Liobastatue in St. Peter, die Glocke verweist auf den Traum der Mutter |
Als „Lehrerin Germaniens“ ging die aus England stammende heilige Lioba (um 710–782), die eigentlich Truthgeba hieß, in die Geschichte der katholischen Kirche ein. Sie war eine Verwandte des heiligen Bonifatius (um 672–754), mit dem sie ihr Leben lang eine zarte Freundschaft verband. Ihr Verdienst ist es, im achten Jahrhundert in Deutschland zahlreiche neue Nonnenklöster erbaut und hierfür viele Lehrerinnen ausgebildet zu haben.
Laut einer Legende träumte Liobas Mutter Ebba eines Nachts vor der Schwangerschaft, sie gebäre eine Glocke, deren Schall über die ganze Erde tönte. Mit diesem schönen Gleichnis zeigte Gott ihr im voraus, welche Aufgaben ihrer Tochter bestimmt seien und wie voll und ganz sie diese ausführen werde.
Truthgeba kam um 710 als Tochter edler Angelsachsen im Königreich Wessex zur Welt. Der Name „Truthgeba“ – deutsch: „Gottesgabe“ – beruht darauf, dass ihre Eltern Dynne und Aebbe (Ebba) lange auf sie warten mussten. Die Mutter Aebbe gab dem Mädchen den Beinamen Lioba – althochdeutsch: „die Liebe Gebende“ –, weil sie ihr besonders lieb war.
Die Eltern schickten Lioba um 720 zur Erziehung in das berühmte Benediktinerinnenkloster Wimborne in Dorset, das unter der Leitung der tüchtigen Äbtissin Tetta stand. Dort ist auch die heilige Walburga (um 710–um 779) erzogen worden, die wie Lioba ebenfalls später in Süddeutschland wirkte.
Wie sehr Lioba den heiligen Bonifatius mochte, dokumentiert ein erhaltener Brief an ihn: „Ich bin die einzige Tochter meiner Eltern, und wenn ich dich, so unwürdig ich dessen bin, an Bruder Statt erhalten könnte, wäre ich sehr glücklich, weil ich zu keinem andern Menschen aus meinem Geschlecht ein solches Zutrauen habe wie zu dir“.
Nach ihrer Ausbildung als Lehrerin in Wimborne wurde Lioba um 735 von Bonifatius ins Frankenreich geholt, um den Aufbau eines Netzes von Nonnenklöstern voranzutreiben. Sie richtete in Tauberbischofsheim (heute Baden-Württemberg) eine Klosterschule ein, in welcher der Lehrerinnennachwuchs für viele neu gegründete weitere Klöster eine Ausbildung erhielt.
Zahlreiche Töchter aus vornehmen Familien und angesehene Witwen nahmen den Schleier und traten in die von Lioba geleiteten Klöster ein. Dort galt die Regel des Ordensgründers Benedikt von Nursia (um 480–547): „Ora et labora“ („Bete und arbeite“). Lioba regierte bescheiden und freundlich und hielt ihre Nonnen zur Handarbeit und zum Studium an.
Bevor Bonifatius zu seiner letzten Missionsreise nach Friesland aufbrach, rief er Lioba nach Mainz und stellte sie unter den Schutz des heiligen Lullus (um 710–786), weil er sein eigenes baldiges Ende ahnte. Nach dem Märtyrertod von Bonifatius am 5. Juni 754 bei Dokkum in Friesland wirkte die Äbtissin noch lange segensreich. Über Lioba berichtete ihr Chronist: „Fürsten liebten sie, Bischöfe nahmen sie freudig auf und beredeten sich mit ihr über das Wort des Lebens“.
Als 70-Jährige zog sich Lioba auf Anraten von Bischof Lullus nach Schornsheim zurück, um dort unweit von Mainz und der Königspfalz von Karl dem Großen (747–814) in Ingelheim den Lebensabend zu verbringen. Der Frankenherrscher übereignete der von ihm sehr geschätzten Äbtissin das Königsgut Schornsheim. Die Schenkungsurkunde vom 28. Juli 782 enthält die erste Erwähnung von Schornsheim.
Bald nach einem letzten Besuch bei der seit 771 mit Kaiser Karl verheirateten Fränkin Hildegard (gest. 783) in Aachen starb Lioba am 28. September 782 in Schornsheim. Man setzte sie neben Bonifatius in Fulda bei. Damit war sie auch im Tod ihrem Lehrer und väterlichen Freund nahe.
Lioba ist 836 heilig gesprochen und ihre Reliquien sind auf den Petersberg überführt worden. Ihre Base, die ebenfalls aus England gekommene Thekla (gest. um 790), bekleidete ab 750 das Amt der Äbtissin der Klöster Kitzingen und Ochsenfurt.
Mehr als tausend Jahre später haben neu entstandene klösterliche Gemeinschaften Lioba zu ihrer Patronin gewählt. Dazu gehören seit 1920 die Benediktinerinnen von Freiburg-Günterstal, die mit insgesamt fast 250 Schwestern an verschiedenen Orten tätig sind. Zum Freiburger Mutterhaus zählt auch das Lioba-Kloster in Tauberbischofsheim.
Kirchen und Kapellen in Mannheim, Heidelberg, Wertheim, Walldürn,
Leingarten bei Heilbronn, Freiburg im Breisgau und Konstanz wurden
Lioba geweiht, Schulen und Altersheime tragen ihren Namen. Ihr Gedenktag
fällt auf den 28. September.
(kathpedia)
Heute gedenkt die Kirche auch des hl. Wenzel von Böhmen,
Statue auf der Karlsbrücke in Prag
des hl. Bischofs Exuperius von Toulouse
und der hl. Chuniald und Gislar
St. Peter, Liobakirche, bei Fulda, Grabeskirche der hl. Lioba |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen