Für jene Männer war es logisch, den neuen König im königlichen Palast zu
suchen, wo sich die weisen Hofberater befanden. Aber sie mußten feststellen,
wohl zu ihrem Erstaunen, daß das neugeborene Kind sich nicht an den Orten der
Macht und der Kultur befand, auch wenn sie an jenen Orten wertvolle
Informationen über dieses Kind bekamen. Sie merkten vielmehr, daß die Macht,
auch die des Wissens, manchmal den Weg zur Begegnung mit jenem Kind versperrt.
Dann führte der Stern sie nach Betlehem, in eine kleine Stadt; er führte sie
unter die Armen, die Demütigen, um den König der Welt zu finden. Gottes
Maßstäbe sind anders als die der Menschen; Gott zeigt sich nicht in der Macht
dieser Welt, sondern in der Demut seiner Liebe, jener Liebe, die unsere
Freiheit bittet, aufgenommen zu werden, um uns zu verwandeln und uns fähig zu
machen, zu ihm zu gelangen, der die Liebe ist.
Aber auch für uns liegen die
Dinge nicht viel anders als für die Sterndeuter. Wenn man uns nach unserer
Meinung fragte, wie Gott die Welt hätte retten sollen, dann würden wir
vielleicht antworten, daß er seine ganze Macht hätte aufbieten sollen, um der
Welt ein gerechteres Wirtschaftssystem zu geben, in dem jeder das haben kann,
was er will. In Wirklichkeit wäre das eine Art von Gewalt gegenüber dem
Menschen, weil es ihn grundlegender Elemente berauben würde, die ihn
kennzeichnen. Weder unsere Freiheit noch unsere Liebe würden nämlich auf den
Plan gerufen. Gottes Macht zeigt sich in ganz anderer Weise: in Betlehem, wo
wir der scheinbaren Machtlosigkeit seiner Liebe begegnen. Dorthin müssen wir
gehen, und dort ist es, wo wir Gottes Stern wiederfinden.
(aus der Predigt von B16, Erscheinung des Herrn, 2011)
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