Dienstag, 22. Oktober 2024

Johannes Paul II. 1988 an die österreichischen Bischöfe

 

Heiliger Johannes Paul II, bitte für uns!

Als von Gott bestellte Hirten im Volke Gottes habt Ihr sorgfältig über das Euch anvertraute Gut des Glaubens zu wachen, damit der Glaube vollständig und unversehrt an die nachwachsende Generation weitergegeben wird.
Seid Euch aber stets bewußt, daß die Kirche nicht eine Sammlung trockener, formelhafter Lehren zu hüten hat. Was die Kirche lehrt, ist nie nur Formel. Es ist Frucht einer lebendigen Begegnung mit dem Herrn und ist daher Türe zu ihm. Es ist Sichtbarwerden jener Wahrheit, die Weg ist. Wo Lehre veruntreut wird, wird Leben angegriffen, werden Wege verschüttet. Alle Lehren unseres Glaubens laufen zusammen in einer lebendigen Person, Jesus Christus.  Wir lieben die Erkenntnis des Glaubens, weil wir darin ihn selber lieben; Glaube ist Erkenntnis, die aus der Liebe geboren wurde. So geht es letztlich immer um die personale Begegnung mit Jesus Christus. Sie ist entscheidend, bei Euch selbst und auch bei den Euch anvertrauten Priestern und Lehrern und allen Gläubigen. Hüter des Glaubens sein heißt Hüter des Lebens sein, das Christus bringt, des Lebens in Fülle. 

5. Wie das Zweite Vatikanische Konzil uns erinnert, erscheint in dieser Aufgabe der Verkündigung der Botschaft Christi ”besonders wertvoll jener Lebensstand, der durch ein besonderes Sakrament geheiligt wird, das Ehe- und Familienleben“.  Bemüht Euch darum um eine sehr intensive und zeitgemäße Familienpastoral. Die Eltern sind nicht nur die ersten, sondern in den allermeisten Fällen auch die wichtigsten Glaubenszeugen. Schon von früh an spüren die Kinder, ob diese Wert darauf legen, in lebendiger Verbindung mit Gott zu leben; im Vertrauen auf seine Führung, in Gemeinschaft mit Jesus Christus und im Bewußtsein, daß sie die Kraft des Heiligen Geistes nicht im Stich läßt. Schon früh spüren sie, ob die Eltern die Kirche lieben, den Gottesdienst und die Sakramente, vor allem aber, ob sie sich ernstlich darum bemühen, ihren Glauben zu leben.
Ladet die Eltern ein, die vielen Gelegenheiten zu nützen, die sich ihnen glücklicherweise in diesem Land bieten, um ihren Glauben zu bilden und sie auf die wichtige Aufgabe vorzubereiten, die sie an ihren Kindern als erste Glaubenszeugen zu erfüllen haben. Gesprächsgruppen in der Gemeinde, Bildungshäuser, gute Bücher und vieles andere stehen ihnen zur Verfügung. Ihr werdet darauf achten, daß diese Einrichtungen von innen her dem Glauben der Kirche dienen, so daß Ihr sie wirklich uneingeschränkt allen als Wege der Begegnung mit dem Evangelium empfehlen könnt.

Bemüht euch zugleich um eine wirksame Erwachsenenkatechese, die ja die ”hauptsächliche Form der Katechese“ ist.  Denn erst ein Glaube, der ernsthaft von erwachsenen Menschen vertreten, durchdacht, besprochen und in die eigene Sprache übersetzt ist, und bei dem Erwachsene gemeinsam fragen, wie sie diesen Glauben unter den heutigen Verhältnissen leben können, erst ein solcher Glaube bietet den Rückhalt, den die nachwachsenden Generationen brauchen, um sich auf ihre Weise den Glauben aneignen zu können. Erfreulicherweise gibt es in Eurem Land zahlreiche entsprechende Bemühungen. Sie werden um so fruchtbarer sein, je mehr sie in enger Verbindung mit Papst und Bischöfen den Glauben aller Zeiten in das Heute dieser unserer Zeit übertragen.

Sorgt Euch mit besonderer Aufmerksamkeit und Hingabe um eine angemessene katechetische Ausbildung der Priester und der anderen hauptamtlichen Mitarbeiter im pastoralen Dienst, Diakone, Ordensleute und Laien, Männer und Frauen. Durch den Dienst, den sie in den einzelnen Gemeinden oder auch an anderen Stellen des kirchlichen Lebens leisten, können sie viel und Wesentliches beitragen zu einer lebendigen und zündenden Weitergabe des Glaubens an die Euch anvertrauten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen. Mit besonderer Freude höre ich, daß es auch in eurer Diözese zahlreiche Männer und Frauen gibt, die sich ehrenamtlich im Rahmen der Gemeindekatechese um die Hinführung der Kinder zu einem frohen und innerlich befreienden Leben mit der Kirche bemühen, die sich bei der Vorbereitung der Kinder auf die erste hl. Kommunion und auf den Empfang der Firmung beteiligen. Hier wird sich bewahrheiten. Die wirksamsten Zeugen Jesu Christi sind immer diejenigen, die den betreffenden Menschen besonders nahe stehen: durch Verwandtschaft, durch den geringeren Alterunterschied, durch gemeinsames Leben in der Gemeinde. 

aus der Ansprache von Johannes Paul II. an die österreichischen Bischöfe, 24. Juni 1988


S. Salvatore in Lauro, Rom

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