Judas Thaddäus, Anthonis van Dyck, um 1620, Kunsthistorisches Museum, Wien |
Lebensgeschichte und Legende: Judas mit dem Beinamen „Thaddäus“ – einigen Handschriften nach „Lebbäus“ – wird in den Apostellisten der drei synoptischen Evangelien sowie in der Apostelgeschichte erwähnt (Mt 10,3, Mk 3,18, Lk 6,16 und Apg 1,13). Im lukanischen Doppelwerk heißt es über ihn genauer: „Judas, der Sohn des Jakobus“. Der Deutlichkeit halber wird er im Johannesevangelium abgegrenzt: „Judas – nicht der Judas Iskariot“ (14,22). Wegen dieser Namensnähe zum Verräter Jesu erscheint der Apostel im Neuen Testament häufig nur unter seinem Beinamen.
Vielfach wurde Judas Thaddäus mit dem Herrenbruder Judas (Mk 6,3) verwechselt – wie Simon der Eiferer mit dem Herrenbruder Simon. Und obwohl sich der Verfasser des neutestamentlichen Judasbriefs statt als Sohn als „Bruder des Jakobus“ bezeichnet und selber nicht zu den Aposteln rechnet (17), sprach Hieronymus vom insgesamt „dreinamigen“ Judas.
Diese Verwirrung führt sich durch die Verschmelzung mit anderen Personen wie dem Apostel Thomas und die legendendurchzogene Überlieferung seines Wirkens als Glaubensbote fort. Die mittelalterliche Goldene Legende setzt ihn mit dem Herrenbruder Judas gleich und schickt ihn nach der Himmelfahrt Christi als Addai nach Edessa (heute Şanlıurfa, Türkei), wo er König Abgar ein nichtmenschengemachtes Abbild Christi überbringt. Die Assyrische Kirche des Ostens führt sich auf diese Erzählung zurück.
Im Anschluss wurde Judas Thaddäus „jenseits des Euphrats“, das heißt im Partherreich, zusammen mit Simon dem Eiferer missionarisch tätig – vermutlich, weil beide in den Evangelien stets nebeneinander genannt werden und auch Judas häufig den Beinamen „Zelotes – der Eiferer“ trägt. In Armenien erlitten beide gemeinsam das Martyrium: Judas wurde zu Tode geprügelt, Simon mit einer Säge entzweigeteilt. Varianten seines Martyriums führen seinen Tod auf eine Hellebarde, ein Schwert oder ein Beil zurück.
Nach der Geschichte Armeniens von Moses von Choren (5. Jahrhundert) geschah das Martyrium in Weriosphora im Königreich Iberien (entspricht in etwa Südarmenien). Im heute iranischen West-Aserbaidschan erhebt sich über Judas’ Grab das Schwarze Kloster Sankt Thaddäus als Gründungsort der Armenischen Kirche.
Verehrung und Brauchtum: Die Reliquien der Apostel Judas Thaddäus und Simon gelangten nach lateinischer Lesart in den Petersdom und von dort aus in die Kölner St. Andreaskirche.
Judas’ wichtigstes Patronat als Fürsprecher in aussichtslosen und verzweifelten Anliegen verbreitete der Dominikanerorden in Italien und Frankreich. Zum Beispiel beten in Toulouse, wo sich in der Basilika Saint-Sernin ebenfalls Reliquien befinden, Studenten am Vorabend ihrer Prüfungen traditionell um seine Fürsprache.
In Lateinamerika betrieb im 20. Jahrhundert der Claretinerorden seinen Kult und verankerte ihn in der Volksfrömmigkeit. Aktuell wird Judas Thaddäus besonders im durch Armut und Kriminalität gebeutelten Mexiko verehrt.
Darstellung: mit Keule, Buch, Winkelmaß, Hellebarde oder Arzneikästchen, mit Simon dem Eiferer
Patron: von Goslar, in aussichtslosen und verzweifelten Anliegen
(Bistum Augsburg)
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