Zu Maria Magdalena hatte der Herr gesagt: »Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen« (Joh
20,17).
Ein Wort, das uns überrascht, vor allem wenn wir es mit dem
vergleichen, was mit dem ungläubigen Thomas geschieht. Dort im
Abendmahlssaal zeigt der Auferstandene selbst dem Apostel die Hände und
die Seite, damit er sie berührte und daraus die Gewißheit gewann, daß es
tatsächlich Er war (vgl. Joh 20,27). In Wirklichkeit besteht
zwischen den beiden Episoden kein Widerspruch; im Gegenteil, die eine
hilft uns, die andere zu verstehen. Maria Magdalena möchte ihren Meister
so wiederhaben wie vorher und hält das Kreuz für eine dramatische
Erinnerung, die man vergessen kann. Doch für eine rein menschliche
Beziehung mit dem Auferstandenen ist jetzt kein Platz mehr. Um ihm zu
begegnen, muß man nicht zurückkehren, sondern auf neue Weise zu ihm in
Beziehung treten: Man muß weitergehen! Das unterstreicht der hl.
Bernhard: Jesus »lädt uns alle zu diesem neuen Leben, zu diesem Übergang
ein … Wir werden Christus nicht sehen, wenn wir uns nach rückwärts
wenden« (Predigt über Ostern; PL 183). Und genau das ist bei Thomas geschehen.
Jesus zeigt ihm seine Wundmale nicht, um das Kreuz zu vergessen, sondern um es auch in Zukunft unvergeßlich zu machen. Denn der Blick ist nunmehr in die Zukunft gerichtet. Aufgabe des Jüngers ist es, Zeugnis zu geben vom Tod und von der Auferstehung seines Meisters und von seinem neuen Leben. Darum fordert Jesus seinen ungläubigen Freund dazu auf, »ihn zu berühren«: Er will ihn zum direkten Zeugen seiner Auferstehung machen.
Thomas und der Auferstandene, Alte Kathedrale in Salamanca |
Liebe Brüder und Schwestern, wie Maria Magdalena, Thomas und die
anderen Apostel, sind auch wir gerufen, Zeugen des Todes und der
Auferstehung Christi zu sein. Wir können die großartige Nachricht nicht
für uns behalten. Wir müssen sie der ganzen Welt überbringen: »Wir haben
den Herrn gesehen!« (Joh 20,25). Die Jungfrau Maria helfe uns,
die österliche Freude voll auszukosten, auf daß wir, gestärkt durch die
Kraft des Heiligen Geistes, dazu fähig werden, überall, wo wir leben und
wirken, sie unsererseits zu verbreiten. Nochmals Frohe Ostern euch
allen!
(B16, 11. April 2007)
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