Der Auferstandene - gegenwärtig in der hl. Eucharistie Our Lady and the English Martyrs, Cambridge |
Wir brauchen dieses Brot, um die Mühen und die Erschöpfung der Reise zu bewältigen. Der Sonntag, Tag des Herrn, ist die beste Gelegenheit, um aus ihm, dem Herrn des Lebens, Kraft zu schöpfen. Das Sonntagsgebot ist also keine von außen auferlegte Verpflichtung, keine Last auf unseren Schultern. Im Gegenteil, an der sonntäglichen Meßfeier teilzunehmen, sich vom eucharistischen Brot zu nähren, die Gemeinschaft der Brüder und Schwestern in Christus zu erfahren, ist für den Christen ein Bedürfnis, eine Freude; so kann der Christ die nötige Kraft finden für den Weg, den wir jede Woche zurücklegen müssen. Es ist übrigens kein willkürlicher Weg: Der Weg, den Gott uns in seinem Wort weist, führt in die Richtung, die in das Wesen des Menschen selbst eingeschrieben ist. Das Wort Gottes und die Vernunft gehören zusammen. Dem Wort Gottes folgen, mit Christus gehen bedeutet für den Menschen, sich selbst zu verwirklichen; ihn verlieren heißt sich selbst verlieren.
Der Herr läßt uns auf diesem Weg nicht
allein. Er ist bei uns ja, er möchte unser Schicksal mit uns teilen und geht
dabei so weit, daß er uns in sich aufnimmt. In dem Gespräch, von dem uns soeben
das Evangelium berichtet hat, sagt er: »Wer mein Fleisch ißt und mein Blut
trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm« (Joh 6,56). Wie
sollten wir uns über eine solche Verheißung nicht freuen? Wir haben jedoch
gehört, daß die Menschen auf jene erste Verkündigung hin zu murren und zu
protestieren begannen, anstatt sich zu freuen: »Wie kann er uns sein Fleisch
zu essen geben?« (Joh 6,52). Um ehrlich zu sein, diese Haltung hat
sich im Laufe der Geschichte viele Male wiederholt. Man könnte im Grunde
genommen sagen, die Menschen wollen Gott gar nicht so nahe, so verfügbar haben,
sie wollen nicht, daß er so an ihren Angelegenheiten teilnimmt. Die Menschen
wollen einen Gott, der groß ist, und schließlich wollen auch wir ihn oft etwas
von uns fernhalten. Da werden Fragen aufgeworfen, die schließlich beweisen
sollen, daß eine solche Nähe tatsächlich unmöglich wäre. Die Worte aber, die
Christus bei dieser Gelegenheit gesprochen hat, behalten ganz klar ihre
Gültigkeit: »Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des
Menschensohnes nicht eßt und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht
in euch« (Joh 6,53). Wahrlich, wir brauchen einen Gott, der uns nahe
ist. Angesichts des mürrischen Protests hätte Jesus auch auf beruhigende Worte
ausweichen und sagen können: »Freunde, macht euch keine Sorgen! Ich habe von
Fleisch gesprochen, aber es handelt sich nur um ein Symbol. Was ich möchte, ist
nur eine tiefe gefühlsmäßige Verbundenheit«. Aber nein, Jesus hat nicht
derartige milde Worte verwendet. Er hat an seiner Aussage, an ihrem ganzen
Realismus festgehalten, selbst auf die Gefahr hin, daß sich viele seiner Jünger
zurückziehen würden (vgl. Joh 6,66). Ja er wäre sogar bereit gewesen,
den Weggang seiner eigenen Apostel in Kauf zu nehmen, nur um die Konkretheit
seiner Rede auf keinen Fall zu verändern: »Wollt auch ihr weggehen?« (Joh
6,67), fragte er sie. Gott sei Dank gab Petrus eine Antwort, die auch wir
heute uns mit vollem Bewußtsein zu eigen machen: »Herr, zu wem sollen wir
gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens« (Joh 6,68). Wir brauchen
einen nahen Gott, einen Gott, der sich in unsere Hände begibt und uns liebt.
(Papst Benedikt in Bari, 29. Mai 2005)
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