Tempelreinigung, St Peter´s, Nottingham |
Dann kommt er zum Tempel. Aber dort, wo der Raum der Begegnung
zwischen Gott und Mensch sein sollte, findet er Viehhändler und
Geldwechsler, die den Ort des Gebets mit ihren Geschäften ausfüllen.
Gewiß – das Vieh, das dort angeboten wurde, gehörte für die Opfer, die
im Tempel dargebracht wurden. Und da im Tempel nicht das Geld gebraucht
werden konnte, auf dem die römischen Imperatoren dargestellt waren, die
dem wahren Gott entgegenstanden, mußte dort Geld eingetauscht werden,
das keine götzendienerischen Bilder trug.
Aber all das konnte anderswo
geschehen: Der Raum, an dem es nun geschah, sollte seiner Bestimmung
nach Vorhof der Heiden sein. Denn der Gott Israels war eben der eine
Gott aller Völker, und wenn die Heiden auch gleichsam nicht den
Innenraum der Offenbarung betreten, so konnten sie sich doch im Vorhof
des Glaubens dem Gebet an den einen Gott anschließen. Der Gott Israels,
der Gott aller Menschen, wartete immer auch auf ihr Gebet, auf ihr
Suchen und Rufen. Aber nun herrschte da stattdessen das Geschäft – ein
Geschäft, das von der zuständigen Behörde legalisiert worden war, die
selbst am Gewinn der Händler beteiligt war. Die Händler handelten recht
nach der geltenden Ordnung, aber die Ordnung selbst war korrupt.
„Habsucht ist Götzendienst“, sagt der Kolosserbrief (vgl. 3, 5). Diesen
Götzendienst findet Jesus vor, und ihm gegenüber zitiert er Jesaja:
„Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein“ (Mt 21, 13; vgl. Jes 56, 7), und Jeremia: „Ihr aber macht daraus eine Räuberhöhle“ (Mt 21, 13; cfr Jer
7, 11). Gegen die falsch verstandene Ordnung verteidigt Jesus mit
seiner prophetischen Gebärde die wahre Ordnung, die sich im Gesetz und
den Propheten findet.
All dies muß uns auch heute als Christen nachdenklich machen: Ist unser Glaube rein und offen genug, daß auch die „Heiden“, die suchenden und fragenden Menschen von heute, von ihm her das Licht des einen Gottes erahnen, sich in den Vorhöfen des Glaubens an unser Beten anhängen, mit ihrem Fragen doch auch Anbetende werden können? Wissen wir auch mit dem Herzen und mit unserer Lebenspraxis, daß Habsucht Götzendienst ist? Lassen wir nicht auf vielerlei Weise die Götzen auch mitten in die Welt unseres Glaubens hinein? Sind wir bereit, uns immer wieder neu vom Herrn reinigen, aus uns und aus der Kirche austreiben zu lassen, was ihm entgegensteht?
Bei der Tempelreinigung geht es aber um mehr als um Bekämpfung von
Mißbräuchen. Eine neue Geschichtsstunde ist angesagt. Nun beginnt, was
Jesus der Samariterin auf ihre Frage nach der rechten Anbetung
angekündigt hatte: „Die Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die
wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn
so will der Vater angebetet werden“ (Joh 4, 23). Die Zeit ist zu
Ende, in der Tiere für Gott geopfert wurden. Immer schon waren die
Tieropfer nur ein armseliger Ersatz gewesen, eine Gebärde der Sehnsucht
nach der wirklichen Weise, Gott anzubeten. Der Brief an die Hebräer hat
als Überschrift über das Leben und Wirken Jesu ein Wort aus Psalm 40
gestellt: „Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gewollt; aber einen
Leib hast du mir bereitet“ (Hebr 10, 5). An die Stelle der
Schlacht- und Speiseopfer tritt Christi Leib, tritt er selbst. Nur die
„Liebe bis ans Ende“, nur die sich ganz für die Menschen an Gott
verschenkende Liebe ist der wahre Kult, ist das wahre Opfer. Anbeten im
Geist und in der Wahrheit bedeutet Anbeten in der Gemeinschaft mit ihm,
der die Wahrheit ist; anbeten in der Gemeinschaft mit seinem Leib, zu
dem uns der Heilige Geist zusammenführt.
(Benedikit XI., 16.3.2008, Palmsonntag, Weltjugendtag()
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen