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| Heilige und Engel versammelt um den dreifaltigen Gott, S. Gimignano, Dom |
Am heutigen Hochfest Allerheiligen ist es eine große Freude, den
heiligen John Henry Newman in den Kreis der Kirchenlehrer aufzunehmen
und ihn anlässlich der Heilig-Jahr-Feier des Bildungswesens
zusammen mit dem heiligen Thomas von Aquin zum Mit-Patron all jener zu
ernennen, die am Bildungsprozess teilhaben. Die beeindruckende
kulturelle und geistliche Größe Newmans wird inspirierend sein für
kommende Generationen, deren Herzen sich nach Unendlichkeit sehnen und
die bereit sind, mittels Forschung und Erkenntnis jene Reise
unternehmen, die uns, wie die Alten sagten, per aspera ad astra, also durch Mühen zum Erfolg führt.
Das Leben der Heiligen bezeugt uns nämlich, dass es möglich ist, in
der Komplexität unserer Zeit begeistert leben, ohne den apostolischen
Auftrag zu vernachlässigen, „als Lichter in der Welt zu leuchten“ (vgl. Phil
2,15). Bei dieser feierlichen Gelegenheit möchte ich den Lehrern bzw.
Erziehern und den Bildungseinrichtungen erneut sagen: „Leuchtet heute
als Lichter in der Welt“, durch die Authentizität eures Engagements bei
der gemeinsamen Suche nach der Wahrheit, bei deren glaubwürdigen und
großherzigen Weitervermittlung durch euren Dienst an den jungen
Menschen, insbesondere den Armen, und bei der täglichen Erfahrung, dass
„die christliche Liebe ihrem Wesen nach prophetisch ist, dass sie Wunder
vollbringt“ (vgl. Apostolische Exhortation Dilexi te, 120).
(...)
Zum bleibenden Vermächtnis des heiligen John Henry gehören in diesem
Sinne einige sehr bedeutende Beiträge zur Theorie und Praxis der
Bildung. So schrieb er: »Gott hat mich geschaffen, damit ich ihm einen
bestimmten Dienst erweise; er hat mir eine Aufgabe übertragen, die er
keinem anderen übertragen hat. Ich habe meinen Auftrag – den ich in
diesem Leben möglicherweise nie erfahren werde, aber im nächsten Leben
wird er mir offenbart werden.« (Meditations and Devotions, III,
I, 2). In diesen Worten kommt auf wunderbare Weise das Geheimnis der
Würde eines jeden Menschen und auch das der Vielfalt der von Gott
verteilten Gaben zum Ausdruck.
Das Leben wird nicht dadurch hell, dass wir reich, schön oder mächtig
sind. Es wird hell, wenn einer in sich diese Wahrheit entdeckt: Ich bin
von Gott gerufen, ich habe eine Berufung, ich habe eine Mission, mein
Leben dient etwas, das größer ist als ich! Jedes einzelne Geschöpf hat
eine Rolle zu übernehmen. Der Beitrag, den ein jeder zu bieten hat, ist
von einzigartigem Wert, und die Aufgabe der Bildungsgemeinschaften
besteht darin, diesen Beitrag zu fördern und zu Geltung zu bringen.
Vergessen wir nicht: Im Mittelpunkt der Bildungswege stehen keine
abstrakten Individuen, sondern Menschen aus Fleisch und Blut,
insbesondere diejenigen, die nach den Maßstäben einer Wirtschaft, die
ausgrenzt und tötet, scheinbar wenig leisten. Wir sind dazu aufgerufen,
Menschen zu bilden, damit sie in ihrer vollen Würde wie Sterne leuchten.
(aus der Homilie von Papst Leo anlässlich der Ernennung von John Henry Newman zum Kirchenlehrer)