Samstag, 11. November 2017

Wo Martin seinen Mantel teilte

Kathedrale von Amiens

Die im Jahr 1073 (oder 1075) gegründete ehemalige Abtei Saint Martin aux Jumeaux wurde im Zuge der Französischen Revolution aufgelöst. 1860 riß man das Gebäude ab und ersetzte es durch das heutige Gerichtsgebäude. Bereits im 5. Jahrhundert war an dieser Stelle, wo der heilige Martin seinen Mantel mit einem Bettler geteilt hatte, eine Kapelle zu Ehren des hl. Martin errichtet worden. Hier, unweit der später errichteten Kathedrale, befand sich das Stadttor, wo die wohl bekannteste Tat des hl. Martin stattfand:


Einmal, er besaß schon nichts mehr als seine Waffen und ein einziges Soldatengewand, da begegnete ihm im Winter, der ungewöhnlich rauh war, so daß viele der eisigen Kälte erlagen, am Stadttor von Amiens ein notdürftig bekleideter Armer. Der flehte die Vorübergehenden um Erbarmen an. Aber alle gingen an dem Unglücklichen vorbei. Da erkannte der Mann voll des Geistes Gottes, daß jener für ihn vorbehalten sei, weil die andern kein Erbarmen übten. Doch was tun? Er trug nichts als den Soldatenmantel, den er umgeworfen, alles Übrige hatte er ja für ähnliche Zwecke verwendet. Er zog also das Schwert, mit dem er umgürtet war, schnitt den Mantel mitten durch und gab die eine Hälfte dem Armen, die andere legte er sich selbst wieder um.
Da fingen manche der Umstehenden an zu lachen, weil er im halben Mantel ihnen verunstaltet vorkam. Viele aber, die mehr Einsicht besaßen, seufzten tief, daß sie es ihm nicht gleich getan und den Armen nicht bekleidet hatten, zumal sie bei ihrem Reichtum keine Blöße befürchten mußten.

In der folgenden Nacht nun erschien Christus mit jenem Mantelstück, womit der Heilige den Armen bekleidet hatte, dem Martinus im Schlafe. Er wurde aufgefordert, den Herrn genau zu betrachten und das Gewand, das er verschenkt hatte, wieder zu erkennen. Dann hörte er Jesus laut zu der Engelschar, die ihn umgab, sagen: "Martinus, obwohl erst Katechumene, hat mich mit diesem Mantel bekleidet". Eingedenk der Worte, die er einst gesprochen: "Was immer ihr einem meiner Geringsten getan, habt ihr mir getan", erklärte der Herr, daß er im Armen das Gewand bekommen habe. Um das Zeugnis eines so guten Werkes zu bekräftigen, würdigte er sich in dem Gewände, das der Arme empfangen hatte, zu erscheinen.

Trotz dieser Erscheinung verfiel der selige Mann doch nicht menschlicher Ruhmsucht, vielmehr erkannte er in seiner Tat das gütige Walten Gottes und beeilte sich, achtzehnjährig, die Taufe zu empfangen. Er entsagte jedoch dem Heeresdienst noch nicht sogleich, da er den Bitten seines Tribuns nachgab, mit dem er in vertrauter Kameradschaft zusammenlebte. Denn jener versprach, nach Ablauf seiner Dienstzeit als Tribun der Welt den Rücken zu kehren. Durch diese Zusage ließ sich Martinus bestimmen, noch ungefähr zwei Jahre lang nach seiner Taufe, freilich nur dem Namen nach, zu dienen.
(Leben des hl. Martin, Sulpicius Severus) 







Relief der Mantelteilung, Amiens


Hier war die Abtei St. Martin aux Jumeaux, gegründet 1075, wo diese Inschrift zu lesen war:
hier teilte der heilige Martin seinen Mantel im Jahre 337 (mit ca. 21 Jahren), Justizpalast

HIER!: Relief der Mantelteilung, Justizpalast, Amiens (damit ihr den Ort findet und nicht umherirrt wie ich)
 

Kathedrale von Amiens

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