Kandidaten seine Priesterberufung verdankt. Das Presbyterium ist auch bunt bezüglich der Herkunftsländer. Schon fast ein Drittel der Diözesan- und Ordenspriester kommen aus anderen Ländern, Sprachen und Kulturen. Aber auch eine weitere Buntheit zeigt sich bei uns: es gibt ehelose und verheiratete Priester. Die Priester des lateinischen Ritus sind ehelos, die der östlichen Riten sind zum Teil verheiratet. Unter den heutigen Weihekandidaten ist einer, der evangelischer Pfarrer war und der, wie das in den letzten Jahrzehnten immer wieder geschehen ist, vom Heiligen Vater die Zulassung zur Priesterweihe erhielt, wohl auch ein Zeichen dafür, dass sein langjähriges evangelisches Pfarramt von der Katholischen Kirche als geistliches Amt eine gewisse Anerkennung erfährt.

Ja, bunt ist auch die Gruppe unserer sieben Weihekandidaten: Österreich, Polen, Brasilien, unterschiedlichste Wege hin zum gemeinsamen Ziel.

Ist diese Vielfalt nicht auch verwirrend? Wohin führt der Weg unserer Kirche? Wird die Vielfalt noch größer? Dazu zwei Worte der Orientierung:

1.) Ja, die Vielfalt wird größer. Wir leben und erleben Weltkirche im Kleinen: die anderssprachigen Gemeinden sind in unserer Erzdiözese ein wachsender Anteil. Sie sind Teil der Kirche von Wien. Sie sind zum Teil die Zukunft der Kirche bei uns. Sie bringen uns viel. Sie empfangen auch manches von uns. Wir gehören zusammen und wollen mehr zusammenwachsen.

2.) Die Kirche kann nicht leben ohne Priester. Wir wollen Priester! Wir suchen sie und hoffen auf sie. Auch aus unseren Gemeinden. Auch aus unseren Familien. Ich hoffe auf Seminaristen auch aus unseren anderssprachigen Gemeinden.

Das allerwichtigste aber ist etwas anderes. Nicht In- oder Ausländer, Diözesan- oder Ordenspriester ist das Entscheidende. Auch nicht ob jung oder alt, Früh- oder Spätberufener. Nur eines ist wichtig: Dass er ein Hirte nach dem Herzen Jesu ist. Wenn er ein Hirte ist wie Jesus ihn sich wünscht, wird er die Sprache der Herzen finden, auch wenn sein Deutsch noch unvollkommen ist. Wenn er mit dem Herzen Jesu die Menschen sieht, wird er die Wege zu ihnen finden, auch wenn er aus einem anderen Kulturkreis kommt. Kulturen sind keine geschlossenen Welten. Sie sind zueinander offen. Vor allem aber: die Kultur, um die es geht, ist nicht ein vorgegebenes "Model", in das die "Fremden" hineingepresst werden müssen. Der Glaube schafft Kultur. Hirten nach dem Herzen Jesu bauen mit den Gläubigen eine andere Kultur, eine Kultur eines anderen Menschen- und Gemeinschaftsbildes. Immer deutlicher wird es: Christliche Gemeinschaften "kopieren" nicht eine bestehende Kultur, sondern "generieren" Kultur aus der Kraft des Glaubens.

Hirten nach dem Herzen Jesu werden aber auch auf die Herzenstöne der Kultur unseres Landes achten und sie aufgreifen.

Ja, Hirten nach den Herzen Jesu: das ist die wirkliche Herausforderung an uns Priester und auch an Euch, liebe Gläubige. Diese Hirten wachsen aus dem Glaubenszeugnis ihrer Familien, aus dem Vorbild anderer Priester, aus den Erfahrungen mit den Menschen und vor allem aus dem immer tieferen Hinhören auf den guten Hirten. "Auf Christus schauen" - das ist das Motto des Papstbesuches. Auf Christus schauen - das ist der Weg zu einer erfüllten, gelebten Hirtenschaft nach dem Herzen Jesu.

Gerne würde ich mit Euch, liebe Weihekandidaten, jetzt ausführlicher über den Hirtendienst nach Jesu Herz betrachten. Aber die große Hitze heute mahnt mich zur Barmherzigkeit. So will ich Euch eine "Hausaufgabe" mitgeben: das so starke und klare Kapitel von "Josef Ratzinger - Benedikt XVI., Jesus von Nazareth" über den Hirten zu lesen (317-331).

Auch ein Bischof darf für seine Predigt beim Papst Anleihen machen, was ich nun auch tue, indem ich nur abschließend Euch drei Betrachtungspunkte mitgebe:

1. Jesu große Hirtenrede beginnt mit dem überraschenden Wort: "Amen, Amen: Ich sage Euch: ich bin die Tür zu den Schafen" (Joh. 10,7). Der Hl. Vater schließt daraus: "Ob jemand ein wirklicher Hirte ist, zeigt sich darin, dass er durch Jesus als die Tür eintritt" (S. 321). Wer als Hirte der Herde Jesu vorangehen will, muss selber Jesus „nachfolgen" (Joh. 21,19).

2. Hirte und Herde müssen einander kennen: "… die Schafe folgen ihm, sie kennen seine Stimme" (Joh. 10,31). Die Herde ist nicht Eigentum des Hirten im Sinne Jesu. Je lebendiger die Gemeinschaft mit Christus, desto weniger "Klerikalismus" auf Seiten der Hirten, oder auch auf Seiten der Laien. Je deutlicher die Stimme des Hirten nicht seine, sondern die Christi ist, desto vertrauter klingt sie den Menschen.

3. Jesus ist Hirte und Lamm in eins: Sein Geheimnis ist, dass er nicht Leben nimmt, sondern gibt. Er hat uns geliebt, als wir noch Feinde waren, sagt Paulus heute. Es gibt kein Hirtenamt ohne das Kreuz Jesu und unsere Kreuzesnachfolge Jesu. Das ist wohl das schwerste am Hirtenamt nach dem Herzen Jesu. Es ist aber auch das Glaubwürdigste und das Stärkste, das Wirksamste! Nie ist Jesus mehr Hirte als am Kreuz, da er, von der Erde erhöht, alle an sich zieht. Fürchtet Euch deshalb nicht vor dem Kreuz in Eurem Hirtenleben. Es ist oft der Schlüssel zum pastoralen Erfolg. Es bildet in uns das Herz nach dem Herzen Jesu. Nichts braucht unsere Zeit so sehr als wirkliche Hirten nach den Herzen Jesu. Wir bitten jetzt den Hl. Geist, dass er Euch dazu präge. Amen.

(Predigt von Kardinal Schönborn zur Preisterweihe 2007)


Dreifaltigkeit mit Herz-Jesu und Herz-Mariä Darstellungen, Kathedrale von Malaga