Sonntag, 12. Juli 2020

Nicht die Dornen sind schuld, sondern diejenigen, die die Dornen wachsen lassen

Christus als Sämann, Stadtpfarrkirche Krems - St. Veith, Rokokokanzel, Josef Matthias Götz, 1733


Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus Mt 13,1-23

1 An jenem Tag verließ Jesus das Haus
und setzte sich an das Ufer des Sees.
2 Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn.
Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich.
Und alle Menschen standen am Ufer.
3 Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen.
Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen.
4 Als er säte,
fiel ein Teil auf den Weg
und die Vögel kamen und fraßen es.
5 Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden,
wo es nur wenig Erde gab,
und ging sofort auf,
weil das Erdreich nicht tief war;
6 als aber die Sonne hochstieg,
wurde die Saat versengt
und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.
7 Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen
und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat.
8 Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden
und brachte Frucht,
teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.
9 Wer Ohren hat, der höre!
10 Da traten die Jünger zu ihm
und sagten: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen?
11 Er antwortete ihnen:
Euch ist es gegeben,
die Geheimnisse des Himmelreichs zu verstehen;
ihnen aber ist es nicht gegeben.
12 Denn wer hat,
dem wird gegeben
und er wird im Überfluss haben;
wer aber nicht hat,
dem wird auch noch weggenommen, was er hat.
13 Deshalb rede ich zu ihnen in Gleichnissen,
weil sie sehen und doch nicht sehen
und hören und doch nicht hören und nicht verstehen.
14 An ihnen erfüllt sich das Prophetenwort Jesájas:
Hören sollt ihr,
hören und doch nicht verstehen;
sehen sollt ihr,
sehen und doch nicht einsehen.
15 Denn das Herz dieses Volkes ist hart geworden.
Mit ihren Ohren hören sie schwer
und ihre Augen verschließen sie,
damit sie mit ihren Augen nicht sehen
und mit ihren Ohren nicht hören
und mit ihrem Herzen
nicht zur Einsicht kommen
und sich bekehren
und ich sie heile.
16 Eure Augen aber sind selig,
weil sie sehen,
und eure Ohren, weil sie hören.
17  Denn, amen, ich sage euch:
Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt
zu sehen, was ihr seht,
und haben es nicht gesehen,
und zu hören, was ihr hört,
und haben es nicht gehört.
18 Ihr also, hört, was das Gleichnis vom Sämann bedeutet.
19 Zu jedem Menschen, der das Wort vom Reich hört
und es nicht versteht,
kommt der Böse
und nimmt weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurde;
bei diesem ist der Samen auf den Weg gefallen.
20 Auf felsigen Boden ist der Samen bei dem gefallen,
der das Wort hört und sofort freudig aufnimmt;
21 er hat aber keine Wurzeln, sondern ist unbeständig;
sobald er um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt wird,
kommt er sofort zu Fall.
22 In die Dornen ist der Samen bei dem gefallen,
der das Wort hört,
und die Sorgen dieser Welt
und der trügerische Reichtum ersticken es
und es bleibt ohne Frucht.
23 Auf guten Boden ist der Samen bei dem gesät,
der das Wort hört und es auch versteht;
er bringt Frucht –
hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach.



Damit also uns nichts Derargtiges widwerfahre, wollen wir den Samen des Wortes mit dem Erdreich der Bereitwilligkeit und des fortwährenden Andenkens bedecken. Denn wenn auch der Teufel es rauben will,es steht doch in unserer Macht, es uns nicht rauben zu lassen.
Und wenn der Same verdorrt, so geschieht dies nicht wegen der Hitze; und wenn die Worte ersticken, so sind nicht die Dornen daran schuld, sondern diejenigen, welche die Dornen wachsen lassen.

Wenn du nur willst, so kannst du ja dieses verderbliche Gewächs hindern und den Reichtum in der richtigen Weise gebrauchen. Deshalb sagte er nicht: die Welt, sondern "die Sorge für die Welt"; auch nicht: der Reichtum, sondern: "der Trug des Reichtums". Schieben wir also die Schuld nicht auf die weltlichen Geschäfte, sondern auf unsere eigene verkehrte Gesinnung. Denn man kann auch reich sein, ohne sich täuschen zu lassen, und kann in dieser Welt leben, ohne von Sorgen erdrückt zu werden. Der Reichtum bringt eben zwei große, entgegengesetzte Nachteile mit sich. Der eine peinigt und macht finster, das ist die Sorge. Der andere macht weichlich, das ist die Üppigkeit. Treffend sagt auch der Herr; "die Täuschung des Reichtums". Denn im Reichtum ist alles Täuschung; er ist nur ein Name, dem nichts Wirkliches zugrunde liegt. Auch die Lust, der Ruhm, der Schmuck und all diese Dinge sind je nur Einbildung, nicht Wahrheit und Wirklichkeit.

Nachdem also der Herr gesagt hat, auf wie vielfache Art und Weise der Same zugrunde gehen kann, so erwähnt er zuletzt auch das gute Erdreich, damit niemand den Mut verliere; vielmehr will der die Hoffnung auf Sinnesänderung bestehen lassen und zeigen, daß man von jedem der erwähnten Fehler sich zur Buße bekehren könne. Indessen, wenn das Erdreich und der Sämann gut, sowie der Same bei allen der gleiche ist, warum trägt denn der eine hundertfache, der andere sechzigfache, der dritte nur dreißig fache Frucht?
Dieser Unterschied liegt an der Natur des Erdreiches; denn auch wo dieses gut ist, weist es doch noch große Unterschiede auf. Siehst du also, daß nicht der Sämann die Schuld trägt, auch nicht der Same, sondern die Erde, die ihn aufnimmt; daß es nicht an der Natur liegt, sondern an der Gesinnung?

Stadtpfarrkirche in Krems, dahinter die Piaristenkirche

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