Fahne des hl. Petrus Canisius, Canisiuskirche, Wien |
Liebe Brüder und
Schwestern!
Heute möchte ich mit euch über den hl. Petrus Canisius (latinisierte Form) sprechen, einer sehr wichtigen Gestalt des katholischen 16. Jahrhunderts. Er wurde am 8. Mai 1521 in Nimwegen in Holland geboren. Sein Vater war Bürgermeister der Stadt. Als er Student der Universität in Köln war, besuchte er die Kartäusermönche der hl. Barbara, ein von katholischem Leben pulsierendes Zentrum, wo er weitere fromme Männer traf, die die sogenannte ‚devotio moderna‘ pflegten. Er trat am 8. Mai 1543 in Mainz (Rheinland-Pfalz) in die Gesellschaft Jesu ein, nachdem er an geistlichen Exerzitien unter Leitung des seligen Pater Peter Faber teilgenommen hatte, einer der ersten Gefährten des hl. Ignatius von Loyola. Im Juni 1546 empfing er in Köln die Priesterweihe und bereits im Folgejahr nahm er als Theologe des Bischofs von Augusta, Kardinal Otto Truchsess von Waldburg, am Konzil von Trient teil, wo er mit zwei Mitbrüdern, Diego Laínez und Alfonso Salmerón, zusammenarbeitete.
1548 ließ ihn der hl. Ignatius in Rom seine geistliche Ausbildung beenden und sandte ihn sodann in das Kolleg von Messina, wo er sich in einfachen Hausdiensten üben sollte.
Nachdem er am 4. Oktober 1549 in Bologna sein
Doktorat der Theologie erlangt hatte, berief ihn der hl. Ignatius zum Apostolat
nach Deutschland. Am 4. September des gleichen Jahres besuchte er Papst Paul
III. in Castel Gandolfo und begab sich sodann in die Petersbasilika um zu
beten. Hier flehte er die Hilfe der großen Apostelheiligen Petrus und Paulus
an, auf dass sie ihm eine fortwährende Wirksamkeit des apostolischen Segens für
seine große Bestimmung, seine neue Mission, gewähren möchten. In sein Tagebuch
schrieb er: „Dort habe ich einen tiefen Trost erfahren und mir wurde durch die
Fürsprache dieser Heiligen Gnade zuteil. Sie unterstützen mich in meiner
Mission in Deutschland und schienen mich durch den Erhalt ihrer Gunst als
Apostel nach Deutschland zu entsenden. Du, Herr, weißt, wie oft und auf wie
viele Arten ich mich an diesem Tag Deutschland verschrieben habe, um das ich
mich auch später immer mühte und wegen dessen ich wünschte zu leben und zu
sterben."
Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass wir uns in der Zeit der lutherischen
Reformation befinden, in dem Moment, in dem der katholische Glaube in den
deutschsprachigen Ländern durch die Ausstrahlung der Reformation unterzugehen
schien und in dem die Erneuerung des katholischen Glaubens unmöglich anmutete.
Eine solche war nur vom Zentrum her möglich, d.h. durch eine tiefe, persönliche
Freundschaft zu Christus; eine Freundschaft zu Christus in seinem Leib, der
Kirche, die genährt wird durch die Eucharistie, durch Seine Realpräsenz.
Petrus Canisius reiste in das Herzogtum Bayern, das für viele Jahre der Ort
seines Wirkens sein sollte. Als Dekan, Rektor und Vizekanzler der Universität
von Ingolstadt pflegte er das akademische Leben des Instituts und die religiöse
und moralische Bildung des Volkes. In Wien, wo er kurze Zeit Administrator der
Diözese gewesen war, entfaltete sich sein pastoraler Dienst in Krankenhäusern
und Gefängnissen, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land, und er bereitete
die Veröffentlichung seines Katechismus vor. 1556 gründete er das Kolleg in
Prag und blieb bis 1569 erster Generaloberer der hochdeutschen Jesuitenprovinz.
In diesem Amt baute er in den deutschsprachigen Ländern ein enges Netz der
Gemeinschaft seines Ordens auf, vor allem durch Kollegien, die zu
Ausgangspunkten für die katholische Gegenreformation wurden. In dieser Zeit
nahm er auch an den Gesprächen in Worms mit protestantischen Führern teil,
unter denen sich auch Philipp Melanchthon (1557) befand; er war päpstlicher
Nuntius in Polen (1558), nahm an den beiden Reichstagen von Augsburg teil (1559
und 1565), begleitete Kardinal Stanislaus Hozjusz, dem Legaten Pius' IV. bei
Kaiser Ferdinand (1560), griff in die Schlussphase des Konzils von Trient ein,
wo er über die Frage der Kommunion in beiderlei Gestalten und den Index der
verbotenen Bücher sprach (1562).
1580 zog er sich
nach Freiburg in der Schweiz zurück, wo er sich ganz der Predigt und der
Verfassung seiner Werke hingab, und starb dort am 21. Dezember 1597. Er wurde
vom seligen Papst Pius IX. 1864 seliggesprochen und 1897 von Papst Leo XIII.
zum Apostel Deutschlands erklärt. Schließlich sprach ihn Papst Pius XI. 1925
heilig und ernannte ihn zum Kirchenlehrer.
Der hl. Petrus
Canisius verbrachte den größten Teil seines Lebens in Gesellschaft der sozial
bedeutendsten Personen seiner Zeit und übte mit seinen Schriften einen
besonderen Einfluss aus. Er war Herausgeber der gesammelten Werke des hl.
Kyrill von Alexandrien und Leos des Großen, der Briefe des hl. Hieronymus und
der Gebete des hl. Nikolaus von Flüe. Er veröffentlichte Andachtsbücher in
verschiedenen Sprachen, Biographien einiger Schweizer Heiliger und viele
homiletische Texte. Aber seine bekanntesten Schriften waren die drei
Katechismen von 1555 und 1558. Der erste Katechismus war den Studenten
zugedacht, um ihnen die grundlegenden theologischen Begriffe zugänglich zu
machen; der zweite den Jugendlichen des Volkes, um ihnen eine erste religiöse
Erziehung zu ermöglichen; der dritte Personen mit Schulbildung der Mittel- und
Oberschulen. Die katholische Lehre wurde dort in Fragen und Antworten, kurz,
mit biblischen Worten, sehr klar und ohne Polemik dargestellt. Allein zu
Canisius' Lebzeiten gab es gut zweihundert Auflagen dieses Katechismus'! Und
hunderte weitere folgten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. So haben die Leute
in Deutschland noch bis zur Generation meines Vaters den Katechismus einfach
den „Canisius" genannt: Er ist wahrhaftig der Katechist der Jahrhunderte,
der den Glauben der Menschen über Jahrhunderte geprägt hat.
Dies war eine besondere Eigenschaft des Petrus Canisius: die Treue zu
dogmatischen Prinzipien mit dem Respekt vor jeder Person zu harmonisieren. Der
Heilige Canisius unterschied zwischen bewusster Apostasie und unverschuldetem
Glaubensverlust in den jeweiligen Umständen und erklärte, dass die größte
Anzahl der Deutschen, die zum Protestantismus übertraten, dies ohne Schuld
getan hätten. In einem historischen Moment mir großen konfessionellen
Gegensätzen, vermied er - das ist wahrhaft eine außerordentliche Tatsache -
Härte und eine Rhetorik des Zorns - wie ich sagte, eine seltene Qualität in
dieser Zeit der Auseinandersetzung zwischen Christen und trachtete nur danach,
die geistlichen Wurzeln darzustellen und den Glauben in der Kirche
wiederzubeleben. Dabei half ihm seine breite und tiefgreifende Kenntnis der
Heiligen Schrift und der Kirchenväter: dasselbe Wissen, das seine Beziehung zu
Gott und jene ernste Spiritualität stützte, die er aus der devotio moderna und
der rheinischen Mystik schöpfte.
Für die
Spiritualität des hl. Canisius ist eine tiefe und persönliche Freundschaft mit
Jesus charakteristisch. So schrieb er zum Beispiel am 4. September 1549 in sein
Tagebuch, als er mit dem Herrn sprach: „Du bist es, der mir dein heiligstes
Herz eröffnet hat, es scheint mir, dass ich dich vor mir sehe. Du gebietest
mir, von der Quelle zu trinken, lädst mich ein, das Wasser meines Heils von deinen
Quellen zu nehmen, o mein Retter!"
Und dann sieht er, wie der Herr ihm ein
Gewand aus drei Teilen reicht, die sich Friede, Liebe und Beharrlichkeit
nennen. Mit diesem Gewand, das aus Friede, Liebe und Beharrlichkeit
zusammengesetzt ist, verfolgte Canisius sein Werk der Erneuerung des
katholischen Glaubens. Diese seine Freundschaft mit Jesus - die das Zentrum
seiner Persönlichkeit ist , wird genährt durch die Liebe zur Bibel, durch die
Liebe zum Sakrament, durch die Liebe zu den Vätern, diese Freundschaft war
deutlich vereint mit dem Bewusstsein, in der Kirche ein Fortführer jener
Mission der Apostel zu sein. Dies erinnert uns daran, dass jeder authentische
Verkünder des Evangeliums immer ein mit Jesus und der Kirche fruchtbar
vereintes Instrument ist.
In die Freundschaft mit Jesus wuchs Petrus Canisius hinein in der spirituellen
Umgebung der Kartause von Köln, wo er in engem Kontakt mit zwei
Kartäusermystikern stand: Johann Lansperger, latinisiert Lanspergius, und
Nicolas van Hesche, latinisiert Eschius. Im Nachhinein vertiefte er die
Erfahrung dieser Freundschaft, familiaritas stupenda nimis, mit der Betrachtung
über die Mysterien des Lebens Jesu, die einen großen Teil der geistlichen
Exerzitien des hl. Ignatius ausmachen. Seine tiefe Andacht zum Herzen Jesu fand
hier ihr Fundament.
In der
christozentrischen Spiritualität des Petrus Canisius wurzelt eine tiefe
Überzeugung: die Seele kann ihre Vollkommenheit nicht ohne tägliches Gebet, die
geistliche Andacht erreichen, das ordentliche Mittel, welches den Jüngern Jesu
ein intimes Leben mit ihrem göttlichen Meister erlaubt. Darum insistierte unser
Heiliger in den Schriften über die geistliche Bildung des Volkes auf der
Bedeutung der Liturgie mit ihren Kommentaren des Evangeliums, den Festen, dem
Ritus der Heiligen Messe und den anderen Sakramenten, aber gleichzeitig legte
er besonderen Wert auf die Notwendigkeit der Schönheit, die neben dem
persönlichen Gebet steht und die Teilnahme am öffentlichen Kult der Kirche
ermöglicht. Es handelt sich um einen Ruf nach einer Methode, die ihren Wert
behält und vor allem wieder mit Autorität vom 2. Vatikanischen Konzil in der
Konstitution ‚Sacrosanctum Concilium‘ ausgedrückt ist: „Das christliche Leben
wächst nicht, wenn es nicht von der Teilnahme an der Liturgie, vor allem der
sonntäglichen Messe und dem täglichen persönlichen Gebet genährt wird."
Inmitten der
tausend Aktivitäten und der vielfältigen Anregungen, die uns umgeben, ist es
nötig, jeden Tag Momente der Sammlung vor dem Herrn zu finden, ihm zuzuhören
und mit ihm zu sprechen.
Gleichzeitig ist das uns vom hl. Petrus Canisius
übermittelte Beispiel nicht nur in seinen Werken, sondern vor allem mit seinem
Leben, von permanentem Wert. Er lehrt uns mit Klarheit die Entschiedenheit im
apostolischen Leben, das nur dann in den Herzen heilbringende Frucht bringt,
wenn der Prediger ein persönliches Zeugnis für Jesus ist und sein Instrument.
Er muss im Glauben und im Evangelium mit ihm und seiner Kirche verbunden sein,
ein kohärentes moralisches Leben und ein unaufhörliches Gebetsleben als seine
Liebe pflegen.
Dies gilt für jeden Christen, der mit Anstrengung und Treue
seine Nachfolge Christi leben möchte. Danke.
(Generalaudienz von Papst Benedikt XVI. über Petrus Canisius, 9.2.2011)
Christus mit den 12 Aposteln, Canisiuskirche, Wein |
Jesuitenkirche in Malaga, Gebet des hl. Petrus Canisius anlässlich seiner Herz Jesu Vision
Jesuitenkirche in Wien, P. Canisius über die Ehescheidung
Canisiuskirche in Wien, P. Canisius als Katechet
aus einem Brief von Ignatius von Loyola an Petrus Canisius
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