Samstag, 25. Januar 2020

Das Singertor (Paulustor) des Stephansdoms

Bekehrung des Apostels Paulus, Singertor des Stephansdoms


Das Fest der Bekehrung des hl. Paulus führt uns wieder die Gestalt dieses großen Apostels vor Augen, der von Gott dazu auserwählt wurde, »vor allen Menschen sein Zeuge« zu sein (Apg 22,15). Für Saulus aus Tarsus markierte der Augenblick der Begegnung mit dem auferstandenen Christus auf dem Weg nach Damaskus die entscheidende Wende seines Lebens. Da vollzog sich seine vollkommene Verwandlung, eine regelrechte geistliche Bekehrung. Der unerbittliche Verfolger der Kirche Gottes war in diesem Augenblick zu einem im Dunkeln herumtappenden Blinden geworden, aber mit einem großen Licht im Herzen, das ihn schon bald dahin bringen würde, ein glühender Apostel des Evangeliums zu werden.
Das Bewußtsein, daß allein die göttliche Gnade eine derartige Bekehrung hatte bewirken können, hat Paulus nie mehr losgelassen. Als er durch die unermüdliche Verkündigung des Evangeliums bereits sein Bestes gegeben hatte, schrieb er neuerlich voll Seeleneifer: »Mehr als sie alle habe ich mich abgemüht – nicht ich, sondern die Gnade Gottes zusammen mit mir« (1 Kor 15,10).
Unermüdlich, als hinge das Werk der Mission ganz von seinen Kräften ab, war der hl. Paulus jedoch zutiefst davon überzeugt, daß seine ganze Kraft aus der in ihm wirkenden Gnade Gottes stammte.
(Benedikt XVI., 25. Jänner 2008)


Bekehrung Pauli in der St Paul´s Cathedral, London

Bekehrung Pauli - St. Paul vor den Mauern in Rom

Bekehrung Pauli - Unterstinkenbrunn

Bekehrung Pauli - Westminster Cathedral

Bekehrung und Berufung Pauli - St John´s College in Oxford  

Bekehrung Pauli in Pöllau (Kanzel)

Bekehrung Pauli und Stephanus (St Paul vor den Mauern)

der nur gelegentlich geöffnete südl. Seiteneingang des Stephansdoms



Im heurigen „Paulus-Jahr“ verdient das „Paulustor“, im Volksmund auch „Singertor“ genannt, - der südliche Seiteneingang des Domes, durch den man, von Süden her kommend, den Stephansdom an der Apostelseite betreten konnte, - wohl besondere Beachtung. In dessen Tympanonfeld – dem reliefartig geschmückten Bereich über dem Tor – sah sich der mittelalterliche Besucher unvermittelt mit einem zentralen Punkt seines christlichen Lebens konfrontiert: mit der Umkehr.
Zwei übereinanderliegende Szenen zeigen in einer dramatisch bewegten Bilderfolge Bekehrung und Opfertod des Apostelfürsten Paulus.
Links zu sehen sein Abschied, noch als forscher Saulus. In der Mitte Christus, der den vom Pferd Stürzenden anruft: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“.

Und schließlich rechts – ein Bild voll Ruhe und Frieden – Paulus, der mit bloßem Haupt vor Ananias kniet, der ihn segnet und wieder sehend macht.

Diese Geschichte eindringlich zu erzählen, war wichtiger als formale Bedenken, darum beginnt die obere Bildfolge auch gegenläufig: Über der Heilung des Paulus durch Ananias steht die Darstellung der Taufe, die dann direkt zum Martyrium führt. Der gebundene Paulus kniet vor dem Kaiser, über ihm der Scherge mit dem erhobenen Schwert. Und über allem Christus, begleitet von Engeln. Damit ist alles ausgesagt. Saulus, wie sein jüdischer Name lautete, erfuhr – etwa um 31/32 n. Chr. – vor Damaskus ein Offenbarungserlebnis, das sein ganzes Leben auf den Kopf stellte. Jesus selbst spricht ihn an und führt ihn auf den Weg, weist ihn hin auf den Willen Gottes. Und aus dem wütenden Verfolger wird der von Gott voll und ganz ergriffene Apostel.

Die Apostelgeschichte, als deren Verfasser der Evangelist Lukas gilt, berichtet uns dreimal von dieser Bekehrung. Paulus selbst hat später in seinem Brief an die Galater (1,13f ) in klaren und einfachen Worten das Unerklärliche, das in seinem Leben geschehen ist, beschrieben: Wenn die Gnade Gottes einen Menschen erfasst, sind die Konsequenzen daraus meist ganz unerwartet. Paulus blieb in seiner persönlichen Haltung durchaus Jude und hat dies persönlich auch nie bestritten (Röm 9,1f ). Aber mit dem Ereignis von Damaskus hat sich sein Blickwinkel geändert. Er steht nun fest in der Zeugenreihe der Auferstehung (1 Kor 15,8). Daraus schöpft er auch die Sicherheit seines Auftrags. Und zugleich überträgt er seine eigene Umkehr auf alle Menschen. An ihm wird sichtbar, was Bekehrung, was „zum Glauben kommen“ bedeutet: Der ganze Mensch wird neu geschaffen (2 Kor 5,17). Der letzte Anstoß aber ist Gnade.


Bekehrung und Tod des Apostels Paulus, um 1360, Paulustor, Stephansdom

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