Am Tag der Heiligsprechung von P. Pio, am 16. Juni 2002, hat Kardinal Christoph Schönborn in einer Katechese über die Berufung zur Heiligkeit gesprochen und P. Pio als Beispiel angeführt:
Heute ist ein ganz besonderer Tag. Es ist der Tag der Heiligsprechung von Padre Pio. Ich glaube, es fügt sich gut, dass das letzte Thema unserer Katechesen dieses Jahres das ist, was P. Pio so einzigartig darstellt: die Heiligkeit. "Gerecht gemacht durch Gott" - Berufung zur Heiligkeit. Beides: "Gerecht gemacht durch Gott" (vgl. Röm 8,30), die so genannte Frage der Rechtfertigung, und die Berufung zur Heiligkeit, wird in besonderer Weise durch P. Pio sichtbar gemacht. Ich darf deshalb mit besonderer Freude zuerst etwas über P. Pio sagen. - Nicht, dass Sie nicht besser Bescheid wüssten über ihn! - Ich schließe mich einfach den vielen Hunderttausenden an, die heute in Rom bei der Heiligsprechung von P. Pio durch Papst Johannes Paul II. dabei waren, oder den vielen Millionen, die es über das Fernsehen miterlebt haben. Es ist schon faszinierend, welche Popularität dieser nun heilig gesprochene Kapuzinerpater aus Pietrelcina, der den Großteil seines Lebens in dem kleinen Kapuzinerkloster in S. Giovanni Rotondo bei Foggia verbrachte, heute hat. Mehr Pilger gehen heute an das Grab des P. Pio als nach Lourdes, 7 Millionen schätzt man im Jahr. Überall in Italien, besonders in Italien aber auch weltweit, begegnet man einer großen Liebe zu P. Pio.
Ich hatte selber das Glück, P. Pio zu sehen, zu erleben bei einer Wallfahrt mit unserer Heimatpfarre im Jahr 1961. Ich war damals sechzehnjährig und eher kritisch allen diesen Phänomenen gegenüber, wie man halt mit sechzehn eher zurückhaltend ist, wenn es um so begeisterte süditalienische Frauen geht, die an der Tür der Kirche sich streiten, wer den ersten Platz haben kann und hinein stürmen in die Kirche unter Hintanstellung jeglicher Formen der Nächstenliebe, wenn man das sieht und dann die vielen Devotionalien, die rund um dieses Kloster damals schon zu finden waren, P. Pio mit Schnee und P. Pio auf dem Thermometer und P. Pio überall. Als wir dann aber in der Kirche waren sehr früh am Morgen und die Messe begonnen hat - ja, ich glaube ich kann sagen, ich habe nie in meinem Leben mehr so eine Messe erlebt, so zelebrieren gesehen wie P. Pio dieses eine Mal, wo ich dabei sein konnte. Das war wohl für zahllose Menschen der unvergessliche Eindruck dieses einfachen Kapuzinerpaters, wie er die hl. Messe gefeiert hat. Wenn man ihn gesehen hat, beim Offertorium, der Darbringung der Gaben, bei der Wandlung, bei der Kommunion, hatte man den unwiderstehlichen Eindruck: Das ist absolut wirklich, was da geschieht, das ist nicht ein äußerer Ritus, an dem jemand äußerlich teilnimmt, sondern das Geschehen. Was das Sakrament bezeichnet, das geschieht: das Opfer Christi, das er in den Stigmaten, den Wundmalen, an seinem eigenen Leib mit gelebt hat und das er in der Feier der Messe so deutlich sichtbar gemacht hat.
Beichten gehen konnte ich nicht bei ihm, denn man musste italienisch können, und das konnte ich damals nicht. Aber ich habe von vielen Berichte gehört, die bei ihm beichten waren, und auch da das Unvergleichliche seiner Aufmerksamkeit, seines Humors aber auch seiner unerbittlichen Strenge, wenn es um die Bekehrung ging, um die Reue, und seine grenzenlose Barmherzigkeit, wenn er auch nur eine Spur von Reue gespürt hat.
Die Stigmaten, die Wundmale, hat er fünfzig Jahre lang an seinem Leib getragen hat. Er ist zwei Tage nach dem fünfzigsten Jahrestag seiner Stigmatisierung gestorben, im Jahr 1968. Sicher war das ein Grund, warum Menschen neugierig waren, nach S. Giovanni Rotondo zu gehen. Aber es war noch etwas anderes: die erschütternde, bewegende und zur Umkehr aufrüttelnde Begegnung mit der Liebe Christi.
Dann seine intensive Liebe zu den Armen und zu den kleinen, die Ströme an Spendengeldern, die zu ihm kamen, hat er verwendet, um ein riesiges Spital zu bauen, "Casa sollievo della sofferenza", das "Haus zur Erleichterung der Leiden", ein prachtvolles Spital, das immer noch vergrößert wird, mit den besten Ärzten, eines der besten Italiens. Er wollte, dass die Armen dort behandelt würden wie Christus selber, mit der größten Zuvorkommenheit und mit der besten medizinischen Pflege.
Dann die vielen Zeichen seiner Nähe, die so viele Menschen erfahren haben, die Erfahrung, dass der Himmel nahe ist, dass die Heiligen bei uns sind, außerordentliche Phänomene immer wieder erlebt, der Duft, der seine Gegenwart angezeigt hat, seine Erscheinungen, seine vielfach bezeugten Bilokationen aber auch vor allem die vielen, vielen Erfahrungen konkreter, einfacher, täglicher Hilfe des Himmels. Alles das ist Grund zu großer Freude und zu Dankbarkeit, dass Gott uns auch heute Zeichen seiner Nähe schenkt. (....)
Wie sieht der Weg zur Heiligkeit aus? Ich danke dem Internet, das es mir möglich gemacht hat, die Predigt, die der Heilige Vater heute in Rom zur Heiligsprechung von Padre Pio gehalten hat, schon zu kennen. Und so darf ich ihn befragen. Was hat der Heilige Vater heute am Petersplatz zur Heiligkeit des P. Pio gesagt? Er hat vier Elemente genannt, und ich glaube, sie haben universale Gültigkeit, auch wenn sie unterschiedlich in den verschiedenen Lebensständen zu leben sind.
Erstens: "Nehmt mein Joch auf euch und folgt mir nach, denn mein Joch ist sanft und meine Last, meine Bürde ist leicht" (Mt 11,30). Mit diesen Worten des Evangeliums von der heutigen Heiligsprechung hat der Heilige Vater begonnen. Und er sagt: P. Pio zeigt durch sein Leben, dass Jesu Joch tatsächlich "dolce", süß ist, sanft, leicht. Jesu Joch ist "dolce". P. Pio hat das in seinem Leben gezeigt: Nehmt mein Joch auf euch, es ist leicht. Verglichen mit vielen anderen Jochen, die Menschen, die wir auf uns nehmen, ist Jesu Joch leicht. Und er erklärt weiter: Aber dieses Joch ist das Kreuz, das Kreuz Jesu. P. Pio habe in seinem Leben eine immer größere Gleichförmigkeit mit dem Gekreuzigten gesucht und verwirklicht, und das nicht aus Liebe zum Leiden, sondern aus Leidenschaft für das Erlösungswerk Christi, um teilzunehmen am Erlösungswerk Jesu Christi. Das hat P. Pio motiviert, das war seine Leidenschaft, dafür hat er gelitten und gelebt, um Menschen die Gnade Christi zu schenken, zu erwerben, zu verdienen. Im Plan Gottes ist das Kreuz das wahre Instrument des Heils für alle Menschen. Es ist der Weg, den Jesus ausdrücklich seinen Nachfolgern vorgeschlagen hat. Nur auf diesem Weg der Selbstverleugnung und des Kreuzes können wir Christus ähnlich werden, sagt der Papst heute Vormittag in Rom. Wenn man ihn anschaut, dann wird das alles gleich sehr konkret und sichtbar, wie sehr er selber das lebt.
Das zweite Kennzeichen von P. Pio gilt zweifellos für alle, die den Weg der Heiligkeit suchen: Gottes Barmherzigkeit. Ich glaube, es gehört zu den großen Kennzeichen der Heiligkeit im 20. Jahrhundert, dass wie kaum zuvor Gottes Barmherzigkeit verkündet und gelebt wird: die kleine hl. Theresia, noch im 19. Jahrhundert, die hl. Sr. Faustina und ganz besonders P. Pio. Eine geradezu Maßlosigkeit der Barmherzigkeit Gottes, sie kommt aus der Gleichförmigkeit mit dem Kreuz Christi. Je mehr er sich Christus, dem Gekreuzigten, genähert hat, desto größer ist sein Erbarmen geworden. Ich könnte manche Anekdote aus dem Leben des P. Pio erzählen, die mir berichtet würde über diese grenzenlose Barmherzigkeit. Vor allem, wenn er das Messopfer gefeiert hat, hat man das gespürt, für alle Menschen. Wenn er die Patene hochgehalten hat bei dem Offertorium, das oft lange gedauert hat, hat man gewusst, für wie viele Menschen er jetzt da ist und ihnen die Barmherzigkeit Gottes erfleht. Dann vor allem in der Beichte.
Freilich, P. Pio konnte auch sehr streng sein. Mir hat jemand erzählt, der das selber erlebt hat, dass er sich während der Messe, die noch zum Altar zelebriert wurde, plötzlich umgedreht, jemand in der Kirche gesucht und ganz laut gerufen hat: "Via! Via!" - "Raus! Raus!" Er ist mit hochrotem Kopf aus der Kirche hinausgegangen. P. Pio hat ihn mit den Finger hinausgewiesen und sich erst umgedreht, als er draußen war - Barmherzigkeit Gottes. Offensichtlich wusste P. Pio in seinem Innersten: Dieser Mensch braucht einen Anstoß, den muss man schütteln, dass er sich bekehrt. Er ist auch tatsächlich nach drei Tagen zu P. Pio beichten gegangen, wie mir ein lieber Freund, Priester, Italiener erzählt hat, der die Szene selber erlebt hat - Barmherzigkeit, die Leidenschaft für das Heil, für die Bekehrung, für die Liebe Gottes zu den Menschen.
Drittens, sagt der Heilige Vater heute in seiner Predigt: Der tiefste Grund für den apostolischen Erfolg des P. Pio war seine innigste Verbindung mit Gott im Gebet. Lange Stunden des Gebets, und er pflegte zu sagen: "Io sono un povero frate, qui prega." - "Ich bin ein armer Ordensbruder, der betet." Er hat gesagt: Das Gebet ist die beste Waffe, die wir haben, ein Schlüssel, der das Herz Gottes öffnet.
Als viertes nennt der Heilige Vater, dass bei ihm das Gebet immer verbunden war mit der Caritas, mit der caritativen Tätigkeit, vor allem mit seiner leidenschaftlichen Liebe für die Armen, die Kleinen, die Notleidenden, konkretisiert in dem großartigen Spital in S. Giovanni Rotondo. Gebet und Nächstenliebe, sagt der Heilige Vater, sind die Synthese des Lebens der Heiligkeit von P. Pio.
Vier Schritte zur Heiligkeit: Kreuzesnachfolge, Barmherzigkeit, Gebet, Nächstenliebe. Das hat der Heilige Vater heute Vormittag am Petersplatz gesagt. Ich möchte schließen mit dem Gebet, mit dem er heute Vormittag seine Predigt beendet hat:
"Ich preise dich Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du diese Dinge ... den kleinen geoffenbart hast" (Mt 11,25). Wie geeignet scheinen diese Worte Jesu, wenn wir sie auf dich beziehen, du demütiger und geliebter P. Pio. Lehre auch uns, so bitten wir dich, die Demut des Herzens, damit auch wir zu den Kleinen des Evangeliums gezählt werden, denen der Vater versprochen hat, ihnen die Geheimnisse seines Reiches zu offenbaren. Hilf uns zu beten, ohne jemals müde zu werden, gewiss, dass Gott weiß, wessen wir bedürfen, auch noch bevor wir es ihn gebeten haben. Erbitte uns einen Blick des Glaubens, der fähig ist, in den Armen und Leidenden sofort das Antlitz Jesu Christi selbst zu erkennen. Stütze uns in der Stunde des Kampfes und der Prüfung. Und wenn wir fallen, hilf uns, dass wir die Freude des Sakraments der Versöhnung erfahren. Vermittle uns deine zarte Verehrung für Maria, die Mutter Jesu und unsere Mutter. Begleite uns auf unserer irdischen Pilgerschaft zur ewigen Heimat, wo wir hoffen, auch selber einmal hinzugelangen, um in Ewigkeit die Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu betrachten.
Jesus allein kann begreifen, welche Pein es für mich bedeutet, wenn ich die qualvolle Szene des Kalvarienbergs vor mir sehe.
Genauso schwer zu verstehen ist es, welchen Trost es für Jesus bedeutet, wenn man wegen Seiner Schmerzen nicht nur Mitleid mit Ihm verspürt, sondern wenn Er eine Seele findet, die aus Liebe zu Ihm nichts für sich selbst um Hilfe bittet, sondern darum, Seine Schmerzen mit Ihm teilen zu können.
(132, dieser und die folgenden Texte sind dem Buch "Guten Tag", Gedanke von P. Pio für jeden Tag des Jahres entnommen)
Kelch und Patene von P. Pio, die er bei seiner letzten hl. Messe am 22. September 1968 verwendete |
In der heiligen Messe erneuere deinen Glauben und bedenke, wer das Opferlamm ist, das sich für dich der göttlichen Gerechtigkeit darbietet, um sie zu versöhnen uns uns wieder gewogen zu machen.
Wenn es dir gut geht, hörst du die Messe. Wenn es dir schlecht geht und du nicht an ihr teilnehmen kannst, bist du es, der die Messe feiert. (133)
P. Pio werden 1931 alle Amtsbefugnisse entzogen, zwei Jahre lang durfte er die hl. Messe nur privat ohne Teilnahme von Gläubigen feiern. |
Während der Feier der hl. Messe hänge ich mit Jesus am Kreuz und erleide alles, was Jesus auf dem Golgota erlitten hat, so weit das einer menschlichen Natur möglich ist. (Derobert, P. Pio, 720f)
Albe, Zingulum und Stola von P. Pio |
In diesen so traurigen Zeiten, in denen der Glaube erloschen ist, in denen die Gottlosigkeit ihren Triumpf feiert, ist die eucharistische Speise das sicherste Mittel, um sich von dieser tückischen Krankheit, die uns umgibt, frei zu halten.
Und das wird denen schwerlich gelingen, die monatelang dahinleben, ohne sich von dem Unbefleckten Fleisch des Gotteslammes zu sättigen. (135)
In Erinnerung an seine Priesterweihe |
Aber mein Vater, wohin eilen meine Gedanken, während ich dies schreibe? Zu dem schönen Tag meiner Priesterweihe! Morgen, am Fest des hl. Laurentius, ist auch mein Festtag. Ich spüre aufs neue die Freude jenes für mich so heiligen Tages. Seit heute morgen schon erlebe ich den Vorgeschmack des Paradieses...
Wie wird es erst sein, wenn wir es auf ewig genießen werden!? Ich vergleiche die Ruhe des Herzens, die ich an jenem Tag empfunden habe, mit der Ruhe des Herzens, die ich heute am Vortag des Festes verspüre, und ich kann keinen Unterschied feststellen.
Der Tag des hl. Laurentius war der Tag, wo ich mein Herz am meisten von der Liebe zu Jesus entbrannt fühlte. Wie glücklich war ich, wie habe ich jenen Tag genossen!
(P. Pio an P. Augustino, am 9. August 1912, in: P. Pio v. Pietrelcina, Briefe I, 355)
Grabeskapelle von P. Pio von Pietrelcina |
Mein Jesus, rette alle;
ich biete mich für alle zum Opfer an:
gib mir Kraft;
nimm mein Herz,
erfülle es mit Deiner Liebe
und befiehl mir dann,
was Du willst. (137)
Lieber sa vi, danke! Beachten wir also, dass vom hl. Meßopfer die Rede ist und nicht von Eventmessen, Jugendmessen udgl., Mit-neuen-Augen-sehen-Messen, - die heilige Messe ist ein Meßopfer.
AntwortenLöschenDanke auch für die schönen Fotos!
LG
Was verloren zu gehen droht, muss neu verkündigt werden! Und ab und zu mal die Zelebrationsrichtung wechseln schadet auch nicht ;-)
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