Sonntag, 1. Oktober 2017

Das Lächeln der Himmelskönigin (Theresia von Lisieux)

Heilung Theresias durch die Mutter Gottes, Les Buissonnets

Mit viereinhalb Jahren wird Theresia von der härtesten Prüfung getroffen: ihre Mama (...) stirbt am Krebs am28. August 1877. Sie ist 46 Jahre alt. Der Kummer des Kindes, ja der ganzen Familie, ist unermeßlich und dauerhaft. Pauline wird sechzehnjährig zur zweiten Mama der kleinen Theresia.
Bald nach dem Tod seiner Gattin entschließt sich Louis Martin, sich in Lisieux niederzulassen. Isidore Guerin, sein Schwager, Apotheker in dieser Stadt, findet (...) eine schöne mit Mauern umgebene Liegenschaft, eingebettet im Grün von Laub und Rasen. Theresia wird an die elf Jahre in den Buissonnets verbringen. Sie wird mit Zärtlichkeit umhegt von ihren Schwestern und besonders von ihrem Vater, den sie ihren "geliebten König" nennt. "Papas so zärtliches Herz hatte zur Liebe, die er bereits hegte, eine wahrhaft mütterliche Liebe hinzugefügt", wird sie1895 schreiben. Sie verbringt ein paar sorglose Jahre (..)

Die Periode heiteren Glückes geht zu Ende im Oktober 1881. Theresia ist achteinhalbjährig. Als Halbpensionärin tritt sie in die Schule der Benediktinerinnenabtei ein. Sie verbringt dort fünf Jahre, "die traurigsten Jahre meines Lebens". Sie hat jedoch recht guten Erfolg bei ihren Studien; die Ordensfrauen zeigen ihr viel Zuneigung. Was dabei aber dieser hinfälligen Blüte fehlt, ist die dauerhafte Wärme ihrer Familie. Die Prüfung spitzt sich zu im Sommer 1882. Mit Bestürzung muß sie zur Kenntnis nehmen, daß Pauline, ihre zweite Mama, die Buissonnets verläßt, um sich in den Karmel zurückzuziehen. Die Gesundheit des Kindes verdirbt. Die Erschütterung war so hart, daß seine Nerven arger Belastung ausgesetzt waren. Zittern, Angstkrisen und Halluzinationen.

"Die befremdliche Krankheit" dauert fünf Wochen. Sie hört so plötzlich auf, wie sie aufgetreten ist. Am 13. Mai 1883 blickt das Kind auf die Statue der Jungfrau Maria, die immer im Herzen der Familie gestanden hat; sie sieht, wie sie lebendig wird, die Himmelskönigin lächelt ihr zu und geht auf sie zu... Die Heilung tritt unverzüglich ein.

(R. Lejeune, Der kleine Weg der Theresia von Lisieux, 9f)

Wohnhaus der Familie Martin in Lisieux

Eines Tages hatte ich zu Pauline gesagt, daß ich Einsiedlerin sein, mit ihr in eine ferne Wüste ziehen möchte; sie hatte mir erwidert, dies sei auch ihr Wunsch, und sie werde warten mit dem Weggehen, bis ich groß genug sei. Gewiß war das nicht ernst gemeint, aber Thereschen hatte es ernst genommen; wie groß war daher nicht ihr Schmerz, als sie eines Tage ihre liebe Pauline mit Marie über ihren baldigen Eintritt in den Karmel reden hörte.
Ich wußte nicht, was der Karmel war, aber ich begriff, daß Pauline mich verlassen wollte, um in ein Kloster einzutreten. Ich begriff, daß sie nicht auf mich warten würde, und daß ich im Begriff war, meine zweite Mutter zu verlieren!
Ach, wie vermöchte ich meine Herzensangst zu beschreiben!
In einem Augenblick begriff ich, was das Leben ist, bin anhin war es mir nicht so traurig erschienen, aber es zeigte sich mir in meiner ganzen Wirklichkeit, ich sah, daß es nur Leid ist und beständige Trennung. Ich vergoß gar bittere Tränen, denn ich verstand noch nicht die Freude, die im Opfer liegt; ich war schwach, so schwach, daß ich es als große Gnade betrachtete, eine Prüfung überstanden zu haben, die weit über meine Kräfte zu gehen schien! ((52f)




Die Krankheit, die mich befiel, kam sicher vom bösen Geiste, voller Wut über ihren Eintritt in den Karmel, wollte er sich an mir rächen für den Schaden, den unsere Familie ihm in Zukunft noch zufügen sollte, aber er wußte nicht, daß die milde Himmelskönigin über ihr zartes Blümlein wachte, daß sie ihm von der Höhe ihres Thrones zulächelte und sich bereit hielt, dem Sturm in dem Augenblick Einhalt zu gebieten, da ihre Blume für immer zu brechen drohte.
Gegen Ende des Jahres wurde ich von einem ständigen Kopfweh befallen, das mir fast keine Beschwerden machte, ich konnte meine Schularbeit fortsetzen, und niemand war meinetwegen beunruhigt, so ging es bis zum Osterfest 1883. (56)




.... Tagsdarauf bekam ich einen Rückfall, und die Krankheit wurde so schlimm, daß ich nach menschlichem Ermessen nicht mehr genesen sollte... Ich weiß nicht, wie eine so seltsame Krankheit beschreiben soll, heute bin ich überzeugt, daß sie das Werk des bösen Geistes war, aber noch lange nach meiner Heilung glaubte ich, ich sei absichtlich krank geworden, und dieser Gedanke bedeutete für meine Seele ein wahres Martyrium. (58)

Hier wurde Theresia durch das Lächeln der Mutter Gottes geheilt, Les Buissonnets

Da sie auf Erden keinerlei Hilfe fand, hatte sich auch die arme kleine Therese ihrer himmlischen Mutter zugewandt und bat sie von ganzem Herzen, sie doch endlich ihrer zu erbarmen...
Plötzlich erschien mir die Mutter Gottes schön, so schön, daß ich nie Schöneres gesehen hatte, ihr Antlitz atmete unaussprechliche Güte und Zärtlichkeit; was mir aber bis ins Innerste der Seele drang, das war das "bezaubernde Lächeln der seligsten Jungfrau".
Da zerstoben alle meine Leiden, zwei dicke Tränen entquollen meinen Augen und sollten lautlos über meine Wangen; aber es waren Tränen ungetrübter Freude...
Oh! dachte ich, die Seligste Jungfrau hat mir zugelächelt, was bin ich glücklich... "aber nie will ich es jemanden erzählen, denn sonst würde mein Glück verschwinden. Ohne jede Anstrengung senkte ich die Augen und sah Marie, die mich mit Liebe anblickte; sie schien bewegt, schien mir etwas von der Gnade zu ahnen, die mir die Muttergottes gewährt hatte...
Ja, ihr, ihren ergreifenden Gebeten verdanke ich die Gnade des Lächelns der Himmelskönigin. Als sie meinen Blick unverwandt auf die Statue gerichtet sah, hatte sie sich gesagt: "Therese ist geheilt!"
Ja, die kleine Blume sollte neu aufleben, der leuchtende Strahl, der sie erwärmt hatte, sollte wohltuend weiterwirken; nicht mit einem Schlage wirkte er, sondern sanft, milde richtete er seine Blume wieder auf und kräftigte sie dergestalt, daß sie fünf Jahre später auf dem fruchtbaren Berg des Karmel sich entfalten konnte. (62f)

(Therese von Lisieux, Selbstbiographie, Johannes Verlag)

Haare von Thersia von Lisieux

Statue der Jeanne d´Arc, Les Buissonnets

Les Buissonnets, Lisieux

Die Jungfrau des Lächselns

Warum ich dich liebe, Maria

Sag Jesus, er möge niemals
auf mich Rücksicht nehmen!
Gerne kann er sich verbergen;
ich bin bereit, auf ihn zu warten
bis zum Tag ohne Untergang,
an dem mein Glaube erlöschen darf...

Bald werde ich hingehen,
um dich im schönen Himmel zu schauen.
Du, die du am Morgen meines Lebens
mir zulächeltest,
komm, Mutter,
und schenke mir nochmals dein Lächeln!

Sieh, der Abend ist da.
Ich fürchte den Glanz
deiner Herrlichkeit nicht mehr,
habe ich doch mit dir gelitten...
Nun will ich es dir auf deinen Knien singen, 
warum ich dich liebe...

Im letzten Marienmonat ihres Lebens schreibt Therese ihr letztes und größtes Gedicht:
"Mein kleines Gedicht drückt alles aus, was ich über Maria denke und predigen würde, wenn ich Priester wäre.") Zum ganzen Text

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