Sonntag, 29. März 2020

Lazarus, unser Freund, schläft

aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken
Jesus erweckt Lazarus von den Toten, Maria Magdalena Fenster, Notre Dame de Chartres


Liebe Brüder und Schwestern!

Auf unserem Weg durch die Fastenzeit sind wir beim fünften Fastensonntag angekommen; ihn kennzeichnet das Evangelium von der Auferweckung des Lazarus (Joh 11,1-45). Es ist dies das letzte große Zeichen, das Jesus vollbrachte, bevor die Hohenpriester den Hohen Rat einberiefen, um darüber zu beraten, ihn zu töten. Und sie fassten den Beschluss, auch Lazarus zu töten, der der lebende Beweis für die Göttlichkeit Christi war, des Herrn über das Leben und den Tod. Dieser Abschnitt aus dem Evangelium zeigt uns nämlich Jesus als wahren Menschen und wahren Gott.

Der Evangelist unterstreicht vor allem die Freundschaft mit Lazarus und den Schwestern Marta und Maria. Er betont, dass „Jesus sie liebte“ (Joh 11,5). Gerade deshalb wollte er das große Wunder vollbringen. „Lazarus, unser Freund, schläft; aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken“ (Joh 11,11), so sprach er zu seinen Jüngern. Und mit der Metapher des Schlafes brachte er Gottes Sichtweise hinsichtlich des leiblichen Todes zum Ausdruck: Gott sieht ihn als einen Schlaf, von dem man aufwachen kann. Jesus hat absolute Gewalt über diesen Tod an den Tag gelegt: Das zeigt sich, als er dem jungen Sohn der Witwe von Nain (vgl. Lk 7,11-17) und dem zwölfjährigen Mädchen (vgl. Mk 5,35-43) das Leben zurückerstattet. Eben von ihr sagt er: „Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur“ (Mk 5,39), und dadurch das Gelächter der Anwesenden erregt. In Wahrheit aber ist es so: Der leibliche Tod ist ein Schlaf, von dem Gott uns zu jedem Zeitpunkt wecken kann.

Diese Herrschaft über den Tod hielt Jesus nicht davon ab, angesichts des Schmerzes der Trennung aufrichtiges Mitleid zu fühlen. Als er Marta und Maria sowie die anderen weinen sah, die gekommen waren, um sie zu trösten, „war er im Innersten erregt und erschüttert“, und „weinte“ schließlich (Joh 11,33.35). Das Herz Christi ist göttlich-menschlich: In ihm sind Gott und Mensch einander in vollkommener Weise begegnet, ungetrennt und unvermischt. Er ist das Bild, ja, mehr noch: die Fleischwerdung Gottes, der Liebe, Barmherzigkeit, väterliche und mütterliche Zärtlichkeit ist, des Gottes, der Leben ist. Deshalb erklärt er vor Marta feierlich: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ Und er fügte hinzu: „Glaubst du das?“ (Joh 11,25-26). Ja, Herr! Auch wir glauben, trotz unserer Zweifel und unserer dunklen Seiten. Wir glauben an dich, weil du Worte des ewigen Lebens hast. Wir wollen an dich glauben, da du uns eine verlässliche Hoffnung auf Leben jenseits des Lebens schenkst, auf  wahres und volles Leben in deinem Reich des Lichtes und des Friedens.

Stellen wir dieses Gebet der allerseligsten Maria anheim. Ihre Fürbitte möge unseren Glauben und unsere Hoffnung in Jesus beleben, besonders in den Momenten der größten Prüfung und Not.

(Papst Benedikt XVI., Angelus, 5. Fastensonntag, 10.3.2008) 


Bild 5 - 10, Auferweckung des Lazarus

5 Tod des Lazarus; 6 u. 7 Begräbnis, 8 Martha, Maria und Jesus gehen zum Grab, 9 Erweckung des Lazarus,
10 Lazarus erhebt sich und wird bekleidet
Fenster der Maria Magdalena, Chartres

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