In der Mitte des Bogens, der sich über dem Altar erhebt, ist ein Lamm dargestellt, das Symbol für Jesus, der sich für die Menschen geopfert hat, rechts und links Jungfrauen und Märtyrer, die dem Lamm folgen, rechts unten die hl. Perpetua, Euphrasius-Basilika, Porec |
Perpetua und Felicitas, frühchristliche Märtyrinnen in Karthago. Perpetua, aus vornehmer Familie stammend, Felicitas, aus dem Sklavenstand, wurden zusammen mit einer Reihe junger Leute, die größtenteils aus Sklaven bestand, in Karthago zur Zeit des Kaisers Septi-mius Severus verhaftet. Beide waren jung verheiratet, beide waren christliche Katechumenen.
Der Vater der Perpetua hatte mit allen Mitteln verzweifelt versucht, sie zur Umkehr zu bewegen: „Hab Mitleid, Mädchen, mit meinen grauen Haaren!... Mach mir doch jetzt keine Schande vor den Menschen!“ Die Märtyrerakten, die zu den ergreifendsten Dokumenten aus der christlichen Frühzeit gerechnet werden, berichten, wie beide im Kerker die Taufe empfingen. Am 7. März des Jahres 202 oder 203 wurden Perpetua und Felicitas bei Festspielen in Karthago anlässlich des Geburtstages des Kaisers Geta den wilden Tieren im Amphitheater vorgeworfen. Als die beiden trotz schwerer Verletzungen noch lebten, töteten Henker sie durch Dolchstiche in den Hals. Ein Augenzeuge überlieferte das Geschehen. Schon bald genossen diese Akten, die in lateinischer und griechischer Fassung erhalten sind, hohes Ansehen. Die Märtyrerakten wurden in den Gemeinden Afrikas beim Gottesdienst verlesen, wie Augustinus eigens bezeugt. Felicitas und Perpetua wurden auch in den römischen Messkanon aufgenommen.
(Martyrologium Sancrucense)
hl. Felicitas, Euphrasius-Basilika, Porec |
Was
nun Felizitas betrifft, so wurde auch ihr die Gnade des Herrn zuteil, nämlich
so: Da sie schon im achten Monat schwanger war (sie war nämlich als Schwangere
festgenommen worden), quälte sie, als der Tag der Schauspiele herannahte, die
große Sorge, ihr Martyrium könne wegen ihrer Schwangerschaft verschoben werden.
Es ist nämlich nicht erlaubt, Schwangere hinzurichten. Deshalb fürchtete sie,
daß sie vielleicht erst später mit anderen, etwa mit Verbrechern, ihr heiliges
und unschuldiges Blut vergießen würde. Aber auch ihre Mitmärtyrer sorgten sich
sehr, weil sie eine so gute Gefährtin, obwohl sie doch eigentlich ihre
Begleiterin sein sollte, allein auf dem Wege der gleichen Hoffnung zurücklassen
mußten. In einmütigem Seufzen sandten sie daher zwei Tage vor dem Spiel
gemeinsam ihr Gebet zum Herrn, und sofort nach dem Gebet wurde Felizitas von
den Wehen ergriffen. Da sie, wie es bei einer Entbindung im achten Monat
natürlich ist, sich bei der Niederkunft abquälte und große Schmerzen erlitt,
sagte einer von den Gefängniswärtern zu ihr: Wenn du jetzt schon so schreist,
was willst du dann tun, wenn du den Bestien vorgeworfen wirst? Sie aber
antwortete: Was ich jetzt leide, das leide ich; dort aber wird ein anderer in
mir sein, der für mich leiden wird; denn ich werde ja auch für ihn leiden. So
gebar sie ein Mädchen, das eine von unseren Schwestern als Tochter annahm und aufzog.
hl. Perpetua, unten, leider fotografisch abgeschnitten |
Da sagte mir mein Bruder: Frau Schwester, du bist schon in so großer Huld, daß du dir ein Gesicht erbitten kannst, durch das dir gezeigt wird, ob die Passion bevorsteht oder die Freilassung. Weil ich wußte, daß ich vertraulich mit dem Herrn, von dem ich so große Wohltaten empfangen hatte, reden konnte, versprach ich dem Bruder zuversichtlich: Morgen werde ich dir berichten. Ich betete, und mir wurde folgendes Gesicht zuteil: Ich schaute eine erzene Leiter von erstaunlicher Größe; sie reichte bis zum Himmel und war so schmal, daß man nur einzeln auf ihr hinaufsteigen konnte. An den Holmen der Leiter waren alle Arten von Eisenwerkzeugen befestigt: Schwerter, Lanzen, Haken, Messer und Spieße. Wenn einer lässig hinaufstieg, nicht angespannt nach oben schaute, mußte er sich an den Geräten so verletzen, daß sein Fleisch daran hängenblieb. Unter der Leiter lag ein ungewöhnlich großer Drache; er lauerte den Hinaufsteigenden auf und versuchte, sie einzuschüchtern, damit sie nicht hinaufkletterten. Zuerst aber stieg Saturus hinauf, der sich später unsertwegen freiwillig gestellt hatte; denn er hatte uns zum Christentum geführt und war damals, als wir verhaftet wurden, nicht dabei gewesen. Er erreichte das Ende der Leiter, drehte sich um und sagte zu mir: Perpetua, ich warte auf dich. Aber gib acht, daß dieser Drache dich nicht beißt! Ich antwortete: Er wird mir nicht schaden! Im Namen Jesu Christi! Da streckte der Drache, als ob er mich fürchtete, langsam den Kopf unter der Leiter hervor. Ich aber trat ihm auf den Kopf, als sei er die erste Sprosse. Ich stieg weiter hinauf, und oben sah ich einen weit ausgedehnten Park; mitten darin saß ein weißhaariger, hochbetagter Mann in Hirtentracht und molk die Schafe. Rings um ihn standen viele Tausende in weißen Kleidern. Er hob den Kopf, sah mich an und sprach zu mir: Willkommen, Kind! Dann rief er mich herbei und gab mir ein Stückchen von dem Käse aus der Molke. Ich empfing es in meine übereinandergelegten Hände und aß es; alle Umstehenden aber sagten: Amen. Beim Klang dieses Wortes wurde ich wach und hatte noch so etwas wie einen süßen Geschmack im Munde. Sofort berichtete ich alles meinem Bruder, und wir erkannten, daß uns die Passion bevorstand. Von da an setzten wir keine Hoffnung mehr auf diese Welt.
(Bericht Perpetuas, Quelle)
ganz oben die hl. Perpetua |
Perpetua
und Felizitas im Kampf mit der wilden Kuh
Für
die jungen Frauen aber hielt der Teufel - in Nachäffung ihres weiblichen
Geschlechtes - eine wilde Kuh bereit; man hatte diese gegen allen Brauch eben
wegen ihrer ungewöhnlichen Wildheit bereitgestellt. Die beiden Frauen wurden
entkleidet und mit Netzen angetan, vorgeführt. Das Volk entsetzte sich, als es
sah, daß die eine noch ein zartes Mädchen, die andere aber eben niedergekommen
war, wie ihre tropfenden Brüste zeigten. Deshalb wurden beide zurückgerufen und
mit langen Gewändern bekleidet. Zuerst wurde Perpetua in die Luft gewirbelt und
fiel auf die Lenden. Sobald sie dasaß, zog sie das an der Seite aufgerissene
Gewand wieder zusammen, um ihren Oberschenkel zu bedecken; sie achtete mehr auf
Sittsamkeit als auf ihre Schmerzen. Dann suchte sie sich eine Nadel, heftete
das zerrissene Kleid wieder zusammen und steckte ihre aufgelösten Haare wieder
auf. Denn es schickte sich nicht für eine Martyrin, mit aufgelösten Haaren zu
leiden; sie durfte doch nicht den Anschein erwecken, als ob sie in ihrer Glorie
trauere. Dann stand sie auf, und als sie sah, daß Felizitas niedergeworfen war,
ging sie zu ihr hin, reichte ihr die Hand und richtete sie wieder auf. So
standen beide aufrecht da. Bei diesem Anblick war die Grausamkeit des Volkes
besiegt, und die beiden Martyrinnen wurden zur Lebenspforte zurückgerufen. Dort
wurde Perpetua von einem gewissen Rustikus, der damals noch Katechumene und ihr
ergeben war, in Empfang genommen. Wie eine, die aus dem Schlaf geweckt worden
war (so sehr war sie im Pneuma und in der Ekstase gewesen), schaute sie jetzt
um sich und fragte zum Staunen aller: "Wann werden wir denn jener Kuh
vorgeführt?" Als sie hörte, daß alles schon vorbei sei, konnte sie es
nicht glauben, bis sie die Spuren der Verwundung an ihrem Körper und die
Schäden an ihrem Kleid entdeckte. Dann rief sie ihren Bruder und jenen
Katechumenen (Rustikus) herbei und ermahnte sie: "Steht fest im Glauben,
liebet einander und nehmt an unseren Leiden keinen Anstoß!"
Die
glorreiche Vollendung der Passion
An
einem anderen Tor redete Saturus mit dem Soldaten Pudens. "Kurz und
gut", sprach er, "ich habe bis jetzt noch von keiner Bestie etwas
gespürt, so wie ich es erwartet und vorhergesagt hatte. Nun kannst du wahrlich
aus ganzem Herzen glauben. Gib acht! Ich gehe jetzt wieder hin, und mit einem
einzigen Biß des Leoparden bin ich vollendet." Der Leopard wurde gegen Ende
des Schauspiels herausgelassen, und Saturus war, als er vom Kampfe zurückkam,
von einem einzigen Biß des Leoparden so blutüberströmt, daß das Volk ihm seine
zweite Taufe bezeugte mit dem Rufe: "Heilgewaschen! Heilgewaschen!"
Freilich war der heil, der sich so gewaschen hatte. Saturus aber sagte zu dem
Soldaten Pudens: "Leb wohl, bleib des Glaubens und meiner eingedenk, und
laß dich durch diese Dinge nicht verwirren, sondern bestärken." Zugleich
bat er Pudens um den Ring von seinem Finger; er tauchte den Ring in sein Blut
und gab ihn dem Pudens als Vermächtnis zurück; so hinterließ er ihm ein
Unterpfand und ein Gedächtnis seines Blutes. Dann wurde er, schon ohnmächtig,
mit den anderen an den gewohnten Ort zum Abstechen hingeworfen. Das Volk aber
forderte sie in die Mitte, um sich mit seinen Blicken an dem Mord zu
beteiligen, wenn sie mit dein Schwert durchbohrt wurden. Darauf erhoben sich
die Martyrer bereitwillig und begaben sich dorthin, wohin das Volk es wollte.
Vorher küßten sie einander, damit das Martyrium durch den gewohnten Friedenskuß
seine Vollendung erlangte. Die anderen empfingen das Eisen unbeweglich und
schweigend. Saturus vor allem, der zuerst aufgestiegen war, gab auch zuerst
seinen Lebensodem (seinem Schöpfer) zurück; er erwartete ja Perpetua. Perpetua
aber schrie laut auf, als ihr das Schwert zwischen die Knochen gestoßen wurde
und sie etwas Schmerz verkosten durfte. Sie führte dann selber die unsichere
Hand des jungen Gladiators an ihre Kehle. Vielleicht konnte eine solche Frau,
die von dem unreinen Geiste gefürchtet wurde, nicht anders getötet werden, als
wenn sie es selbst wollte.
(Quelle, Ich bin
Christ. Frühchristliche Martyrerakten. Übertr. und erläutert von Oda Hagemeyer
OSB / Basilissa Hürtgen OSB. - Düsseldorf: Patmos 1961 (Alte Quellen neuer
Kraft, hg. von E. v. Severus und Th. Michels), S. 90-110.
Apsismosaik der Euphrasiusbasilika, Porec, Kroatien |
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