Mittwoch, 31. Juli 2019

Ignatius von Loyola - Anima Christi


Berufung des Ignatius, anbetend betrachtet Ignatius den kreuztragenden Christus,
Paul Troger
 

1 Seele Christi, heilige mich.
2 Leib Christi, rette mich.
3 Blut Christi, tränke mich.
4 Wasser der Seite Christi, wasche mich.
5 Leiden Christi, stärke mich.
6 O guter Jesus, erhöre mich.
7 Birg in deinen Wunden mich.
8 Von dir lass nimmer scheiden mich.
9 Vor dem bösen Feind bewahre mich.
10 In meiner Todesstunde rufe mich,
11 Zu dir zu kommen heiße mich,
12 mit deinen Heiligen zu loben dich
13 in deinem Reiche ewiglich. Amen.



Die Textgeschichte des Anima Christi lässt sich nicht auf eine einzige, gesicherte Quelle zurückverfolgen; noch weniger stammt der Text von Ignatius von Loyola selbst,2 auch wenn er es „von Anfang an am Ende bestimmter Betrachtungen als Gebetsvorschlag für den Exerzitanten“3 angefügt und ihm dadurch einen besonderen Rang verliehen hat. Mithin kann das Anima Christi durchaus als eines seiner Lieblingsgebete bezeichnet werden.
In jedem Fall scheint der Gebetstext bereits seit dem Hochmittelalter im europäischen Raum mit Abwandlungen und Erweiterungen überliefert worden zu sein.4 Die Anfänge dürften im 14. Jahrhundert liegen, möglicherweise sogar früher:
So soll Papst Johannes XXII. (um 1244–1334) für das Beten des Anima Christi einen zeitlichen Ablasses gewährt haben.5 Auch die Mystikerin Marguerite Ebner (1291–1351) kannte das Gebet. Eine weitere Fassung des Anima Christi überliefert eine Handschrift englischer Provenienz, die sich in die Zeit um 1370 datieren lässt.6 
Dies sind lediglich Hinweise, die die lange Tradition dieses Gebetes verdeutlichen sollen. Fest steht jedenfalls: Wir haben es beim Anima Christi nicht nur mit einem Jahrhunderte alten und weit verbreiteten, sondern auch mit einem vielfach variierten und ergänzten Gebet zu tun.


(1) Anima Christi, sanctifica me – Seele Christi, heilige mich
Der Ausdruck „anima Christi“ kommt wörtlich nirgends im Neuen Testament vor; allerdings finden sich in den Passionsberichten des Markus, des Matthäus sowie im Johannes-Evangelium indirekte Bezüge, wo Jesus über sich spricht und das Wort anima gebraucht:

Mk 14,34/Mt 26,38
tunc ait illis/ tristis est anima mea usque ad mortem
und er sagte zu ihnen: Meine Seele ist zu Tode betrübt.
Joh 12,27 nunc anima mea turbata est et quid dicam/ Pater salvifica me ex hora hac
Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde?

Diese Bezüge verweisen den Beter des Anima Christi von Anfang an auf das Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu. Mit den ersten beiden Worten des Gebetes begibt der Beter sich innerlich hinein in das Erlösungsgeschehen und das Heilswerk Jesu Christi.10 Der Beter macht sich auf den Weg der Passion, geht in Gedanken den Leidensweg mit. Und er bittet darum, dass auch er durch dieses Erlösungs- und Heilsgeschehen geheiligt werde (sanctifica me).

 
aus: B. Klinger, Anima Christi, aus: Geist und Leben 85/4 (2012), 358-375)



 Am Grab des hl. Ignatius von Loyola in Rom


S. Francesco Saverio, Trient

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