Donnerstag, 17. April 2025

Gott ist uns immer voraus

Fußwaschung

Glasfenster, Notre Dame du Finistere, Brüssel (B16, Gründonnerstag 2006)

Glasfenster in Kathedrale Chalons en Champagne (Augustinus) 


Kreuzgang in Heiligenkreuz

Fußwaschung des Petrus, Heiligenkreuzer Kreuzgang

 

Wenn wir dem Evangelium achtsam zuhören, können wir in der Begebenheit von der Fußwaschung zwei verschiedene Aspekte feststellen. Die Waschung, die Jesus seinen Jüngern schenkt, ist zunächst einfach seine Tat – Gabe der Reinheit, der Gottfähigkeit, die er ihnen schenkt.
Aber die Gabe wird dann zum Beispiel, zum Auftrag, gegenseitig füreinander dasselbe zu tun. Die Väter haben diese Zweiheit der Aspekte der Fußwaschung mit den Worten sacramentum und exemplum bezeichnet.
Sacramentum meint dabei nicht ein bestimmtes Sakrament von den sieben, sondern das Mysterium Christi als ganzes, von der Inkarnation hin zu Kreuz und Auferstehung: Dies Ganze wird zur heilenden und heiligenden Kraft, zur verwandelnden Kraft für die Menschen, wird unsere Metabasis, unsere Umformung in ein neues Sein hinein, in die Offenheit für Gott und in die Gemeinschaft mit ihm.

Aber dieses neue Sein, das er uns einfach gibt ohne unser Verdienst, muß dann zur Dynamik neuen Lebens in uns werden. Das Miteinander von Geschenk und Beispiel, das wir im Fußwaschungs-Evangelium finden, ist charakteristisch für das Wesen des Christentums überhaupt. Christentum ist nicht eine Art Moralismus, ein bloßes ethisches System. Am Anfang steht nicht unser Tun, unsere moralische Tüchtigkeit.

Christentum ist zuallererst Geschenk: Gott gibt sich uns – nicht etwas gibt er uns, sondern sich selbst. Und dies steht nicht nur am Anfang, im Augenblick der Bekehrung. Er bleibt immerfort der Schenkende. Er beschenkt uns immer wieder. Er ist uns immer voraus. Deshalb ist der zentrale Akt des Christseins Eucharistie: Dankbarkeit für das Beschenktsein, Freude über das neue Leben, das er uns gibt.
(B16, Gründonnerstag, 2008)




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