Donnerstag, 26. Dezember 2019

Stephanus - ein echter Jünger Jesu

Steinigung des hl. Stephanus, Victor Mottez, 1837
St. Etienne, Lille



Liebe Brüder und Schwestern! 

Nachdem wir gestern die Geburt Christi festlich begangen haben, gedenken wir heute der »Geburt zum Himmel« des hl. Stephanus, des ersten Märtyrers. Es besteht eine besondere Verbindung zwischen diesen beiden Festtagen, die in den folgenden Worten aus der ambrosianischen Liturgie gut zusammengefaßt ist: »Gestern wurde der Herr auf Erden geboren, damit Stephanus zum Himmel geboren würde« (bei der Brotbrechung). Wie Jesus sich am Kreuz dem Vater vollständig hingegeben und seinen Peinigern vergeben hat, so betet auch Stephanus in seiner Todesstunde und sagt: »Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!« und »Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!« (vgl. Apg 7,59–60). Stephanus ist ein echter Jünger Jesu und handelt genauso wie er. Mit ihm beginnt jene lange Reihe von Märtyrern, die ihren Glauben mit dem Opfer des Lebens besiegelten und durch ihr heldenhaftes Zeugnis verkündeten, daß Gott Mensch wurde, um den Menschen das Himmelreich zu öffnen. 

In der frohen Weihnachtsatmosphäre darf der Verweis auf das Martyrium des hl. Stephanus nicht als unangebracht erscheinen. Tatsächlich fällt der Schatten des Kreuzes schon auf die Krippe von Betlehem. Das Kreuz kündigt sich an in der Armut des Stalls, in dem das Kind weint, in der Weissagung Simeons über das Zeichen des Widerspruchs und über das Schwert, das der Muttergottes durch die Seele dringen sollte, und die Verfolgung durch Herodes, die die Flucht nach Ägypten notwendig machen wird. Es darf nicht verwundern, daß eines Tages dieses Kind, nunmehr erwachsen, seine Jünger auffordert, ihm auf dem Weg des Kreuzes mit vollkommenem Vertrauen und ganzer Treue zu folgen. Von seinem Beispiel angezogen und von seiner Liebe gestützt, werden viele Christen schon in der Anfangszeit der Kirche ihren Glauben mit dem Tod bezeugen. Den ersten Märtyrern werden im Laufe der Jahrhunderte und bis zum heutigen Tag viele weitere folgen. Wie sollte man verkennen, daß auch in dieser unserer Zeit in vielen Teilen der Welt das Bekenntnis des christlichen Glaubens das Heldentum der Märtyrer erfordert? Und wie sollte man verschweigen, daß man für ein konsequentes Leben nach dem Evangelium überall, also auch dort, wo es keine Verfolgung gibt, einen hohen Preis zahlen muß? 

Während wir das göttliche Kind in den Armen Mariens betrachten und auf das Vorbild des hl. Stephanus schauen, bitten wir Gott um die Gnade, unseren Glauben konsequent zu leben, stets bereit, allen Rede und Antwort zu stehen, die nach der Hoffnung fragen, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15).
(Benedikt XVI., Angelus, 26.12.2005)






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