der hl. Bernard und Maria, Zisterzienserkloster Schlierbach |
In einer anderen
berühmten Predigt zum Sonntag in der Oktav von Christi Himmelfahrt beschreibt
der heilige Abt mit leidenschaftlichen Worten die innige Teilhabe Mariens am
Erlösungsopfer des Sohnes. „O heilige Mutter – ruft er aus – in Wahrheit hat
ein Schwert deine Seele durchbohrt! ... Die Gewalt des Schmerzes hat deine
Seele so sehr durchdrungen, dass wir dich zurecht mehr als eine Märtyrerin
nennen dürfen, da in dir die Teilhabe am Leiden des Sohnes in ihrer Stärke bei
weitem über die leiblichen Leiden des Martyriums hinausgegangen sind“ (14: PL
183,437-438). Bernhard hat keine Zweifel: „per Mariam ad Iesum“, durch Maria
werden wir zu Jesus geführt. Er bestätigt mit Klarheit,entsprechend den
Grundlagen der traditionellen Mariologie, die Subordination Mariens unter
Jesus. Aber der Corpus der Predigt dokumentiert auch den bevorzugten Platz der
Jungfrau in der Heilsökonomie infolge der so besonderen Teilhabe der Mutter
(compassio) am Opfer des Sohnes. Nicht umsonst wird Dante Alighieri eineinhalb
Jahrhunderte nach Bernhards Tod im letzten Buch der „Göttlichen Komödie“ auf
die Lippen des „Honigfließenden Lehrers“ das hehre Gebet zu Maria legen: „O
Jungfrau Mutter, Tochter deines Sohnes / Demütigste und höchste der Erschaffnen
/ vorherbestimmtes Ziel vom ew’gen Ratschluss,...“ („Vergine Madre, figlia del tuo
Figlio,/umile ed alta più che creatura,/termine fisso d’eterno consiglio, … “; Paradies 33, V. 1ff.)
Diese Gedanken,
die kennzeichnend sind für einen Mann wie den heiligen Bernhard, der in Jesus
und Maria verliebt ist, stellen noch heute auf gesunde Weise nicht nur für die
Theologen, sondern für alle Gläubigen eine Provokation dar. Manchmal wird der
Anspruch erhoben, die grundlegenden Fragen zu Gott, dem Menschen und der Welt
allein mit den Kräften der Vernunft zu lösen. Der heilige Bernhard hingegen
ruft uns, auf dem festen Boden der Bibel und der Kirchenväter stehend, in
Erinnerung, dass unser Nachdenken über die göttlichen Geheimnisse ohne einen
tiefen Glauben an Gott, der von Gebet und Kontemplation genährt ist, Gefahr
läuft, zu einer leeren intellektuellen Übung zu werden und seine
Glaubwürdigkeit einzubüßen. Die Theologie verweist auf die „Wissenschaft der
Heiligen“, auf deren Sicht der Geheimnisse des lebendigen Gottes, auf ihre
Weisheit, Geschenk Gottes, die zum Bezugspunkt für das theologische Denken
werden. Zusammen mit Bernhard von Clairveaux müssen auch wir anerkennen, dass
der Mensch Gott „mit dem Gebet besser suchen und leichter finden kann als mit
der Diskussion“. Schließlich bleibt die wahrste Gestalt des Theologen und eines
jeden, der den Menschen das Evangelium bringt, die Gestalt des Apostels
Johannes, der sein Haupt an das Herz des Meisters gelegt hat.
Ich möchte diese
Gedanken zum heiligen Bernhard mit dem Gebet zu Maria abschließen, das wir in
einer seiner schönen Homilien lesen: „In den Gefahren, in den Ängsten, in den
Ungewissheiten – so sagt er –: Denke an Maria, bete zu Maria. Sie stehe nie
deinen Lippen fern, nie deinem Herzen; und damit du die Hilfe ihres Gebetes
erlangen kannst, vergiss nie das Beispiel ihres Lebens. Wenn du ihr folgst,
kannst du nicht vom Weg abkommen; wenn du zu ihr betest, kannst du nicht
verzweifeln; wenn sie dich führt, wirst du nicht müde; wenn sie dir gewogen
ist, wirst du ans Ziel kommen...“ (Hom. II super „Missus est”, 17: PL 183,
70-71).
(aus der Generalaudienz von Papst Benedikt XVI., 21.10.2009)
O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria |
Stiftskirche Schlierbach |
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